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Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Titel: Der Fundamentalist, der keiner sein wollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamed
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heiter zu. Während der nächsten vier Wochen folgten unsere Tage einer stetigen Routine. Vormittags hatten wir ein dreistündiges Seminar: eines aus einer Reihe von Modulen, mit denen sie versuchten, uns ein ganzes Jahr Wirtschaftsstudium zu vermitteln. Wir wurden von Professoren der angesehensten Institute unterrichtet – beispielsweise lehrte eine Frau aus Wharton Finanzwesen –, und die Ergebnisse der Tests, die wir machen mussten, wurden sorgfältig aufgezeichnet.
    Der Lunch wurde in der Caféteria eingenommen; bei Huhn-Pesto-mit-sonnengereiften-Tomaten-Wraps beobachteten wir den selbstgewissen Nachdruck, mit dem unsere Vorgesetzten sich gaben. Danach folgte ein Workshop, der uns mit Computerprogrammen wie PowerPoint, Excel und Access vertraut machen sollte. In diesem Unterricht saßen wir im Kreis um einen Ausbilder herum, der leise sprach und wie ein Bibliothekar aussah; Wainwright nannte das unsere »Microsoft-Familienzeit«.
    Und am Spätnachmittag wurden wir schließlich in zwei Dreiergruppen aufgeteilt, wo wir in, wie Sherman das nannte, »Soft Skills« unterwiesen wurden. Bei diesen Sitzungen gab es Rollenspiele mit lebensnahen Situationen wie den Umgang mit einem zornigen Kunden oder einem sturen Finanzchef. Wir lernten, die Denkweise eines anderen zu erkennen, seine Vorstellungen zu nutzen und so zu kanalisieren, dass wir das von uns gewünschte Ergebnis erreichten; man könnte es tatsächlich eine Art mentales Business-Judo nennen.
    Sie sind ganz offensichtlich beeindruckt von der Gründlichkeit unserer Ausbildung. Das war ich auch. Sie stand für den systematischen Pragmatismus – nennen wir’s Professionalismus –, der den Erfolg Ihres Landes auf so vielen Gebieten gewährleistet. In Princeton war das Lernen mit einer Aura von Kreativität umgeben; bei Underwood Samson wurde Kreativität nicht ausgespart – sie existierte weiterhin und war geschätzt –, aber sie musste nun der Effizienz den Vortritt lassen. Maximaler Ertrag war die Maxime, auf die wir immer wieder zurückkamen. Wir lernten, Prioritäten zu setzen – die Achse zu bestimmen, auf der man am günstigsten vorankam – und uns dann beharrlich dem Erreichen unseres Ziels zu widmen.
    Aber meine Betrachtungen sind vielleicht doch recht trocken! Ich will damit nicht sagen, dass mir meine Einführung ins Reich der Hochfinanz keine Freude bereitete. Im Gegenteil. Ich fühlte mich gestärkt; die verschiedensten neuen Möglichkeiten eröffneten sich mir. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: das Spesenkonto. Wissen Sie, wie berauschend es ist, eine Kreditkarte zu erhalten und gesagt zu bekommen, dass Ihre Firma die Rechnung für jedes vorgeblich arbeitsbezogene Essen, jede Bewirtung bezahlt? Verzeihen Sie: Natürlich wissen Sie es; schließlich sind Sie ja geschäftlich unterwegs. Doch für mich mit meinen zweiundzwanzig Jahren war es eine Offenbarung. Wenn ich wollte, konnte ich meine Kollegen zu einem After-Work-Drink einladen – etwas, das als »New Hire Cultivation« bezeichnet wurde – und ungestraft in einer Stunde mehr ausgeben, als mein Vater an einem Tag verdiente!
    Wie Sie sich vorstellen können, machten wir New Hires weidlich Gebrauch von der Möglichkeit, einander regelmäßig zu kultivieren. Ich erinnere mich noch an den ersten Abend; wir gingen in die Bar des Royalton in der 44th Street. Sherman begleitete uns und bestellte eine Flasche Spitzenchampagner, um unsere Einführung zu begießen. Ich schaute mich um, als wir die Gläser hoben, um auf unser eigenes Wohl zu trinken. Zwei meiner fünf Kollegen waren Frauen, Wainwright und ich Nicht-Weiße. Wir waren ungeheuer verschieden ... Und dann auch wieder nicht: Wir alle, Sherman eingeschlossen, kamen von den gleichen Elite-Universitäten: Harvard, Princeton, Stanford, Yale; alle verströmten wir eine unerschütterliche Selbstgefälligkeit, und nicht einer von uns war klein oder übergewichtig.
    Dann fiel mir auf – nein, ich muss ehrlich sein, es fällt mir erst jetzt auf –, dass wir, kahl geschoren und in Kampfanzüge gesteckt, praktisch nicht zu unterscheiden gewesen wären. Vielleicht hatte Wainwright Ähnliches gedacht, denn er zwinkerte mir zu und sagte – wie sich herausstellte, mit großer Voraussicht –: »Hüte dich vor der dunklen Seite, junger Skywalker.« Er hatte die Angewohnheit, aus populären Filmen zu zitieren, so wie meine Mutter aus den Gedichten von Faiz und Ghalib. Aber ich vermute, dass Wainwright diese Anspielung auf Star Wars überwiegend

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