Der Gerechte
Das ist Raniel. Das muß er einfach sein. Er ist etwas Besonderes. Ich habe es schon immer gewußt…«
Sie schwieg, weil sie etwas gesehen hatte, das auch uns aufgefallen war. In der Ferne leuchtete ein Licht. Relativ hoch über dem Boden stand es und gab in der Finsternis ein unheimliches Bild ab, denn es machte auf mich keinen vertrauenerweckenden Eindruck, wie man es eigentlich von einem Licht hätte erwarten können. Es war einfach nur da…
Das mußte an der Mühle sein. Für mich gab es keine andere Möglichkeit. Dieses Licht schimmerte an der Mühle und wies uns den Weg. Es lockte uns, aber es war auch unheimlich genug, um uns gleichzeitig abzustoßen. Wehren konnten wir uns nicht. Wenn die Kraft von diesem Licht ausging, waren wir in ihren Bereich geraten, und sie würde sich erst abwenden, wenn wir das Ziel erreicht hatten. Ich warf Suko einen Blick zu, über dessen Lippen ein leichtes Lächeln huschte.
Mein Freund hatte sich mit den Tatsachen abgefunden. Er war gespannt darauf zu erfahren, wie es weiterging.
»Was macht man mit uns?«
»Bitte, Janet, beruhigen Sie sich.«
Sie wußte plötzlich Bescheid und hielt mit ihrem Wissen auch nicht hinter dem Berg. »Er ist es, Mr. Sinclair. Es ist Raniel, daran glaube ich fest. Ja, er ist derjenige, der uns hier in die Pflicht genommen hat. Er kontrolliert uns. Er will den Tod.«
»Was reden Sie da!«
»Doch, er ist anders geworden.« Sie schlug die Hände vor ihr Gesicht, als hätte sie Furcht davor, eine gewisse Wahrheit zu erkennen. Es war gut so, daß sie sich ›versteckt‹ hatte. So konnten wir uns allein auf die Umgebung konzentrieren.
Suko versuchte es an der Tür, dreimal, dann schüttelte er den Kopf. »Sie läßt sich nicht öffnen, John!«
Ich probierte es bei mir.
Das gleiche Phänomen.
»Der hat uns voll unter seiner Kontrolle.«
»Kannst du wohl sagen, Suko.« Wieder sah ich aus dem Fenster. Die Landschaft hatte sich nicht verändert, aber die Mühle und damit das einsame Licht waren näher herangekommen. So nahe, daß wir bereits die Umrisse des Bauwerks sehen konnten.
Schräg über der Windmühle stand der Vollmond. Er glotzte herunter. Sein Schein hatte ein bleiches Muster um das Bauwerk gelegt und ließ es erscheinen wie eine unheimliche Filmkulisse.
Janet hatte auch von einem Teich gesprochen, der sich nahe der Mühle befand.
Ich entdeckte ihn, als ich nach links schaute. Er war deshalb gut zu erkennen, weil auf seiner Oberfläche eine Eisschicht lag, die sich von der Umgebung abhob.
Auch dort schimmerte ein heller Kreis, aber anders als der glotzende Mond.
Wenn die Reise nicht gestoppt wurde, landeten wir irgendwann vor den Außenmauern der Mühle.
Janet ließ die Hände sinken. Sie schüttelte den Kopf, sie schluckte und bewegte ihre Lippen, ohne daß sie etwas sagte. Ich wollte sie beruhigen, da stoppte die Fahrt.
Wir rutschten noch etwas vor. Der Rover drehte sich, dann stand er. Janet atmete laut auf. »Und jetzt?« fragte sie. »Wie soll es weitergehen? Was werden Sie tun?«
»Man erwartet uns.«
»Raniel?«
»Wahrscheinlich.«
Janet sah aus, als wollte sie mir nicht glauben. Aber sie schwieg. Sicherlich wußte auch sie keine bessere Lösung.
Im Fond öffnete Suko die Tür. Er lachte dabei. »Komisch, auf einmal klappt es.«
»Und ob.«
Er stieg aus.
Auch ich wollte die Tür öffnen, schnallte mich los und hatte die rechte Hand bewegt, als mir Janet ihre Finger auf den Arm legte. »Wollen Sie wirklich aussteigen, Mr. Sinclair?«
»Warum nicht?«
Sie bewegte ihren Mund, als wollte sie Staub schlucken. »Haben Sie denn keine Angst?«
»Jeder Mensch hat Angst. Auch ich merke, daß etwas in mir kribbelt. Aber ich bin gekommen, um den Fall zu lösen.« Während der Antwort hatte ich nach Suko Ausschau gehalten.
Er stand drei Schritte vom Rover entfernt und schaute auf das Gebäude. Janet hatte verstanden. »Einen Fall also. Das meinen Sie? Raniel ist also zu einem Fall für Sie geworden.«
»Ich kann es nicht leugnen.«
»Verdammt, was hat er denn getan? Wer ist er?«
»Gute Fragen, Janet. Ich bin nahezu versessen darauf, eine Antwort zu bekommen.«
»Ich habe Angst.«
»Wollen Sie im Wagen bleiben?«
»Nein, nein!« sagte sie schnell. »Nur das nicht. Ich will mit Ihnen gehen. Raniel ist einmal mein Freund gewesen. Vielleicht kann ich ihn zu etwas überreden.«
»Okay, aber bleiben Sie bei uns.«
Wir stiegen an verschiedenen Seiten aus. Gemeinsam schlugen wir die Türen zu.
Suko drehte den Kopf und
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