Der Fluch des Lono (German Edition)
schlechtes Leben. Ich kann zwar nicht weg, weil meine Feinde draußen am Parkplatz auf mich lauern, aber die Eingeborenen lassen sie nicht näher herankommen. Sie haben mich schon einmal umgebracht, und sie werden es nicht nochmal tun.
Denn ich bin Lono, und solange ich mich in der Stätte der Zuflucht aufhalte, können mir diese verlogenen Schweine nichts anhaben. Ich hätte hier gerne ein Telefon, aber Steve will die Kaution für den Anschluss
erst bezahlen, wenn Laila ihm weitere 600 Dollar für seine schlechten Drogen gibt.
Aber das ist kein Problem, Ralph, absolut kein Problem. Ich habe bereits diverse Angebote für meine Autobiografie bekommen, und jeden Abend bei Sonnenuntergang robbe ich raus und sammle die Joints, Münzen und anderen sonderbaren Opfergaben ein, die von den Eingeborenen und sonstigen mir wohlgesinnten Menschen über den Staketenzaun geworfen werden.
Also mach Dir um mich keine Sorgen. Ich mach mir meine eigenen. Aber ich würde natürlich einen Besuch sehr zu schätzen wissen und vielleicht etwas finanzielle Unterstützung für die kleinen Ausgaben hier und da.
Es ist ein abwegiges Leben, zuzugeben, aber im Moment das einzig mögliche. Letzte Nacht, gegen Mitternacht, hörte ich ein Kratzen am Reet, und dann flüsterte eine Frauenstimme: »Du wusstest doch, dass es so kommen würde.«
»Das stimmt!«, rief ich. »Ich liebe dich!«
Es kam keine Antwort. Nur das Rauschen dieses grenzenlosen und unergründlichen Ozeans, der jede Nacht zu mir spricht und mich im Schlaf zum Lächeln bringt.
OK
HST
AUFBEGEHREN GEGEN DAS DÄMMERN DES LICHTS
Gestern Abend brachte Skinner mir Whisky. Er kam von Honolulu herü bergeflogen und hatte zwei Mädels von der Agentur und fünf oder sechs Liter Glenfiddich Scotch dabei, den wir am Strand aus Pappbechern mit Eis tranken, das ich von den Rangers bekam. Das Mondlicht war schummrig und die Wolken hingen niedrig, aber meine tragbare Sturmlaterne spendete so viel Licht, dass wir einander beim Gespräch ins Gesicht blicken konnten. Die Mädels fühlten sich hier nicht wohl, und Skinner ging es nicht anders. »Tut mir leid«, sagte er später, »aber das hier ist zu irre, um drüber lachen zu können.«
Wir saßen auf dem Fußboden meines Hauses in der Stätte der Zuflucht, ungefähr 30 Meilen südlich von Kailua an der Kona-Küste von Hawaii. Die Mädels badeten in der Bucht, und von meinem Platz aus konnte ich sie in der Brandung planschen sehen. Ihre nackten Körper schimmerten im Mondlicht. Ab und zu erschien eine von ihnen in der Tür und bat um eine Zigarette, lachte nervös und lief wieder davon, damit wir ungestört unser unheilschwangeres Gespräch fortsetzen konnten.
Der Anblick dieser langbeinigen Nymphen, die draußen vor meiner Tür auf den schwarzen Felsen herumturnten, beeinträchtigte meine Konzentration erheblich. Von seinem Platz aus konnte Skinner sie nicht sehen, und seine Stimmung wurde allmählich so mies, dass ich mich bemühte, ebenfalls jeden Blick auf die Mädels zu vermeiden … Mir war klar, dass es sich um keinen Höflichkeitsbesuch handelte, und viel Zeit blieb uns nicht.
»Hör mal«, sagte er. »Wir sitzen beide in der Tinte.«
Ich nickte.
»Und wir werden beide im Gefängnis von Hilo landen, wenn wir diesem Wahnwitz kein Ende setzen – stimmt’s?«
Das ließ mich aufhorchen. »Na ja … hm … vielleicht«, stimmte ich zu. »Ja, du hast wahrscheinlich Recht; uns droht mit ziemlicher Sicherheit Hilo …«
Vor meinem inneren Augen blitzte die lange Liste unser Vergehen auf: Betrug, Brandstiftung, Sprengstoff, Verschwörung, Gewährung von Unterschlupf für flüchtige Verbrecher, Gotteslästerung – alles Kapitalverbrechen.
Er schüttelte den Kopf und beugte sich vor, um mir eine Zigarette zu geben. Wir hockten beide mit gekreuzten Beinen auf dem Boden, jeder auf seiner eigenen Tapamatte, und das düstere Glimmen der Sturmlaterne, die zwischen uns stand, gemahnte an ein winziges Lagerfeuer … unsere Schultern waren gebeugt unter den ernsten Problemen, die nur von ernsthaften Männern zu lösen waren, die sich ernsthafte Gedanken machten.
Ein Geräusch außerhalb der Hütte lenkte mich ab und ich spähte aus der Tür. Eines der Mädels stand hoch oben auf den Felsen, die Hände in die Hüften gestemmt, die Nippel dem Mond entgegengereckt wie eine hawaiianische Göttin aus alten Zeiten und die Arme ausgebreitet zum Tauchsprung tief hinunter in das Land Po … und ich war gebannt von dem Anblick, von
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