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Der Friseur und die Kanzlerin

Der Friseur und die Kanzlerin

Titel: Der Friseur und die Kanzlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Mendoza
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Jubeljahre etwas zu essen.
    «Ja», sagte Romulus, «man braucht dich bloß anzuschauen.»
    Danach widmete er seine ganze Aufmerksamkeit den Sardellen, als wäre mit dieser Bemerkung die Aufarbeitung unserer beider Leben abgeschlossen, so dass wir ein neues Thema anschneiden konnten. Doch ich kannte ihn genau und war überzeugt, dass er bloß Zeit gewinnen wollte, um zur Sache zu kommen. Tatsächlich beendete er nach einer Weile sein schmatzendes Schlingen, trank den Wein aus, wischte sich mit der Serviette Lippen und Finger ab, schaute mich aus halbgeschlossenen Augen an und sagte:
    «Was ich dir vorhin erzählt habe, das mit dem Überfall und so, das ist allgemein bekannt, Zeitung und Fernsehen haben darüber berichtet. Aber was ich dir jetzt sagen werde, muss unter uns bleiben. Ich habe volles Vertrauen in deine Diskretion.»
    «Ich würde sie lieber gar nicht erst anwenden müssen, Romulus, erzähl mir keine Geheimnisse.»
    «Na, komm schon, um unserer Freundschaft willen», fiel er mir ins Wort. «Mit irgendjemandem muss ich über diese Dinge reden, und ich weiß, dass ich mit dir genauso rechnen kann wie früher. Also pass auf. Vorhin habe ich gesagt, dass ich nicht ins Gefängnis will. In meinem Alter würde ich das nicht überstehen. Also habe ich beschlossen zu fliehen. Brasilien scheint mir ein guter Ort zu sein: angenehmes Klima, Weiber und Fußball. Aber ohne Geld kann ich nicht abhauen. Darum habe ich dich gefragt … Nein, nein, keine Bange, ich werde dich nicht anpumpen. Ich ahne schon, wie deine finanzielle Lage aussieht. In Wirklichkeit …»
    Er senkte die Stimme, beugte sich vor, bedeutete mir mit einem Handzeichen, es ihm gleichzutun, und als unsere Köpfe über dem leeren Teller zusammensteckten, fuhr er flüsternd fort:
    «Ich habe einen Coup geplant. Etwas Sensationelles. Ohne Risiko, ohne großen Aufwand, ohne unangenehme Zufälle. Alles ist vorbereitet. Nur die Mannschaft fehlt mir noch. Wie sieht’s aus?»
    «Du machst mir einen Vorschlag?»
    «Natürlich», rief er frohgemut.
    «Du irrst dich in der Person, Romulus. Zu so etwas tauge ich nicht. Ich bin bloß ein Damenfriseur, dazu noch ohne Kundschaft.»
    «Na komm, wen willst du denn hinters Licht führen? Haben wir uns etwa eben erst kennengelernt? Du bist der gewiefteste Dieb in dieser Wahnsinnsstadt. Du warst schon immer ein Meister: verschwiegen, penetrant, tödlich. In der Anstalt hat man dich ‹das giftige Fürzchen› genannt, hast du das vergessen?»
    Die Erwähnung dieses ehrenvollen Spitznamens erfüllte mich einen Augenblick mit nostalgischem Stolz. Aber die Erfahrung hat mich gelehrt, Schmeicheleien mehr zu fürchten als Drohungen, so dass ich in die Gegenwart zurückkehrte und sagte:
    «Danke, Romulus, aber ich lehne die Einladung immer noch ab. Sei mir nicht böse. Natürlich habe ich nichts von dem gehört, was du mir gesagt hast. Wir haben nicht einmal hier Tapas gegessen und etwas getrunken. Das nur, falls ich gefragt werde. Bei mir werde ich immer voller Zuneigung an diese Begegnung denken. Ich wünsche dir das Allerbeste.»
    Wir nahmen meinen Bauern- und seinen Lodenmantel vom Garderobenständer, und er griff sich noch den Schal eines vertrauensseligen Gastes. Es war stockdunkle Nacht geworden, und ein kalter Wind pfiff, als wir uns auf der Straße umarmten und jeder seines Weges ging.
    Nach dieser Begegnung war ich verwirrt und voller Sorge. Ich fragte mich, ob ich mich nicht bestimmter hätte verhalten sollen, sei es mit dem Versuch, Romulus von einem Projekt abzubringen, das ich mir undurchführbar und höchst riskant ausmalte, sei es, indem ich ihm in seiner misslichen Lage meine Hilfe anbot. Aber was konnte ich schon tun? In meinen jungen Jahren war ich, wie erwähnt, ein gesichtsloser Übeltäter gewesen: ungeschickt, ängstlich und phantasielos. Mit der Zeit kam zu diesen Gaben noch die Niederträchtigkeit, als Polizeispitzel Schlimmeres verhindern zu wollen, doch es war verlorene Liebesmüh. Romulus der Schöne war das genaue Gegenteil: talentiert, ehrgeizig, beherzt und voller Berufsstolz. Er beschränkte sich nicht wie so viele andere darauf, von einem großen künftigen Coup nur zu träumen, sondern plante ihn bis in die kleinsten Einzelheiten und führte ihn dann aus, ohne sich von der Gefahr oder den Mühen abschrecken zu lassen. Ob es ihm schließlich gelang oder nicht, ist ein anderes Kapitel.
    Einmal, vor vielen Jahren in der Besserungsanstalt, erzählte er mir, wie er versucht hatte, sein sogenanntes

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