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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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der Ort, an dem sich die neue Basis befand, aber es gab dort keine Zisternen, sondern nur genau solche Felsen, wie sie Tabea von der alten Basis und aus der kleinen Oase kannte, in der sie auf ihrer Ausreißertour Zuflucht gesucht hatte. Die Basis selbst war fast ein identisches Abbild derjenigen, die sie gerade verlassen hatten. Dieselben Mannschaftsquartiere, dieselbe Kombination aus Werkstatt und Stall, derselbe schweflig-steinige Geruch. Kaum waren sie angekommen, kaum hatte sie Björn wiedergefunden im Chaos des Auspackens, da tauchte Nina auf. »Hallo Tabea«, sagte sie. Sie klang matt und wich Tabeas Blicken aus. »Nasrid sagt, ich soll dir was ausrichten. Du hast eine neue Aufgabe. Du musst die Gefangenen im Keller versorgen. Nasrid sagt, das ist die Strafe dafür, dass du abgehauen bist und die Basis in Gefahr gebracht hast. Vorher sollst du noch zu Madjid. Jetzt gleich.«
    Dann ging sie, und ließ die beiden allein zurück. Tabea sah Björn an, aber der hatte damit begonnen, seine Mitrailleuse auseinander zu bauen und zu reinigen. Er schien keine sonderlich große Lust auf Diskussionen zu haben. »Björn!«, rief sie wütend. »Die Gefangenen versorgen!« Björn polierte gerade die sechs Läufe seiner Waffe. Er ließ sich Zeit, bevor er antwortete.
    »Einer muss das doch machen, oder? Und du hättest nicht abhauen sollen. So sehe ich das.«
    Er legte das gesäuberte Laufbündel wieder ins Gehäuse ein und drückte es nach hinten. Ein Klicken und die Waffe war fast wieder einsatzbereit, wenn auch noch nicht geladen. »Ich kann ja mit Nasrid reden«, beschwichtigte Björn.
    »Danke nein«, entgegnete Tabea gekränkt. »Auf derart begeisterte Unterstützung kann ich verzichten.« Wütend zog sie mit ihrem Kram los.
    Madjid war unsicher, das merkte sie gleich. Schweiß stand ihm auf der Stirn, und er blinzelte öfter als nötig. Hier wurde ihm weniger Raum zugestanden als in der alten Basis, er hatte sich noch nicht ganz eingerichtet – überall lagen weiße Plastikflaschen, Medikamentenpackungen und medizinische Instrumente herum.
    »Was wir machen, ist Folgendes«, sagte er und leckte sich die Unterlippe. »Wir deaktivieren die Neuroports 4 und 5 an deiner Wirbelsäule, kurz über dem Becken. Dazu benutzen wir Informationen, die Seif und Abdul bei Björns Untersuchung gewonnen haben.«
    Angst stieg in ihr auf. »Warum macht ihr das?« Madjid wandte sich ab und kramte in dem Zeug auf seinem Labortisch herum. Er setzte ein Gerät zusammen. »Nasrid sagt, es ist notwendig. Vermutlich soll es dich daran hindern, dass du je wieder Kontakt zum Euronet aufnimmst.«
    »Das Euronet ist mir egal«, hielt sie ihm entgegen. Sie hatte einen Kloß im Hals. »Aber ihr macht aus mir doch keinen Zombie, oder?«
    Madjid drehte sich um. Sie konnte die Schweißperlen an seinem grauen Haaransatz genau sehen. »Nein«, sagte er mit einem gekünstelten Lachen, »wie kommst du denn darauf?« Er hielt jetzt ein Ding in der Hand, das wie eine absurde, zu klein geratene Maurerkelle aussah, die an der Spitze intensiv blau leuchtete. Er kam auf sie zu. Alles in ihr warnte sie vor diesem blauen Leuchten. »Ich gehe«, sagte sie und stand auf. Madjid blieb stehen und streckte beschwörend seine Hand aus.
    »Tu das nicht«, sagte er. »Draußen stehen zwei Tuareg. Sie haben den Befehl, auf dich zu schießen, wenn du zu fliehen versuchst.« Er sah sie bittend an. »Nur ein paar Sekunden, dann ist alles vorbei.«
    »Du lügst«, zischte sie und drehte sich um. Tränen stiegen ihr in die Augen. »Du bist auch nur so ein Lügner.«
    »Nein«, entgegnete er unsicher, »nein. Du musst dich jetzt umdrehen. Und zieh bitte dein Hemd ein wenig hoch.« Sie drehte sich um, tat aber sonst nichts. An der Wand, genau vor ihrer Nase, hing ein Plakat, das sie schon in verschiedenen Arztpraxen gesehen hatte: Es stellte den Muskel- und Sehnenapparat des menschlichen Körpers dar. Obwohl das Papier alt und vergilbt war, leuchteten die Muskeln in einem kräftigen Rot. Wie sie sich schon als Kind vor diesem Plakat gefürchtet hatte! »Also gut«, sagte Madjid und schob ihr das Hemd ein wenig nach oben und setzte das Gerät an.
    Plötzlich saß sie auf dem Fußboden. Sie versuchte aufzustehen, aber es ging nicht. Sie konnte ihre Beine nicht bewegen. »Du hast mich gelähmt«, sagte sie tonlos, wie jemand, der gerade niedergeschlagen worden ist und es noch nicht fassen kann. »Du Schwein hast mich gelähmt.« Sie versuchte, sich mit ihren Armen hochzustemmen. Das

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