Der globale Eingriff
„Hoppla … los!“ zu rufen.
Ihre Theorie war offensichtlich, daß es unmöglich war, morbide Gedanken zu führen, während man auf einem galoppierenden Pferd saß.
Für einige Minuten gaben sie sich dem Rausch unerlaubten Galoppierens hin. Sie überholten drei penetrant lässige Managertypen, die auf schweren grauen Pferden dahintändelten. Eines der Pferde hatte eine weiße Blesse auf der Stirn, was bedeutete, daß sein Reiter ziemlich hoch in der Hierarchie der Firma stand. Eine Stufe höher, und ihm würde ein Auto zugestanden werden. Es wäre ihm dann erlaubt, die Hälfte seines Gehalts für Benzin auszugeben, so daß er auf den völlig verlassenen Landstraßen herumdonnern und den Neid aller seiner Freunde auf sich ziehen konnte, bis er über die Mine eines Räubers fuhr oder sich in die Statistik der Verkehrstoten einreihte wie die Menschen heute morgen …
Ärgerlich schüttelte er seinen Kopf. Es war möglich, auf einem galoppierenden Pferd morbide Gedanken zu führen.
Ein größerer Verkehrsknotenpunkt lag vor ihnen. Der Kreiselverkehr mit der winkenden, rufenden und klingelnden Masse der Radfahrer wurde von Fernsehkameras überwacht. Die Beobachter im Polizei-Hauptquartier, die Verkehrsdienst hatten, würden sich nicht allzu viele Gedanken über ein unschuldiges morgendliches Rennen machen, bei dem niemand gefährdet war. Wenn aber ein berittener Gehobener wie Ann oder er einen Arbeiter zu Fuß oder zu Rad niederreiten würde, dann wäre dies etwas ganz anderes. Vorfalle dieser Art – wie auch das Verteilen von gefälschtem Geld, wenn man sich einem allzu aufdringlichen Bettler entziehen wollte, oder öffentliches Lügen, um sich Unannehmlichkeiten zu ersparen – wurden als sehr ernste Verbrechen psychologischer Gewalt gegenüber seinen weniger glücklichen Mitmenschen gewertet. Solche Verbrechen waren in der Vergangenheit die direkten Ursachen von stadtweiten Aufständen gewesen, und Gehobenen-Übeltäter konnten sich glücklich preisen, wenn sie nur dazu verurteilt wurden, den Rest ihres Lebens als Treter auf dem Rad zu verbringen.
Malcolm hatte mit den Jahren Bescheidenheit gelernt und war noch nie waghalsig gewesen. Sie verminderten die Geschwindigkeit ihrer Pferde auf Schritt und machten sich bereit, in den Kreisel vorzustoßen.
Der Verkehr auf dem Kreisel, welcher vier Ein- und Ausgänge für die nichtmotorisierten Fahrzeuge besaß, hatte seinen morgendlichen Höhepunkt noch nicht erreicht. Für einen Moment beobachtete Malcolm die wirbelnde Masse der Radfahrer, dann bewegte er sein Pferd vorwärts, um neben ein Tandem zu gelangen, bei dem zwischen den beiden Erwachsenensitzen ein Kindersattel angebracht war. Sogar die Radfahrer mit den übelsten Manieren waren dazu geneigt, ein Familienrad vorbeizulassen. Heute war das aber leider nicht so.
Er hatte mit dem Gedanken recht gehabt, daß das Tandem den Kreisel an demselben Ausgang verlassen wollte wie er und Ann. Aber das Familienrad war gezwungen, auf die Innenspur auszuweichen, da ein zusammenhängender Pulk von Radfahrern den Eingang benutzte, der direkt vor dem Ausgang lag, den sie benutzen wollten. Ein paar Meter hinter ihm gelang es Ann, die ein schweres Lieferrad als Verkehrspuffer ausgewählt hatte, den richtigen Ausgang zu erwischen, aber Malcolm und das Familientandem mußten noch einmal ganz herum. Und noch einmal.
Malcolm ließ das Tandem vorfahren, um dahinter einen durchlässigen Punkt im Verkehrsstrom zu finden. Aber jedesmal, wenn er eine Lücke erspähte, wurde im letzten Moment ein Vorderrad gegen die Hinterbeine seines Pferdes gerieben, oder jemand schnitt ihnen in selbstmörderischer Manier den Weg ab. Nachdem er ein paar ausgewählte Sätze zu dem mißtönenden Lärm aus Klingeln, Hupen und geschrienen Flüchen beigetragen hatte, lenkte er sein Pferd in die Sicherheit der in der Mitte befindlichen Verkehrsinsel.
Er fühlte sich komisch und wußte auch, daß er komisch aussah, wie er so auf dem kreisrunden Grasfleck stand, während der Verkehr um ihn herumwirbelte. Aber sein Pferd zitterte trotz seiner angeborenen Sanftmütigkeit und obwohl es Verkehrsfluß gewohnt war. Es war weitaus besser, sich zeitweilig komisch zu fühlen, als die Kontrolle über ein Pferd in hohem Verkehrsaufkommen zu verlieren und die Konsequenzen dieser Tat erdulden zu müssen. Noch nie in seinem Leben war er einer solchen Verkehrslage begegnet, und mit einem Mal sah er auch den Grund dafür.
Ein stetiger Strom von Rädern, immer drei oder
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