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Der gelbe Tod

Titel: Der gelbe Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert W. Chambers
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meinen Ohren übertönte. Ich hörte die Stimme unten auf irgeneinen Ruf aus dem Inneren des Hauses antworten.
    »Mir tut es nicht leid um die Jagd, ich werde ein anderes Mal mitgehen. Vergiß nicht, Pelargie, die Höflichkeit gegenüber dem Fremden.«
    Und aus dem Haus drang eine schwache, zittrige Stimme.
    Ich entkleidete mich und rieb mich von Kopf bis Fuß in dem riesigen irdenen Becken voll Eiswasser ab, das am Fußende meines Bettes auf dem steinernen Fußboden stand. Dann sah ich mich nach meinen Kleidern um. Sie waren fort, aber auf einer Bank nahe der Tür lag ein Haufen Kleidungsstücke, die ich voller Erstaunen untersuchte. Da meine eigenen Kleider verschwunden waren, war ich gezwungen, das Kostüm anzulegen, das offensichtlich dorthin gelegt worden war, damit ich es tragen konnte, während meine Kleider trockneten. Es war alles da. Eine Mütze, Schuhe und ein Jagdwams aus silbergrauem, grobem Wollstoff. Aber der eng anliegende Anzug und die Schuhe ohne Naht stammten aus einem anderen Jahrhundert, und mir fiel die seltsame Kleidung der drei Falkner im Innenhof ein. Ich war sicher, daß es nicht die gegenwärtige Tracht irgendeiner Gegend aus Frankreich oder der Bretagne war, aber erst als ich angekleidet war, wurde mir klar, daß ich eher die Kleidung eines jungen mittelalterlichen Jägers trug als die eines Bretonen von damals. Ich zögerte und nahm die Kappe zur Hand. Sollte ich hinuntergehen und mich in dieser seltsamen Verkleidung präsentieren? Ich schien keine andere Wahl zu haben, da meine Kleider fort waren und es keine Glocke in dem altmodischen Zimmer gab, um einen Bediensteten zu rufen. Ich gab mich also damit zufrieden, eine kurze Falkenfeder von der Kappe zu entfernen und öffnete die Tür, um hinunterzugehen.
    In der großen Halle am Fuße der Treppe saß eine alte bretonische Frau am Kaminfeuer und sponn mit einer Spindel. Als ich eintrat, sah sie zu mir auf und lächelte mir aufrichtig entgegen und wünschte mir in bretonischer Sprache Gesundheit, worauf ich lachend auf französisch antwortete. Im selben Augenblick erschien meine Gastgeberin und erwiderte meinen Gruß mit einer Anmut und Würde, die mein Herz schneller schlagen ließ. Ihr liebliches Haupt mit dem schwarzgelockten Haar war von einer Kopfbedeckung gekrönt, die alle Zweifel über die Epoche, aus der mein eigenes Kostüm stammte, beseitigte. Das silberumsäumte, wollene Jagdgewand brachte ihre schlanke Gestalt vorzüglich zur Geltung, und auf ihrem behandschuhten Handgelenk trug sie einen ihrer umhegten Falken. Mit schlichter Selbstverständlichkeit nahm sie mich bei der Hand und führte mich in den Garten, wo sie sich an einen Tisch setzte und mich sehr freundlich einlud, neben ihr Platz zu nehmen. Dann fragte sie mich in ihrem sanften, vertrauten Tonfall, wie ich die Nacht verbracht habe und ob es mir große Umstände bereite, die Kleider zu tragen, die die alte Pelargie für mich herausgelegt hatte, während ich schlief. Ich sah zu meinen eigenen Kleidern und Schuhen, die zum Trocknen auf der Gartenmauer in der Sonne lagen, hinüber und haßte sie. Wie scheußlich waren sie verglichen mit dem würdevollen Anzug, den ich jetzt trug. Das erklärte ich ihr lachend, aber sie stimmte mir sehr ernsthaft zu.
    »Wir werden sie wegwerfen«, sagte sie ruhig. Voller Erstaunen versuchte ich, ihr zu erklären, daß es mir nicht nur nicht einfallen konnte, mir Kleider von irgend jemandem geben zu lassen, obwohl es, nach allem, was ich bis jetzt erfahren hatte, in diesem Teil des Landes ein Brauch der Gastfreundschaft sein mochte, sondern daß ich auch eine unmögliche Figur abgeben würde, würde ich solcherart gekleidet nach Frankreich zurückkehren.
    Sie lachte und schüttelte ihr liebliches Haupt und sagte etwas in altfranzösisch, das ich nicht verstand. Dann kam Pelargie mit einem Tablett herausgeschlurft, auf dem zwei Becher Milch standen, ein Laib Weißbrot, Früchte, eine Scheibe Honig und eine Karaffe tiefroten Weines. »Sie sehen, ich habe noch nicht gefrühstückt, weil ich wollte, daß Sie mit mir essen. Aber ich bin sehr hungrig«, lächelte sie.
    »Ich würde lieber sterben, als auch nur ein Wort von dem, was Sie gesagt haben, vergessen«, brach es aus mir hervor. Brennende Röte stieg mir in die Wangen. »Sie wird mich für verrückt halten«, dachte ich bei mir, aber sie wandte sich mit leuchtenden Augen zu mir hin.
    »Ach«, murmelte sie, »Monsieur kennen also alle Regeln der Ritterlichkeit –«
    Sie bekreuzigte sich

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