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Der Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag

Titel: Der Gesellschaftsvertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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einer so furchtbaren Einrichtung zu verhüten, auf das bis jetzt jedoch noch keine Regierung verfallen ist, wäre, sie nicht in steter Tätigkeit zu lassen, sondern Zwischenzeiten festzusetzen, in denen ihre Tätigkeit unterbrochen wäre. Diese Zwischenzeiten, die nicht so lange währen dürften, daß sich wieder Mißbräuche einschleichen könnten, müßten gesetzlich in der Weise bestimmt werden, daß es leicht wäre, sie im Notfalle durch außerordentliche Ermächtigungen abzukürzen.
    Dieses Mittel scheint mir ohne Nachteil, weil, wie gesagt, das Tribunat keinen Teil der Verfassung bildet und deshalb, ohne sie zu gefährden, aufgehoben werden kann; und ich halte es für wirksam, weil eine erst vor kurzem wieder eingesetzte Obrigkeit nicht von dem Punkte der Gewalt ausgeht, auf dem sich ihre Vorgängerin befand, sondern von dem, auf den das Gesetz sie stellt.

6. Kapitel
Von der Diktatur
    Die Unbeugsamkeit der Gesetze, die es ihnen unmöglich macht, sich den Ereignissen anzubequemen, kann sie in gewissen Fällen verderblich machen und dadurch bei einer Krise den Untergang des Staates verursachen. Die Ordnung und Schwerfälligkeit der Formen verlangen einen Zeitraum, den die Umstände bisweilen verweigern. Es können sich tausenderlei Fälle darbieten, für die der Gesetzgeber nicht Fürsorge getroffen hat, und gerade das Bewußtsein, daß man nicht alles vorhersehen kann, ist die allernötigste Voraussicht.
    Man darf deshalb nicht die Absicht hegen, die Staatseinrichtungen derart zu befestigen, daß man sich die Macht raubt, ihre Wirkung aufzuheben. Selbst Sparta setzte seine Gesetze zeitweise außer Kraft.
    Aber nur die größten Gefahren können die einer Änderung der Staatsordnung aufwiegen, und man darf deshalb die geheiligte Macht der Gesetze nur anhalten, wenn das Wohl des Vaterlandes es erfordert. In solchen seltenen und handgreiflichen Fällen sorgt man für die öffentliche Sicherheit durch einen besonderen Beschluß, der ihre Erhaltung dem Würdigsten überträgt. Dieser Auftrag kann je nach der Art der Gefahr auf zweierlei Weise erteilt werden.
    Genügt zur Abhilfe eine Vermehrung der Regierungstätigkeit, so vereint man sie in einem oder zwei Gliedern; auf diese Weise schädigt man nicht das Ansehen der Gesetze, sondern ändert nur die Form ihrer Verwaltung. Ist dagegen die Gefahr derart, daß der Gesetzesapparat seiner eigenen Sicherung im Wege stünde, dann ernennt man ein höchstes Oberhaupt, das alle Gesetze zum Schweigen bringt und für einen Augenblick die oberherrliche Gewalt aufhebt. In solchem Falle ist der allgemeine Wille nicht zweifelhaft, und die Hauptabsicht des Volkes geht offenbar darauf aus, daß der Staat nicht zugrunde geht. Die vorübergehende Aufhebung der gesetzgebenden Gewalt ist also keineswegs mit ihrer Abschaffung gleichbedeutend; die Obrigkeit, die sie zum Schweigen bringt, kann sie aber nicht zum Sprechen bringen; sie beherrscht sie, ohne sie vertreten zu können; sie vermag alles, nur keine Gesetze zu geben.
    Das erste Verfahren wandte der römische Senat an, wenn er den Konsuln unter einer feierlichen Formel den Auftrag gab, für das Heil der Republik zu sorgen. Das zweite fand statt, wenn einer der beiden Konsuln einen Diktator ernannte, [Fußnote: Die Ernennung geschah des Nachts und im geheimen, als ob man sich geschämt hätte, einen Menschen über das Gesetz zu stellen.] ein Gebrauch, zu dem Alba den Römern das Beispiel gegeben hatte.
    Im Anfang der Republik nahm man sehr häufig zur Diktatur seine Zuflucht, weil der Staat noch nicht eine so feste Grundlage besaß, daß er sich durch die bloße Kraft seiner Verfassung hätte erhalten können.
    Da die Sitten zu damaliger Zeit viele Vorsichtsmaßregeln, die zu einer anderen sehr notwendig gewesen wären, überflüssig machten, so fürchtete man weder, daß ein Diktator seine Gewalt nicht brauchen würde, noch daß er sich versucht fühlen könnte, sie über die Zeit hinaus zu behalten. Im Gegenteil schien eine so große Macht dem damit Bekleideten zur Last zu fallen, so schnell suchte er sich ihrer wieder zu entledigen; es hatte den Anschein, als wäre es für ihn ein zu mühseliges und gefährliches Amt gewesen, die Stelle der Gesetze einzunehmen.
    Auch tadle ich den allzu häufigen Gebrauch dieser höchsten obrigkeitlichen Würde in den ersten Zeiten nicht sowohl wegen der Gefahr ihres Mißbrauches, als wegen der Gefahr ihrer dadurch hervorgerufenen Herabwürdigung. Denn wenn man sie zur Abhaltung von Wahlen,

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