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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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sterben, und in dem Bruchteil einer Sekunde, in dem ihr Verstand über die Panik siegte, dachte sie: Gib nicht auf!
    Und sie gab nicht auf.
    Im Vakuum der Angst schaffte sie es, sich an das Schwimmkissen zu klammern. Mit letzter Kraft und dem verzweifelten Wunsch zu leben, stemmte sie sich darauf. Sie kämpfte damit und merkte, wie es unter ihrer Brust festen Halt fand. Das Kissen drückte sie hoch, und im nächsten Moment stieß ihr Kopf durch die Wasseroberfläche.
    Sie begriff nicht recht, wie es passiert war, schnappte nur dankbar nach Luft und ruhte sich kurz aus.
    Ihr Blick war auf das Haus gerichtet. Es war näher als zuvor. »Ich komme nach wie vor«, drohte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Während sie sich voranarbeitete, bot sich ihr ein außergewöhnlicher Anblick: Sechs gespenstisch weißeSchwäne flogen kaum mehr als einen Meter über dem Wasser, direkt über ihren Kopf hinweg, als wollten sie ihr die Richtung weisen. Sie beobachtete, wie die Vögel in die Höhe stiegen und mit schimmernden Flügeln über dem Haus abdrehten, um im nächtlichen Himmel zu verschwinden. »Susan«, murmelte sie wie von Sinnen. »Ich komme.«
    In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie dabei war, den Verstand zu verlieren.
    Vielleicht bin ich ja schon tot, dachte sie. Vielleicht träume ich das alles bloß. In Wahrheit bin ich tot, irgendwo unter Wasser, und das hier ist die letzte Wahnvorstellung vor dem Eintritt ins Nichts.
    Sie paddelte weiter und reckte sich mit jeder Muskelfaser dem rettenden, gefahrvollen Ufer entgegen.
     
    »Nun«, knurrte Douglas Jeffers schroff, »das ist dir wohl eine Lehre.«
    Martin Jeffers starrte in höchster Panik mit aufgerissenen Augen geradeaus. Es roch nach Kordit und Pulver, und der Schuss hallte ihm noch in den Ohren. Er wagte nicht, sich umzudrehen und die Wand zu inspizieren, in die vielleicht dreißig, vierzig Zentimeter über seinem Kopf das Geschoss eingeschlagen war.
    »Jetzt weißt du es«, sagte Douglas Jeffers. »Jetzt weißt du es.«
    Weiß ich was?, dachte Martin Jeffers. Er erwiderte nichts.
    Douglas Jeffers drehte sich um und trat an die Schiebeglastür, von wo aus er übers Wasser blickte. Er rührte sich nicht und schien die Nacht mit allen Sinnen aufzusaugen.
    Martin Jeffers blinzelte und holte tief Luft, als wollte er jeden Zweifel ausräumen, dass er noch am Leben war. Er betrachtete seinen Bruder. Er hat recht. Er hat keine Wahl.
    »Ich würde dich nie verraten«, beteuerte Martin Jeffers.
    »Doch, würdest du.« Douglas Jeffers gab ein trockenes, schnaubendes Lachen von sich. »Dir bliebe gar nichts anderes übrig, Marty. Sie würden dich zwingen. Du würdest dich zwingen.«
    »Ich kann etwas für mich behalten. In meinem Beruf …«
    Der ältere Bruder fiel ihm ins Wort. »Das hier ist nicht beruflich.«
    »Aber es gibt eine Menge Familien mit einem großen, dunklen Geheimnis, das sie streng hüten. Die Literatur ist voll davon. In Dutzenden Romanen und Theaterstücken. Wieso sollte ich …«
    Douglas Jeffers ließ ihn den Satz nicht zu Ende bringen. »Ich bitte dich, Marty«, seufzte er mit einem gequälten Lächeln.
    Er schwieg einen Moment, bevor er weitersprach.
    »Außerdem würde es sowieso dein Leben ruinieren. Denk drüber nach. Niemand könnte ein solches Wissen über den eigenen Bruder ewig mit sich herumschleppen. Es würde dir wie eine fiese Ratte an den Eingeweiden nagen. Nein, du würdest es jemandem sagen. Und dann würde sie mich finden.«
    »Wie denn?«
    »Das fiele ihr ziemlich leicht. Man sollte nie unterschätzen, wozu Wahnsinn und Rache einen Menschen treiben können.«
    Martin Jeffers sagte nichts. Er wusste, dass es stimmte.
    Schweigen legte sich über den Raum.
    »Und?«, fragte Martin Jeffers nach einer Weile. Er war vollkommen verwirrt. Er hörte seine eigene Stimme, doch es kam ihm so vor, als hätte jemand anders den Befehl erteilt zu sprechen. Was redest du da?, fragte er sich. Was soll das eigentlich? Verflucht noch mal, Schluss damit! Doch seine Stimme fuhr ungerührt fort: »Dann wirst du mich wohl oder übel töten müssen.«
    Douglas Jeffers wandte den Blick nicht von der Tür. Sein Schweigen war seine Antwort.
    »Was ist mit Boswell?«, wollte Martin Jeffers wissen.
    Wieder reagierte sein Bruder nicht.
    Anne Hampton starrte die beiden Brüder an und dachte: Das ist das Ende. Er braucht keinen mehr. Er hat die Notizbücher. Er hat ein neues Leben.
    Sie versuchte, ihren Körper mit aller Willenskraft in Bewegung zu setzen.
    Lauf

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