Der gefangene Stern
wehrte sich nicht, und sie wich auch nicht zurück. Stattdessen rührte sie keinen Muskel und starrte ihn nur unbewegt an. Eine dunkle, primitive Gier schoss in Jacks Lenden. Er packte ihre freie Hand und stürzte sich auf ihre Lippen. Keine Überlegung, keine Vernunft, nur Instinkt. Der überraschend weiche Mund gab nach, ihre Lippen öffneten sich, er sank auf ihren durchtrainierten Körper und vergrub die andere Hand in ihrem flammend roten Haar. Sein Verstand erlosch wie eine kaputte Lampe. Er vergaß, dass er sie nur hatte einschüchtern wollen, vergaß, dass er ein zivilisierter Mann war, vergaß seinen Job und die Tatsache, dass sie eine vollkommen Fremde und zudem ein ungelöstes Rätsel war. Er schloss eine Hand um ihre Brust, strich mit Daumen und Zeigefinger über ihre Brustspitze, die sich hart gegen den Stoff ihres T-Shirts drückte. Sein Blut begann zu rauschen.
Dann ging alles ganz schnell: Mit aller Kraft biss M.J. ihm auf die Unterlippe.
Jack schrie auf, und davon überzeugt, dass sie ihm ein Stück aus der Lippe reißen würde, umklammerte er ihr Kinn, bis sie losließ. Dann drückte er den Handrücken auf die schmerzende Lippe und runzelte die Stirn, als er Blut schmeckte.
„Verdammt“, fluchte er.
„Schwein.“ Plötzlich war sie sehr lebendig, kam auf die Knie und holte zum Schlag aus. „Perversling“, wiederholte sie.
Er schenkte ihr einen mörderischen Blick, stand auf und drehte sich auf dem Absatz um. Kurz darauf knallte er die Badezimmertür hinter sich zu. Gleich darauf hörte sie Wasser rauschen. Mit geschlossenen Augen und am ganzen Körper zitternd, sank sie zurück.
Mein Gott, guter Gott, dachte sie und presste eine Hand an ihr Gesicht. Sie musste den Verstand verloren haben.
Hatte sie sich gewehrt? Nein. War sie von Ekel erfüllt? Nein.
Es hatte ihr gefallen.
Sie begann, Jack Dakota zur Hölle zu wünschen.
Als sie in diese gefährlichen grauen Augen gestarrt hatte, war ein Schauer durch ihren Körper gejagt, als seine Lippen die ihren streiften, hatte ihr Blut angefangen zu kochen. Ohne den geringsten Protest hatte sie sich küssen lassen. Mehr noch, sie hatte seinen Kuss sogar erwidert, ohne eine Sekunde über die Konsequenzen nachzudenken.
M.J. O’Leary, dachte sie entsetzt, die starke Frau, die sich so viel darauf einbildet, niemals die Kontrolle zu verlieren, die einen zweihundert Kilo schweren Mann in Sekundenschnelle auf den Rücken werfen kann, die selbstbewusste, immer kampfbereite M.J. war einfach dahingeschmolzen.
Bei einem Mann, der sie gefesselt und geknebelt hatte. In einer billigen Absteige. Sie war mindestens so pervers wie er! Zum Glück hatte sie sich wieder gefangen. Es spielte keine Rolle, dass nur eine tief sitzende Angst vor ihren Gefühlen dazu geführt hatte. Tatsache war, dass sie ihn aufgehalten hatte – und zwar keine Sekunde zu früh. Nur ein paar Minuten später und sie hätte alles getan, was er von ihr verlangte. Mit zwei freien Händen hätte sie ihm vermutlich die Kleider vom Leib gerissen.
Das musste am Schock liegen. Selbst eine Frau, die normalerweise mit jeder Situation umgehen konnte, durfte sich unter solchen Umständen ein wenig bescheuert benehmen. Sie musste diesen Ausrutscher einfach vergessen und überlegen, was als Nächstes zu tun war.
In jedem Fall musste sie Bailey kontaktieren. Ihre Freundin ahnte sicher nicht einmal, wie gefährlich es gewesen war, den Stein zu verschicken. Wahrscheinlich hatte sie aus einem Impuls heraus gehandelt, was bei Bailey allerdings äußerst selten der Fall war.
Was hatte Bailey nur mit den beiden anderen Steinen angestellt? Waren sie bei ihr oder … oh, Gott.
M.J. ließ sich ins Kissen zurückfallen. Ganz bestimmt hatte Bailey einen der Steine an Grace geschickt. Das war nur logisch, und Bailey handelte fast immer logisch. Es gab drei Steine, einen hatte sie M.J. geschickt. Daraus folgte, dass sie einen Stein behalten und die anderen beiden den Menschen geschickt hatte, denen sie voll und ganz vertraute. Sie, Bailey und Grace waren seit ihrer Collegezeit fast so etwas wie Schwestern. Die schweigsame, fleißige und ernste Bailey. Die reiche, umwerfende und wilde Grace. Wenn jetzt eine von ihnen in Schwierigkeiten steckte, dann steckten sie alle in Schwierigkeiten. Sie musste die beiden dringend warnen.
Dafür musste sie Jack Dakota entkommen. Oder mit ihm zusammenarbeiten. Aber wie weit konnte sie ihm trauen?
Im Badezimmer betrachtete Jack seine deformierte Lippe. Vermutlich würde
Weitere Kostenlose Bücher