Der fuenfte Berg
gerettet.«
»Man muß ein steinernes Herz haben, um dem Zauber Isebels zu widerstehen«, höhnte der Priester. »Und sonst schicken wir Euch eben eine noch schönere Frau, so wie wir es schon vor Isebel getan haben.«
Der Priester hatte recht. Vor zweihundert Jahren hatte
eine Prinzessin aus Sidon den weisesten aller Herrscher Israels, den König Salomo, verführt. Sie hatte ihn dazu gebracht, einen Altar zu Ehren der Göttin Astarte zu errichten. Wegen dieser Gotteslästerung hatte der Herr die Heere aller benachbarten Völker sich erheben lassen, und Salomo war entthront worden.
>Dasselbe wird mit Ahab, dem Ehemann von Isebel, geschehen<, dachte Elia, denn er selbst würde dafür sorgen, sobald der Herr die Stunde für gekommen hielt. Was brachte es schon, diese beiden Männer zu überzeugen? Sie waren wie jene, die er vergangene Nacht auf dem Boden im Hause der Witwe hatte knien und die Götter des Fünften Berges loben sehen. Sie würden niemals umdenken lernen, die Tradition war stärker.
»Schade, daß wir das Gesetz der Gastfreundschaft respektieren müssen«, sagte der Stadthauptmann, der Elias Bemerkungen über den Krieg scheinbar vergessen hatte. »Sonst würden wir Isebel helfen, den Propheten den Garaus zu machen.«
»Dies ist nicht der Grund, weshalb Ihr mein Leben schont. Ihr wißt, daß ich eine wertvolle Ware bin, und Ihr wollt Isebel Gelegenheit geben, mich eigenhändig zu töten. Dennoch - seit gestern schreibt mir das Volk magische Kräfte zu. Es denkt, ich hätte die Götter dort oben auf dem Fünften Berg getroffen. Ihr würdet zwar nicht zögern, Eure Götter zu beleidigen, wollt aber die Einwohner nicht beunruhigen.«
Der Stadthauptmann und der Priester ließen Elia allein weiterreden und setzten ihren Weg Richtung Stadtmauer fort. Dies war der Augenblick, als der Priester beschloß, den
Israeliten bei der ersten besten Gelegenheit zu töten. Was bisher nur eine Tauschware gewesen war, hatte sich zur Bedrohung ausgewachsen.
Elia blickte ihnen nach. Was könnte er tun, fragte er sich verzweifelt, um dem Herrn zu dienen? Plötzlich begann er mitten auf dem Platz zu rufen:
»Volk von Akbar! Gestern abend bin ich auf den Fünften Berg gestiegen und habe dort mit den Göttern gesprochen. Kaum war ich wieder zurück, konnte ich einen Jungen aus dem Reich der Toten zurückholen!«
Die Leute umringten ihn. Die Geschichte war bereits stadtbekannt. Der Stadthauptmann und der Priester blieben auf halbem Weg stehen und machten kehrt, um zu sehen, was geschah. Der israelitische Prophet erzählte, er habe gesehen, wie die Götter des Fünften Berges einen höheren Gott anbeteten.
»Ich lasse ihn umbringen«, sagte der Priester.
»Damit sich das Volk gegen uns erhebt?!« entgegnete der Stadthauptmann, der wissen wollte, was der Fremde sagte. »Es ist besser, wir warten, bis er einen Fehler macht.«
»Bevor ich vom Berg herabstieg, haben mich die Götter damit beauftragt, dem Stadthauptmann zu helfen, mit den Assyrern fertig zu werden!« fuhr Elia fort. »Ich weiß, er ist ein ehrenhafter Mann und möchte mich anhören, doch es gibt Leute, die mich bewußt von ihm fernhalten, weil sie an einem Krieg interessiert sind.«
»Der Israelit ist ein heiliger Mann«, sagte ein Alter zum Stadthauptmann. »Niemand kann auf den Fünften Berg steigen, ohne vom Feuer des Himmels erschlagen zu werden, doch diesem Mann ist es gelungen - und jetzt erweckt er sogar Tote zum Leben.«
»In Tyrus, Sidon und allen anderen phönizischen Städten herrscht die Tradition des Friedens«, sagte ein anderer Alter. »Wir haben schon andere, schlimmere Bedrohungen erlebt und durchgestanden.«
Einige Kranke und Krüppel kamen heran und bahnten sich einen Weg durch die Menge, berührten Elias Kleider und baten ihn, sie von ihren Leiden zu heilen.
»Bevor Ihr dem Stadthauptmann Ratschläge erteilt, heilt erst einmal die Kranken«, sagte der Priester, »dann werden wir glauben, daß die Götter des Fünften Berges mit Euch sind.«
Elia erinnerte sich an die Worte des Engels in der Nacht: Nur die Kraft gewöhnlicher Menschen würde ihm gestattet sein.
»Die Kranken bitten um Hilfe«, beharrte der Priester. »Wir warten alle.«
»Zuvor laßt uns den Krieg verhindern. Es wird noch mehr Gebrechliche und Kranke geben, wenn uns das nicht gelingt.«
Da schaltete sich der Stadthauptmann ein.
»Elia wird mit uns gehen. Er ist von den Göttern erleuchtet.«
Obwohl er nicht glaubte, daß es Götter auf dem Fünften Berg gab,
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