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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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verwechselt!« rief Lysaer, gedämpft durch den Stoff des Schals, den er sich um den Hals gewickelt hatte. Seit dem Nachmittag war es kälter geworden, und der Geruch von Schnee lag in der Luft. »Du mußt doch frieren.«
    Arithon öffnete die Augen und sah, daß es inzwischen Nacht geworden war. Er lockerte den Griff um die Lyranthe und zog sich die Ärmel über die Hände, um seine Glieder vor dem unermüdlichen Zugriff des schneidend kalten Windes zu schützen, nachdem er festgestellt hatte, daß seine Finger bereits taub geworden waren. Der Instinkt eines Musikers, seine Hände vor der Macht der Elemente zu schützen, erstarb nur schwer.
    »Rutsch ein bißchen«, verlangte Lysaer von seinem Halbbruder, der ihn schon wieder vergessen zu haben schien. »Ich möchte mich setzen.«
    Arithon neigte den Kopf zu einem verspäteten Gruß, ehe er zur Seite rutschte, wobei seine Tunika über die Kante einer Holzschnitzerei schabte. Als er seine Schulter an den eingefallenen Türpfosten hinter sich lehnte, spielte der Wind mit den offenliegenden Saiten der Lyranthe.
    Beunruhigt von der kummervollen Harmonie des Klanges und der beinahe greifbaren Atmosphäre der Trostlosigkeit drängte sich Lysaer neben ihn und bemühte sich erfolglos um eine bequeme Sitzhaltung. »Du hast dir wirklich den scheußlichsten Platz ausgesucht, um vor dich hin zu grübeln. Ist das nun schlichte Perversion oder der masochistische Versuch, dich vor unerwünschter Gesellschaft zu schützen?«
    Arithon lächelte schwach. »Wahrscheinlich beides.« Er fragte nicht, was seinen Halbbruder in diese ungemütliche Winternacht hinausgetrieben hatte, nachdem Dakar das Schaf geschlachtet hatte, das sie zuvor einem Wanderhirten abgekauft hatten. Sicher schmorte bereits ein würziges Heischgericht über dem Feuer in der Stube unten im Kielingturm, in der, anders als in anderen Steingebäuden, kein eisiger Luftzug das Blut der Menschen erstarren ließ.
    Die Schweigsamkeit seines Halbbruders konnte Lysaer nicht überraschen. Er spielte mit den Flechten, die tief in der alten Schnitzerei wurzelten, und sagte: »Ich wollte dich fragen, ob du bemerkt hast, daß es hier spukt?«
    Arithon stieß ein bellendes Gelächter aus. »Ob ich es bemerkt habe?«
    Lysaer widerstand dem Impuls, sich zurückzuziehen. Zwar teilte er keineswegs seines Halbbruders Neigung, die Musik einem Königreich vorzuziehen, doch hatte er sich geschworen, sich um Verständnis zu bemühen. Auch hatte Asandir nichts getan, ihm die unerwünschte Bürde zu erleichtern, und so war Arithons gereizte Stimmung verzeihbar, wenn nicht gar vollkommen gerechtfertigt.
    Den Blick auf die Maserung des Marmors gerichtet, der unter seinen nervös zugreifenden Fingern zum Vorschein kam, wagte Lysaer einen weiteren Vorstoß. »Ich verfüge nicht über die Wahrnehmung eines Magiers. Dort, wo du und Asandir Mysterien erkennt, finde ich nur geborstene Steine, die in mir das unmännliche Bedürfnis, zu weinen, wecken.« Er deutete auf den Marmor, den seine Hände vom Schmutz befreit hatten. »Von den Überresten ihrer Kunstfertigkeit abgesehen, bedeuten die Paravianer für mich nicht mehr als ein Name und das wehmütige Gefühl, das von einem Traum nach dem Erwachen zurückbleiben mag.«
    Ein Blick zur Seite offenbarte ihm, daß Arithon noch immer nicht aus seiner Versenkung herausgetreten war.
    Widerstrebend erkannte er, daß er sich würde offenbaren müssen, wollte er eine Beziehung zu seinem Halbbruder herstellen. »Ich denke an zu Hause, und selbst das beunruhigt mich. Irgendwie fühle ich, daß Amroth mich enttäuschen würde, sollte ich jemals zurückfinden. Es ist, als gäbe es hier eine Wahrheit, die mich verhöhnt und sich meinem Zugriff entzieht.«
    Arithon wandte den Kopf um.
    Er hörte ohne eine Spur seines früher so zersetzenden Sarkasmus zu.
    Doch die stille Aufmerksamkeit des Herrn der Schatten war nicht weniger beunruhigend; das Geheimnis eines Magiers verbarg sich auf unbestimmbare Weise hinter seiner Ruhe, und wenn auch keine offensichtliche Bedrohung von ihm ausging, so erforschte und beobachtete er ihn doch bis in sein innerstes Wesen, ohne auch nur das kleinste Detail zu übersehen. Lysaer schob die Furcht, dumm zu erscheinen, von sich und zwang sich, weiterzusprechen. »Der Spuk, den ich meine, ist etwas anderes. Ich habe es gemerkt, als ich den Schutz des Turmes verlassen habe. Es scheint stärker zu werden, erstickender, je länger wir gegen den Nebelgeist ankämpfen. Ich wollte wissen, ob du

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