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Der fuenfte Berg

Der fuenfte Berg

Titel: Der fuenfte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coelho
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er bis zum Gipfel des Berges hinaufgestiegen sei. Anschließend würde er nach Akbar zurückkehren und sich seinen Häschern stellen.
    »Das Feuer des Himmels.« Vielen Menschen hatte es
    schon den Tod gebracht, obwohl Elia bezweifelte, daß es vom Herrn geschickt war. In mondlosen Nächten irrlichterte es am Firmament, blitzte auf und verschwand plötzlich wieder. Vielleicht verbrannte es. Vielleicht tötete es sofort, schmerzlos.
    Die Nacht brach herein, und der Nebel hob sich. Er konnte ins Tal hinunter sehen, zu den Lichtern von Akbar und den assyrischen Lagerfeuern; er hörte Hundegebell und die Kriegsgesänge der Soldaten.
    »Ich bin bereit«, sagte er zu sich selbst. »Ich habe akzeptiert, ein Prophet zu sein, und habe mein Bestes gegeben... Doch ich habe versagt, und jetzt braucht Gott einen anderen.«
    In diesem Augenblick kam ein Licht auf ihn hernieder.
    »Das Feuer des Himmels!«
    Das Licht blieb jedoch vor ihm stehen. Und eine Stimme sprach:
    »Ich bin ein Engel des Herrn.«
    Elia kniete nieder und berührte mit dem Gesicht die Erde.
    »Ich habe Euch schon mehrfach gesehen und habe dem Engel des Herrn gehorcht«, antwortete Elia, ohne den Kopf zu heben. »Ihr laßt mich Unheil säen, wohin ich komme.«
    Doch der Engel fuhr fort:
    »Wenn du in die Stadt zurückkehrst, bitte dreimal, daß der Junge wieder lebendig wird. Beim dritten Mal wird der Herr dich erhören.«
    »Warum soll ich das tun?«
    »Um der Größe Gottes willen.«
    »Auch wenn ich dieses tun würde, so habe ich doch schon an mir selbst gezweifelt. Ich bin meiner Aufgabe nicht würdig«, entgegnete Elia.
    »Jeder Mensch hat das Recht, an seiner Aufgabe zu zweifeln und sie hin und wieder aufzugeben; was er allerdings nicht tun darf, ist, sie zu vergessen. Wer nicht an sich selbst zweifelt, ist unwürdig, weil er seiner Fähigkeit blind vertraut und sich aus Stolz versündigt. Gesegnet sei der, der Augenblicke der Unentschlossenheit durchlebt.«
    »Ihr seht doch selbst, daß ich mir eben noch nicht einmal sicher war, ob Ihr ein Gesandter Gottes seid.«
    »Geh und tu, was ich dir sage.«
    Eine geraume Weile verstrich, bis Elia den Berg wieder hinabstieg. Die Wachsoldaten warteten bei den Opferaltären auf ihn, die Menschenmenge aber war nach Akbar zurückgekehrt.
    »Ich bin bereit zu sterben«, sagte er. »Ich habe die Götter des Fünften Berges um Vergebung gebeten, und sie verlangen nun von mir, daß ich, bevor meine Seele den Körper verläßt, bei der Witwe, die mich aufgenommen hat, vorbeigehe und sie darum bitte, Erbarmen mit meiner Seele zu haben.«
    Die Soldaten führten ihn zurück und begaben sich zum Priester. Dort gaben sie die Bitte des Israeliten weiter.
    »Ich werde tun, worum Ihr gebeten habt«, sagte der Priester zum Gefangenen. »Ihr habt die Götter um Vergebung gebeten, nun müßt Ihr auch die Witwe um Vergebung bitten. Damit Ihr nicht auf die Idee kommt zu fliehen, lasse ich Euch von vier bewaffneten Soldaten begleiten. Doch glaubt
    nur ja nicht, daß Ihr die Witwe dazu bringen könnt, um Gnade für Euer Leben zu bitten. Im Morgengrauen werden wir Euch mitten auf dem Platz hinrichten.«
    Der Priester wollte noch wissen, was er dort oben gesehen habe. Doch in Gegenwart der Soldaten traute er sich nicht zu fragen, aus Angst, daß die Antwort ihn vielleicht in Verlegenheit bringen könnte. Daher schwieg er. Elia öffentlich um Vergebung bitten zu lassen, schien ihm eine gute Idee. So würde niemand mehr an der Macht der Götter des Fünften Berges zu zweifeln wagen.
    Elia und die Soldaten bogen in die ärmliche Gasse ein, in der er einige Monate lang gelebt hatte. Türen und Fenster des Hauses der Witwe standen offen, damit - wie es der Brauch wollte - die Seele ihres Sohnes hinausgelangen konnte, um bei den Göttern zu wohnen. Der Leichnam lag mitten im kleinen Wohnraum, und um ihn herum kauerten die Nachbarn und hielten Totenwache.
    Sie erschraken, als sie den Israeliten sahen.
    »Werft ihn hinaus!« schrien sie voller Entsetzen den Soldaten zu. »Hat er denn nicht schon genug Unheil über uns gebracht? Er ist so verdorben, daß sogar die Götter des Fünften Berges ihre Hände nicht mit seinem Blut beflecken wollen!«
    »Überlaßt ihn uns«, schrie ein anderer. »Wir werden ihn jetzt töten und nicht die rituelle Hinrichtung abwarten.«
    Elia wurde gestoßen und geschlagen, doch er entwand sich und lief zur Witwe, die in einem Winkel saß und weinte.
    »Ich kann ihn von den Toten zurückholen. Gebt mir Euren Sohn«, sagte

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