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Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)

Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rhönblut: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeno Diegelmann
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Prolog
    Der Moment schien wie geschaffen, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Die nackten Gleise der Bahntrasse schlängelten sich gut und gern zwanzig Meter unter seinen Füßen in ihrer typischen Monotonie durch die abendliche Landschaft und verliefen ins dunkle Nirgendwo. Er blickte sich um. Niemand war zu sehen. Niemand, der zufällig vorbeikam. Und erst recht niemand, der ihn aufhalten wollte. Dann schweifte sein Blick in die Ferne.
    Die Herbstdämmerung setzte ein und verschluckte den weiteren Verlauf der Strecke bereits weit vor dem eigentlichen Horizont. Dazu hatte ein nieselnder Regen eingesetzt, der alles mit seinem klammen Schleier benetzte: die Schienen, den Asphalt, das rostige Geländer, welches er soeben überstiegen hatte und nun mit beiden Händen fest umschlossen hielt. Er lehnte seinen massigen Körper nach vorne und riskierte einen Blick in den Abgrund. Vielleicht hatte er ja Glück, und das Geländer würde bereits unter seinem Körpergewicht nachgeben. Dann könnte er sich dieseeine, letzte Herausforderung ersparen, selbst den Schritt ins Nichts setzen zu müssen. Denn er ahnte, dass ihm trotz aller Trauer und Taubheit seines Körpers dieser Schritt nicht leichtfallen würde. Sein Puls beschleunigte sich. Allein der Gedanke bereitete ihm Schwindel, und er musste für einen Moment seine Augen schließen. Er spürte die kalte Septemberluft in seine Lungen strömen und atmete sie betont langsam aus. Dabei beobachtete er, wie sich die feuchte Atemluft vor ihm aufbaute und sich sogleich wieder auflöste, als ob es sie nie gegeben hätte. Genau so würde es ihm auch ergehen. Von seinem jämmerlichen Dasein nahm niemand mehr Notiz. Seit dem Vorfall hatte er sich mehr und mehr zurückgezogen, bis er für die Außenwelt schließlich komplett unsichtbar geworden war. Nun würde er sich endgültig auslöschen, ohne dass dies für besonders großes Aufsehen oder Bedauern sorgen sollte. Vielleicht eine Randnotiz in der Presse. Wahrscheinlich aber noch nicht einmal das. Es störte ihn nicht im Geringsten. Nein, es war ihm vielmehr recht.
    Ein Griff in seine Innentasche ließ ihn wieder ruhiger atmen, als er den weichen Kaschmirstoff des grünen Schals zwischen seinen Fingern spürte. Sofort schossen ihm die weichen Züge von Lauras Gesicht in den Kopf. Wie sie lachte, ihm von der Straße aus zuwinkte, während er wie jeden Morgen am Balkonstand, seinen Kaffee trank und sie über die Straße zur Bushaltestelle lotste, obwohl sie das schon lange allein konnte. Seine Rufe waren ihr sicherlich oft peinlich vor ihren Schulkameradinnen gewesen. Dennoch bat sie ihn nie darum, es zu unterlassen. Es war ihrer beider Ritual. Lauras und seins. Tochter und Vater. Der Gedanke schmerzte und schnürte ihm den Hals zu, er musste schlucken und kniff seine brennenden Augen bei der Erinnerung zusammen.
    Er war leer.
    Ausgebrannt.
    Ein Schatten seiner selbst.
    Er war die schlechteste Version des Mannes, der er einst gewesen war.
    Angewidert von sich selbst, öffnete er wieder seine Augen und sah auf seine Uhr. Die Lichter des Schnellzugs nach Frankfurt würden bald am Horizont auftauchen, auf ihn zufliegen und nur Sekundenbruchteile später ganz bei ihm sein.
    Ein schriller Ton, der nicht in diese Leere passte, riss ihn jedoch plötzlich aus seinen Gedanken. Für einen Moment verlor er gar das Gleichgewicht und rutschte aus, hielt sich jedoch in einer spontanen Reaktion am Geländer fest. Der Boden der schmalen Brüstung, auf der er stand, knirschte unter der hastigen Bewegung, und einige Schottersteine fielen hinab in Richtung der Gleise. Er schüttelte sich kurz,dann konnte er den Ton zuordnen. Er stammte von seinem Mobiltelefon, das noch immer in seiner Hosentasche klingelte. Ohne weiter nachzudenken, nahm er das Gespräch an.
    »Ja?«
    »Kommissar Seeberg?«
    So hatte ihn seit längerer Zeit niemand mehr genannt. Er räusperte sich und versuchte mit möglichst fester Stimme zu antworten.
    »Am Apparat, mit wem spreche ich?«
    »Nils Bauer vom Polizeipräsidium Fulda. Der Kollege Reinhard Kohler möchte mit Ihnen sprechen. Moment, ich verbinde.«
    Ein kurzes Knacken war in der Leitung zu vernehmen. Seeberg überlegte kurz aufzulegen, doch schon meldete sich eine vertraute Stimme am anderen Ende.
    »Klaus? Ich bin es, Reinhard … Reinhard Kohler. Entschuldige, dass ich dich einfach so anrufe und störe. Du hast sicher andere Dinge im Kopf, aber es ist dringend.«
    »Kein Problem, Reinhard«, log er. »Um was geht es?«
    »Ich

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