Der Frauenhaendler
Instinkt heraus, über den alle Frauen verfügen, hat ihr Blick etwas Prüfendes.
»Pilar, das ist Signora McKay. Zusammen mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn wird sie ein paar Wochen im Dorf zu Gast sein.«
Pilar tritt näher. Die beiden Frauen schütteln sich die Hand und mustern sich, wie nur Frauen es zu tun vermögen. Dann beschließt Carla …
Nein, Luisa beschließt, dass es nun wirklich an der Zeit ist, zu ihrer Familie zurückzukehren.
»Einen schönen Tag noch, Signor Sangiorgi. Ich danke Ihnen noch einmal für Ihr Entgegenkommen. Ihnen auch einen schönen Tag, Pilar.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, dreht sie sich um und entfernt sich. Ihr Gang hat nichts von seiner Eleganz verloren. Ich folge ihr mit dem Blick, als sie sich die Schuhe auszieht, um mit nackten Füßen über den Strand zu laufen.
Pilars Stimme holt mich an ihre Seite zurück.
»Du gefällst dieser Frau.«
Offenbar hat sie in meinen Augen etwas gesehen, ohne zu begreifen, was sich tatsächlich darin spiegelt. Sicher viele Dinge, die man leicht missverstehen kann.
»Wirst du mich für sie verlassen?«
Ich nehme ihr Gesicht in die Hände. In meiner Stimme höre ich eine gewisse Festigkeit, in meinen Worten etwas Definitives.
»Nein. Ich werde dich nicht für sie verlassen.«
Ich ziehe die Schuhe aus, weil ich ebenfalls den Sand unter den Füßen spüren möchte. Das habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr getan. Ich trete vom Holzboden vor dem Clubhaus hinab und stehe im Sand. Dann schaue ich die Frau an, die seit ein paar Jahren mit mir zusammenlebt. Sie trägt militärgrüne Shorts und ein schwarzes Trägerhemd, unter dem ihre Brüste alle Freiheit haben, zu existieren und die Fantasie zu beschäftigen.
»Komm.«
Pilar tritt näher, und ich ziehe sie an mich. Dann lege ich ihr einen Arm um die Schulter. Ich spüre ihre Haut, die meiner Hand guttut.
»Wollen wir ein Stück gehen?«
Wir machen uns auf in Richtung Punta de Mangle, ohne jede Eile und ohne jede Absicht.
Pilar legt mir den Arm um die Hüfte.
»Hattest du nicht ein Treffen?«
»Und du, hattest du nicht eine Verabredung zum Surfen?«
Sie lacht, und ihre Zähne sind die eines jungen, zahmen Haifischweibchens.
»Oh, dieser Typ ist so fade. Ich amüsiere mich besser, wenn ich mich mit dir langweile.«
Eng umschlungen und ohne zu reden gehen wir weiter. Wo auch immer wir hingehen, wir wissen nur zu gut, dass wir unser Ziel nicht erreichen werden. Aber dieses Voranschreiten erleben wir gemeinsam, diese neue Erfahrung, die uns Schritt für Schritt dazu drängt, uns von unseren Spuren zu entfernen. Bei der Rückkehr werden wir sie wiederfinden. Und sollten sie sich mit den anderen vermischt haben und wir sie nicht wiedererkennen, hat das keine Bedeutung. Wir sind auf einer Insel, und alle sind auf ihre Weise Überlebende.
Hier dauert der Frühling lange, und wenn der Sommer kommt, zerstört er nichts.
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