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Der Geisterfahrer

Der Geisterfahrer

Titel: Der Geisterfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Hohler
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Längsstraßen eine der engen Gassen.
    Den Mann mit der Mütze, der ihm »Präsident!«, zurief und dann eine Pistole auf ihn richtete, sah er erst im letzten Moment. Er riss seine Tasche zur Brust hoch, und gleichzeitig fiel ein ohrenbetäubender Schuss. Mit einem Aufschrei ging der Präsident zu Boden, der Attentäter drehte sich um und flüchtete. Einer der Bodyguards, die dem Präsidenten unauffällig gefolgt waren, rannte hinter dem Schützen her, der andere kniete neben dem Angeschossenen nieder. Blut sickerte auf das Pflaster, immer mehr.
    »Herr Präsident«, rief der Bodyguard, »sind Sie verletzt?«
    Der Präsident lag mit geschlossenen Augen auf dem Boden, aber er atmete. Der Notfallarzt, der kurz danach auf dem Platz war, fand keine Verletzung und vermutete eine Gehirnerschütterung durch den Sturz. Die Kugel, so
zeigte sich, hatte den metallenen Napf durchschlagen und war abgelenkt worden, doch die Wucht des Aufpralls hatte den Präsidenten zu Boden geworfen.
    Das Blut kam vom Kätzchen.

Die Raucherecke
    C harles hatte die Schwierigkeit, schnell eine Zigarette rauchen zu können, unterschätzt.
    Gerade wollte er sich im Hotelzimmer eine anzünden, als er das Schild mit dem Hinweis sah, dass es sich um ein Nichtraucherzimmer handelte und dass dem Gast, sollte es sich herausstellen, dass er trotzdem geraucht habe, eine Gebühr von 200 Euro für die professionelle Entlüftung und Reinigung des Zimmers berechnet werde.
    Er steckte also sein Päckchen ein, fuhr mit dem Lift aus dem obersten Stockwerk, in dem sein Zimmer lag, eine Etage nach der andern hinunter, um festzustellen, dass jeder Stock mit einem Nichtraucherzeichen versehen war.
    Als er im Erdgeschoss die Bar gefunden hatte, und auch dort von der Decke ein Nichtraucherschild wie ein Kronleuchter herunterhing, unterstützt durch kleine Stellkartons auf dem Tresen und den Tischchen, schwand seine Hoffnung, in diesem Haus eine Zigarette anzünden zu können, und er trat durch die Drehtür auf die Straße hinaus.
    Ein harscher Wind wehte, Charles hatte nur seine Jacke an, aus der er nun sein Zigarettenpäckchen zog, doch als er die Zigarette im Mundwinkel hatte und sein Feuerzeug mehrmals anzuknipsen versuchte, trat eine Hostess von der andern Straßenseite auf ihn zu und machte ihn freundlich, aber mit Nachdruck darauf aufmerksam,
dass er sich in einer Nichtraucherstraße befand. Er musste etwas verstört gewirkt haben, denn sie bat ihn nun, seinen Blick auf die Hauswand gegenüber zu richten, auf welcher große Zigarren mit roten Kreuzen übermalt waren.
    »In Ordnung«, sagte er, betrat mit klammen Fingern wieder die Eingangshalle des Hotels und fragte die junge Frau an der Rezeption, ob es hier irgendwo eine Raucherecke gebe. »In der Tiefgarage vielleicht?«, fügte er halb ironisch, halb hoffnungsvoll hinzu.
    »Dort nicht«, entgegnete sie, neigte sich ein bisschen vor und sagte leise: »Explosionsgefahr.«
    Dann drehte sie sich um, griff sich aus einer Schublade ein Blatt, legte es vor ihn hin und sagte: »Aber selbstverständlich dürfen Sie bei uns rauchen, wenn Sie sich der Gefahr bewusst sind, der Sie sich aussetzen. Darf ich das annehmen?«
    Flüchtig betrachtete er das Blatt und nickte stumm. Alle Fotos von Raucherlungen, Geschwüren und Beinstümpfen hatten bisher nicht vermocht, jene Lust auf diesen Moment der Entspannung zu bändigen, der mit dem Einatmen dieses kleinen, kribbelnden Spiralnebels verbunden ist und den er nicht als eine Bedrohung, sondern vielmehr als eine Liebkosung seiner Atemwege empfand.
    »Und das«, sagte die Rezeptionistin, »ist ein Plänchen, wie Sie unsere Raucherecke finden, sowie« – und nun bekam ihre Stimme etwas Mitfühlendes – »eine Statistik über den Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs.« Sie schob ihm zwei weitere Blätter hinüber.
    »Danke«, sagte er benommen, »vielen Dank – haben Sie Streichhölzer?«

    Sie musste sich so tief bücken, dass sie einen Moment ganz verschwand. Als sie mit gerötetem Gesicht wieder auftauchte, übergab sie ihm ein Schächtelchen mit der schwarz umrandeten Aufschrift »RAUCHEN TÖTET!«
    Charles hatte inzwischen einen Blick auf die Skizze geworfen, die er nicht gleich verstand, und fragte, während hinter ihm die Koffer einer chinesischen Reisegruppe aufgetürmt wurden, wo genau er sich die Rezeption vorstellen müsse.
    »Ihr Standort ist hier«, sagte die Empfangsfrau und zog einen kleinen Kreis um ein blasses Viereck, »und Sie müssen der

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