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Der Fluch des Koenigs

Der Fluch des Koenigs

Titel: Der Fluch des Koenigs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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eiskalten Finger. „Du tust ihm weh, Moa.“ Es klang wie eine Warnung. „Gib mir deine Hand.“
    Moa schluckte und versuchte ruhig zu atmen. Die Situation war so absurd, dass sie beinahe auflachen musste. Sie bereitete dem Greifen Schmerzen? Abrupt unterdrückte sie die Hysterie, die in ihr aufstieg, und rief ihre Gedanken zur Ordnung. Die Vorstellung dem Tier Leid zuzufügen war ihr zuwider, selbst, wenn es ein angsteinflößender Raubvogel war.
    Sie atmete zitternd ein und überließ dem Fremden widerwillig ihre Hand. Er umschloss ihre Finger und löste sie vorsichtig aus den Federn. Langsam, um sie nicht aus der Balance zu bringen, führte er ihre Hand an ihren Oberkörper heran und steckte sie unter ihre seidenen Gewänder, die wild im Nachtwind flatterten. Das Gleiche tat er mit ihrer anderen Hand.
    Moa zog ihre Arme an die Brust und krümmte sich zu einem festen Ball zusammen. Trotz der Wärme, die von dem Greifen und dem Körper des Fremden auf sie überstrahlte, zitterte sie am ganzen Leib.
    „Versuch zu schlafen“, hörte sie ihn sagen. „Wir werden bis zum Morgengrauen fliegen.“
    Moa unterdrückte ein Schluchzen, doch sie konnte nichts gegen die Tränen ausrichten, die ihr aus den Augen kullerten und in das Gefieder tropften.
    Der Greif schwang sich höher in den Himmel hinauf. Er ließ die schneebedeckten Berggipfel, die sich jenseits des Schlosses erhoben, weit hinter sich und folgte den Flussläufen durch das Tal gen Osten.
    Es dauerte lange, bis Schlaf sich einstellen wollte. So furchtbar es an der Festtafel auch gewesen war, in diesem Moment wünschte sie sich dorthin zurück, wünschte sie würde zwischen den abstoßenden Adligen von Cinann Wein trinken oder gar mit Alawas vermählt werden. Alles war besser, als diese Angst, die sich wie Gift durch ihre Adern fraß. Was geschah mit ihr?
    Zu viele Gedanken rasten ihr durch den Kopf, prügelten förmlich auf sie ein. Moa hatte weder die Kraft sie alle zu hören, noch konnte sie einen Sinn aus ihnen ziehen. Innerlich befand sie sich noch immer im freien Fall. Von Schlaf hatte ihr Entführer gesprochen. Eine lächerliche Vorstellung. Moa glaubte niemals wieder schlafen zu können.
    Sie schossen durch die Nacht, Wind heulte und pfiff in ihren Ohren wie tausend Ungeheuer und der warme Körper des Fremden drückte sie in die Federn. Sie ritt auf einem Monster, einem furchtbaren Ungetüm! Doch sein Gefieder war weich, so weich wie ihre Daunenkissen. Moa atmete ein und es roch nach Tier, nach Erde und nach Regen. Aus irgendeinem Grund beruhigte sie der Geruch.
    Unmöglich zu sagen, wie viel Zeit verging, doch irgendwann wurde Moa von Erschöpfung und Müdigkeit übermannt und dämmerte schließlich ein.

Kapitel 2
    Als Moa zu sich kam, war sie sofort hellwach. Sie lag auf feuchtem Boden, inmitten hoher Schilfhalme. Ein leichter Wind trieb durch die gelben und grünen Stängeln und ließ sie hin und her schwingen.
    Ihr Herz schlug wie wild und der bittere Geschmack von Angst breitete sich auf ihrer Zunge aus, doch sie blieb reglos liegen. Ihr Entführer hockte mit dem Rücken zu ihr im Schilf und stöberte in einem Bündel. Er hatte sein Narrenkostüm gegen eine einfache, lederne Hose und ein braunes Hemd getauscht, worüber er eine Jacke aus Hirschleder trug. Um seine Hüften war ein Schwert gegürtet und neben seinem linken Fuß lag ein Dolch auf dem Boden.
    Vorsichtig streckte Moa eine Hand danach aus.
    Der Fremde fuhr herum und packte ihr Handgelenk. Dunkelgrünen Augen blitzten vor Zorn. „Niemals“, zischte er, „wirst du mein Schwert oder diesen Dolch berühren. Verstanden!“
    Moa beeilte sich zu nicken.
    Er ließ sie los und sie drückte ihre Hand an den Körper. Sein Griff war schmerzhaft fest gewesen.
    „Wo sind wir?“, presste sie heiser hervor. Ihre Kehle war wie ausgedörrt und in ihrem Kopf pulste ein leichter Schmerz.
    „Außerhalb des Tales, Prinzessin. Dies ist der Anfang der Schilfebenen.“
    Moa setzte sich auf und rückte von ihm ab. Misstrauisch beäugte sie die hohen Schilfstängel und das wogende Gras um sie herum. Ihr Blick blieb an der massiven Felswand hängen, die über ihnen aufragte und ihre Augen wurden groß. Wenn es stimmte, was der Fremde behauptete, dann waren dies die letzten Ausläufer der Berge, die das Tal der tausend Flüsse umschlossen. Sie befand sich fünf Bootstagesreisen vom Schloss entfernt.
    „Aber wie ...? Was ... was hast du getan?“, hauchte die fassungslos. „Wie kannst du nur du ... du ...“

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