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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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unserer Vorväter nicht halb so viel Abwässer mit sich führte wie heute, ist ihm nie gekommen.
    Als ich das Bad verließ, fühlte ich mich im wahrsten Sinne des Wortes wie ein neuer Mensch. Ich hatte die soldatische Tunika mit der eines Bürgers und Senators getauscht. Nach den schweren Caligae hatte ich in meinen Sandalen das Gefühl, barfuß zu laufen. Ich schickte Hermes mit meiner SoldatenTunika und den Stiefeln nach Hause und machte mich auf den Weg zum Forum. Rom hat diverse Foren, aber nur ein Forum, das Forum Romanum, das immer der Mittelpunkt römischen Lebens gewesen war und bis in alle Ewigkeit bleiben würde. Es ist so sehr Teil unserer Existenz geworden, daß wir das »Romanum« immer weglassen, es sei denn, wir wollen es vom Forum Boarium oder einem der anderen unterscheiden. Es war einfach das Forum, will sagen, das Zentrum der zivilisierten Welt.
    Es war ein gutes Gefühl, sich wieder im Mittelpunkt der Welt aufzuhalten.
    Ich schlenderte über das holprige Pflaster zu der imposanten Ansammlung von Monumenten, von denen viele zu Ehren von Männern oder Anlässen errichtet wurden, die lange vergessen waren. Unter den Ständen am Rand des Platzes entdeckte ich angewidert zahllose Wahrsagerinnen. Diese Hexen wurden zwar von den Aedilen und Censoren periodisch aus der Stadt vertrieben, kamen aber immer wieder. Es war schlimm genug, daß sie mit ihren Vorhersagen sogar politische Ereignisse beeinflußten, aber zudem betrieben sie noch ein florierendes Nebengeschäft mit Giften und Abtreibungen. Mein Vater war im Moment noch zu sehr damit beschäftigt, den Senat von seinen Lieblingsfeinden zu säubern, aber früher oder später würde er sich ihrer annehmen.
    Auf dem Forum wimmelte es von Bürgern, dazu standen noch jede Menge Ausländer herum und begafften die prächtigen Tempel und öffentlichen Gebäude, die sich dem Betrachter in allen Richtungen darboten. Das Wetter war schön, also tagten die Gerichte im Freien. Prozesse gehörten zu den populärsten Zuschauer-Sportarten, und selbst der letzte Straßenfeger hielt sich für einen Experten in juristischen Feinheiten. Kluge Plädoyers wurden bejubelt, tölpelhafte Ausführungen mit einem Gemüsehagel quittiert.
    Wie im Bad traf ich zahlreiche Bekannte und nahm selbstzufrieden ihre Glückwünsche zu meinem neuen, herausgehobenen Status entgegen. Ich erhielt etliche Einladungen zum Abendessen, von denen ich einige annahm, tröstete einen jungen Verwandten, der zum Quaestor gewählt und nur zum Staatsschatz zugeteilt worden war, und führte mich ganz so auf, als ob ich eine gewisse Bedeutung erlangt hätte.
    Mein einziger Kummer war, daß der Senat heute nicht tagte, so daß ich nicht in den Genuß kam, meine erste Sitzung als Vollmitglied zu erleben und zwischen meinen neuen Kollegen herumzustolzieren.
    Als mir dieses neue Vergnügen langsam schal wurde, begab ich mich zum Haus von Metellus Celer. Er war einer der bedeutendsten Männer jener Tage, und ich wußte nicht, welche Dienste ich ihm bei seinem Streben nach einem Konsulat leisten sollte, da es die älteren Mitglieder meiner Familie ohnehin als Vorrecht ihrer Geburt beanspruchten. Die Provinz, die er verwaltet hatte, wurde für gewöhnlich einem Ex-Konsul zugeteilt, aber Metellus Celer genoß solches Ansehen, daß man ihm die Provinz bereits nach seiner Amtszeit als Quaestor zugesprochen hatte. Er hatte mich mitgenommen, damit ich aus Rom wegkam, wo ich wie üblich großen Ärger hatte.
    Ich meldete mich am Tor seines Stadthauses an und wurde ins Atrium geführt, wo eine ganze Schar von Besuchern die Zeit totschlug, unter ihnen einige Senatoren von hohem Rang. Bei ihnen stand auch ein Mann, den ich hier am allerwenigsten vermutet hätte: Gaius Julius Caesar. Er war im vergangenen Jahr Praetor gewesen, und man hatte ihm anschließend die Provinz Hispania Ulterior zugeteilt. Warum also hielt er sich noch in Rom auf? Das exorbitante Ausmaß von Caesars Schulden war der römischen Welt ein Rätsel, und seine einzige Chance, sich aus dieser mißlichen Lage zu befreien, war, schleunigst nach Spanien zu gehen und mit dem Plündern anzufangen. Er bemerkte meinen Blick und kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu, als würde er gerade wieder für ein Amt kandidieren.
    »Decius Caecilius, wie schön, dich wieder in Rom zu sehen!
    Darf ich dich zu deiner Aufnahme in die Liste der Senatoren beglückwünschen.« Die Truppe von Claqueuren, die ihm auf dem Fuße folgte, strahlte, als ob sie mit mir befördert

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