Der gefangene Stern
Ihnen her ist, ist vielleicht auch hinter Ihrem Freund her. Ihr Telefon könnte abgehört werden, was die Typen auf Ihre Spur bringen würde. So, und nun verraten Sie mir, wie Ihr ach so ehrlicher Freund an einen blauen Diamanten gekommen ist, gegen den der Hope-Diamant aussieht wie aus einem Kaugummiautomaten?“
„Auf absolut legitime Art und Weise.“ Er dachte also, es handelte sich um einen Freund – warum sollte sie es nicht dabei belassen? „Passen Sie auf, ich werde nicht zu sehr ins Detail gehen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass er den Stein auf legitime Weise bekommen hat und dass es drei davon gibt. Früher einmal waren Sie Teil eines Altars zu Ehren eines alten römischen Gottes. Der Mithra-Kult war eine der weitverbreitesten Religionen im Römischen Reich …“
„Die Drei Sterne von Mithra“, murmelte Jack.
Das brachte ihm einen überraschten Blick von M.J. ein und gleich darauf einen misstrauischen.
„Woher wissen Sie das?“
„Ich habe beim Zahnarzt darüber gelesen“, erwiderte er. Jetzt nahm er den Stein voller Ehrfurcht in die Hand. „Man glaubte, dass es sich nur um einen Mythos handelte. Die drei Sterne in einem goldenen Dreieck, das der Gott des Lichts in der Hand hält.“
„Es ist kein Mythos“, erklärte M.J. „Das Smithsonian Museum hat die Steine erst vor ein paar Monaten durch eine Kontaktperson in Europa erworben. Mein Freund sagte, sie wollen über diesen Kauf zunächst noch Stillschweigen bewahren, bis die Echtheit der Diamanten bestätigt ist.“
„Und ihr Wert geschätzt wurde“, fuhr er fort. „Für die Versicherung.“ Er sah sie an. „Die Steine verkörpern Liebe, Weisheit und Edelmut.“ Mit zusammengekniffenen Augen musterte er den Diamant. „Ich frage mich, welcher davon dieser wohl ist?“
„Keine Ahnung.“ Innerhalb einer Sekunde hatte sich ihr Entführer vom beinharten Kerl in einen klugen Gelehrten verwandelt. „Aber offenbar wissen Sie über die Drei Sterne genauso viel wie ich.“
„Ich kenne mich mit dem Mithra-Kult aus“, gab er zu. „Er ging dem Christentum voraus. Die Menschen haben sich schon immer nach einem gerechten und guten Gott gesehnt.“ Er drehte den Stein in seiner Hand um. „Aber die Menschen bekommen nicht immer, was sie sich wünschen. Und ich kenne die Legende, die sich um die Drei Sterne rankt. Es heißt, der Gott hätte das Dreieck jahrhundertelang in der Hand und damit die Welt im Gleichgewicht gehalten. Dann aber ging es verloren, wurde geklaut oder ist mit Atlantis untergegangen.“ Als Jack die Nachttischlampe anknipste, sah er, wie der Stein vor Macht und Schönheit geradezu explodierte. „Viel wahrscheinlicher endeten die Steine in der Schatzkammer irgendeines korrupten römischen Konsuls. Dafür würden so einige Menschen sterben. Oder töten“, flüsterte er. „Manche behaupten, die Steine würden in Kleopatras Grab liegen, andere glauben, dass ein Zauberer sie in Kristall verwandelt hat und sie aufbewahrt, bis Arthur zurückkehrt. Wieder andere sind der Meinung, Gott selbst hat sie zu sich in den Himmel genommen und über die Ignoranz der Menschen geweint. Und dabei sind sie einfach nur gestohlen und voneinander getrennt worden.“ Er sah auf. „Allein sind sie ein Vermögen wert, zusammen garantieren sie die Macht über die Welt.“
Wie er mit seiner tiefen männlichen Stimme über die Steine sprach und den glänzenden Diamant streichelte wie die Haut einer Frau, faszinierte sie. Doch angesichts seines letzten Kommentars schüttelte sie den Kopf. „Das glauben Sie doch nicht im Ernst.“
„Nein, aber so lautet die Legende, oder nicht? Wer immer das Dreieck besitzt, verfügt über göttliche Macht. Menschen haben schon für weniger getötet. Für verdammt viel weniger.“
Er legte den Diamant wieder auf den Tisch, wo er still vor sich hinschimmerte. Jetzt hat sich alles geändert, dachte er. „Sie haben ein echtes Problem, M.J. Wer auch immer hinter diesem Stein her ist, der will auch Ihren Kopf.“ Missmutig rieb er sich das Kinn. „Und mein Kopf ist nun verdammt nah an Ihrem dran.“
Kaum zu glauben, wie viel Pech er hatte! Er versuchte sich mit Mozart und Moët zu beruhigen.
Allesamt Dilettanten, dachte er, während er über einen Zobelmantel strich, den Zarin Alexandra einst getragen hatte. Und dabei hatte ihn der Gedanke, diese ärgerliche Ms. O’Leary von einem Kopfgeldjäger aufspüren zu lassen, durchaus amüsiert. Es wäre viel leichter gewesen, wenn er sie sich selbst geschnappt hätte, in
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