Der geduldige Tod (German Edition)
Francisco? Er war genauso einsam wie ich. Er hat sich umgebracht, weil ich ihm misstraut habe, das wird ewig auf meiner Seele lasten.«
»Das ist gut, sehr gut sogar. Dann hat mein Plan funktioniert. Ich wollte, dass du ihn für den Mörder hältst, damit du deine Liebe verlierst, wie ich meine Liebe verloren habe. Dann hat meine Mission einen Teil ihres Ziels erreicht.«
»Welcher Plan, welche Mission? Wovon redest du?«
Er stellte sich breitbeinig vor sie hin. Ein Mann, der wusste, dass er im Recht war. »Du hast mein Leben ruiniert, Victoria. Du hast mich einfach im Stich gelassen und mir alles genommen, was mir wichtig war: meine Ehe, meinen Ruf, meine Hoffnung auf eine Familie. Und genau das sollst du auch erfahren. Du wolltest schlechten Erinnerungen entkommen und hast mich dafür verlassen. Nun soll dein Weg gespickt sein mit grässlichen Gefühlen. Hier eine Tote, dort ein Paar ausgestochene Augen, dann ein Selbstmord wegen dir. So soll dein Leben in Zukunft weiter verlaufen. Wo auch immer du bist, es werden dir Tod und Schmerzen folgen. Ist das nicht schön?« Er grinste gekünstelt. Sein Gesicht sah aus wie eine dämonische Fratze.
»Du warst es wirklich«, flüsterte Victoria entsetzt. »Du hast die Frauen tatsächlich getötet. Wo hast du ihre Körperteile versteckt? Was willst du mit ihnen anstellen?«
»Nichts. Den Kopf hast du ja schon bekommen. Die anderen warf ich ins Meer, nachdem sie zu stinken begannen. Ich wollte sie zuerst aufheben und dir zu gegebener Zeit schenken, aber dann habe ich sie lieber entsorgt. Der Gestank hätte vielleicht jemanden hergelockt. Die Augen haben sich noch im Flug ein paar Möwen geschnappt, was aus den Füßen wurde, weiß ich nicht. Vielleicht werden sie eines Tages an Land gespült, sehr zur Freude der Urlauber.«
»Du bist verrückt.« Victoria wisperte noch immer. Sie war viel zu entsetzt, als dass sie normal sprechen konnte. Ein Albtraum war erneut real geworden, und sie steckte wieder mittendrin. Gefesselt. »Was hast du mit meinem Psychiater gemacht? Warum hast du ihn getötet?«
»Ich habe gehört, wie du mit ihm gesprochen hast. Er hat dir geholfen und dich in die Arme dieses jungen Hallodris getrieben. Er war nicht gut für dich.«
»Und warum hast du es so aussehen lassen, als wäre ich es gewesen?«
Er lachte auf. »Weil ich wollte, dass sie dich jagen. Ein gejagtes Tier, das in die Enge getrieben wird, ist einfacher zu erlegen. Ich wollte dich in die Enge gedrängt sehen.«
»Oh Gott.« Victoria hätte am liebsten hysterisch aufgeschrien, aber sie musste ruhig bleiben. »Du hast mich die ganze Zeit beobachtet und sogar belauscht?«
»Ja, es war nicht schwer. Deine Vermieterin lässt ihren Garten dermaßen verwildern, dass sich eine Zigeunerbande darin einnisten könnte, und niemand würde es merken. Und einer der Bäume führt direkt zu deinem Balkon. Die unselige Katze ist darauf geklettert, ich auch. Zuerst bin ich auf diese Weise eingestiegen, bis ich bei deiner Vermieterin deinen Schlüssel entwenden und einen Abdruck davon machen lassen konnte. Danach war es ein Kinderspiel, deinen Pass zu stehlen und eine Packung Schlaftabletten in deiner Milch aufzulösen. Ihr habt es mir wirklich leicht gemacht.«
Victoria überlegte einen winzigen Augenblick. Sie musste ihn dazu bringen, sie loszubinden. Vielleicht konnte sie dann fliehen. »Ronald, bitte, hör auf, mir Vorwürfe zu machen. Wir haben so schöne Zeiten miteinander erlebt, es wäre schade, wenn die vergangenen Monate das zerstören würden. Bitte binde mich los.«
Er verzog den Mund. »Du hast alles selbst weggeworfen, nicht ich.«
»Ich war krank, ich wusste nicht, was ich tat. Die Angst hat mir den Kopf verdreht. Ich habe für einen Moment sogar gedacht, ich selbst könnte die Mörderin sein!« Sie versuchte ein gequältes Lächeln.
Er betrachtete sie nachdenklich, und sie konnte erkennen, dass das Selbstsichere wich und ein zarter Zweifel in seinen Blick kroch. »Wir hatten viele, sehr schöne Stunden, das ist wahr.«
Er wurde sentimental, das musste Victoria ausnutzen. »Erinnerst du dich, als wir uns kennenlernten? Unser erstes Date? Du warst so aufgeregt, dass du im Restaurant deinen Namen falsch angegeben hast. Und wir haben den Tisch direkt neben dem Klo bekommen, aber es gar nicht gemerkt, weil wir so miteinander beschäftigt waren.«
Er nickte. »Das Essen hat auch nicht geschmeckt.«
»Nein, aber ich habe sowieso kaum etwas gegessen, weil ich solche Schmetterlinge im
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