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Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Titel: Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Lethem
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ihre Halsadern traten vor, und wieder fletschte sie die Zähne.
    Schließlich lachte sie. »Es gibt keine Zelle, du Dummerchen.«
    »Bitte?«
    »Es ist überall, wo du bist, auch jetzt.«
    »Was?«
    »Occupy. Das ist eine Lebensweise, Sergius. Nur lebt man anders.«
    Inzwischen nicht mehr früh dran für seinen Flug, fand sich Sergius an der Rolltreppe unter anderen Reisenden, Männern mit Laptop-Taschen unter dem Arm, einigen Pärchen und Familien, die sich an einem Donnerstagnachmittag über den Knotenpunkt des Logan Airport sonstwohin auf den Weg machten, und es reichte, dass sich an der Sicherheitskontrolle eine Schlange gebildet hatte. Doch Sergius war in seiner eigenen Welt, eine herrliche Blase umgab ihn seit der Begebenheit auf der Toilette, die alle anderen Menschen um ihn her unaufdringlich und harmlos machte, nurmehr bedauernswert. Das Innere Licht, Gott in jedem Menschen, war etwas funzelig, aber im Nachglühen zweier Orgasmen fand Sergius die Großzügigkeit, es zu spenden. Überall in der teppichbelegten Zwischenetage legten friedfertige Reisende Schuhe und Brieftaschen ab, die Durchsagen und die CNN-Dauersendung drangen hier kaum durch, und die Flughafenrestaurants und Duty-Free-Shops lagen unter ihnen; diese Schwellenzone blieb vom Kommerz unverseucht, nichts störte das Murmeln des ritualisierten Wohlverhaltens. Einer von den neuen Ganzkörperscannern war noch mit fluoreszierendem Klebeband umwickelt, ein unausgepacktes Weihnachtsgeschenk, während sich die Schlange nach und nach durch den traditionellen Metalldetektor schob. To pass beneath the bower: Sergius’ alter Privatscherz in dieser Umgebung, wenn man den ungebetenen Auftritt der Stimme des toten Vaters auf der eigenen geistigen Bühne einen Privatscherz nennen konnte. Nur hörte er den Refrain des Songs jetzt in Lydias Stimme statt in der seines Vaters. Irgendwo hinter ihm trampte oder wanderte sie im schwülen Tageslicht in die City von Portland. Für den jungen Knackarsch hatte wahrscheinlich gleich der erste Wagen angehalten, und sie hatte den Flughafen längst hinter sich gelassen. Sergius stellte sich zu den anderen Suchenden, leerte die Hosentaschen aus und stellte die Reisetasche aufs Band.
    »Würden Sie mir bitte folgen, Sir?«
    »Hä?« Ohne Kleingeld und Gürtel hatte er keinen Alarm ausgelöst. Er war durch. »Bitte nehmen Sie Ihr Eigentum aus der Schale und folgen Sie mir dann, vielen Dank, Sir.«
    Der blau uniformierte Beamte der Transportation Security Administration nahm Sergius’ Reisetasche. Die anderen Reisenden sahen zu Boden, während Sergius seinem wertlosem Besitz folgte und aus dem natürlichen Fluss heraustrat, ein am Ufer zappelnder Lachs. In der einen Hand hielt er seine Nikes, in die er Brieftasche, Schlüssel und Kleingeld gesteckt hatte, in der anderen seine Bordkarte, die hier seine Existenzberechtigung war. Er wollte sie erneut jemandem zeigen, aber niemand wollte sie sehen. Der TSA-Beamte hatte einen dicken Walross-Backenbart auf den fleischigen roten Wangen, was an einen der beinharten Starpitcher der Siebziger erinnerte, Goose Gossage oder Al Hrabosky. Ihre Jobs waren in jüngerer Vergangenheit von einem schlankeren, dunkleren Männertyp übernommen worden; in einer anderen Zeit wäre dieser Beamte vielleicht Sportler geworden, und die Ahnung eines vereitelten Schicksals schürte seine Bitterkeit. Aber nein, das war falsch gedacht, denn es war ja gerade das angeborene Ressentiment, wodurch Sportler wie Baseball-Pitcher so bestechend anders wirkten. Wenn sie ihren Job antraten, hegten sie schon einen Groll, und das galt wahrscheinlich auch für diesen Mann.
    »Stimmt was nicht?«
    »Stellen Sie sich bitte dorthin, Sir.«
    Sergius tappte auf Socken in das markierte Geviert neben der Kabine, in der Officer Hrabosky jetzt den Reißverschluss der Reisetasche aufzog und deren Inhalt kontrollierte. Das Ergebnis war unspektakulär, aber die Untersuchung war noch nicht abgeschlossen.
    »Sir, wir müssten Sie dann einer Abtastkontrolle unterziehen. Wenn Sie es wünschen, können Sie dazu eine Privatkabine aufsuchen.« In der ausdruckslosen Rücksichtnahme schwang die Gewissheit mit, dass sich jeder Passagier, der aus seiner Beschaulichkeit aufgerüttelt worden war, als ein Freak erwies, der kurz vor der Explosion stand.
    »Nicht nötig.«
    Nachdem auch die dritte Liebkosung von Achselhöhlen, Knöcheln und Kreuz ergeben hatte, dass er weder Schusswaffen noch angeklebte Bomben dabei hatte, verstand Sergius langsam,

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