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Der glücklose Therapeut - Roman

Der glücklose Therapeut - Roman

Titel: Der glücklose Therapeut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Shpancer
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schwieg. Er begann, auf dem Sofa vor und zurück zu schaukeln und mit gesenktem Blick sein Kissen zu umarmen.
    » Seine Gefühle zu verändern ist also, als würde man in die Sonne starren? « , fragte er plötzlich.
    » In die Sonne starren? « , sagte ich leicht überrascht.
    » Man kann nicht direkt in die Sonne schauen « , murmelte er.
    » Richtig « , sagte ich. » Man würde erblinden. «
    » Aber man kann direkt in die untergehende Sonne schauen « , sagte er leise. » Auch das ist schön. «
    Er hob nicht den Blick, um mich anzusehen, doch ich hörte einen neuen Klang in seiner Stimme, einen scharfen Unterton. Barry Long signalisierte mir etwas, doch ich konnte nicht ganz entschlüsseln, was.
    Ich beugte mich zu ihm und sagte: » Ich kann versuchen, Ihnen zu helfen, wenn Sie wollen, dass ich versuche zu helfen. «
    Er nickte ergeben. Dann hob er langsam den Kopf, als handle es sich um einen schweren, unhandlichen Gegenstand, und zum ersten Mal begegneten sich unsere Blicke.
    » Das Licht ist aus und niemand ist zu Hause « , sagte er.
    » Das Licht ist aus und niemand ist zu Hause « , wiederholte ich.
    Er nickte. » So fühle ich mich innerlich die ganze Zeit. «

7
    D u solltest dieses Seniorenzentrum sehen, mit dem wir gerade zusammenarbeiten, Pine Shades « , sagte Alex eines Abends zu mir. » Eine Fabrik, nichts anderes. Es gibt drei Abteilungen: eine für neue Bewohner, die noch unabhängig und bei Kräften sind, eine zweite für diejenigen, die hier und da ein bisschen Hilfe brauchen, und eine dritte für die Bewohner mit ernsten gesundheitlichen Einschränkungen wie zum Beispiel Demenz. Heute haben wir Mrs. Todd von der ersten Abteilung in die zweite verlegt. Du wirst es nicht glauben, aber es gibt einen Tunnel, der alle drei Gebäude miteinander verbindet, und alles geht über diesen Tunnel. Ihre Familie hat einen Ausflug mit ihr unternommen, und wir haben uns an die Arbeit gemacht und ihre Sachen aus ihrem Apartment in Haus eins auf große Karren gestapelt. Dann sind wir mit dem Aufzug in den Tunnel hinuntergefahren und in Haus zwei wieder nach oben und haben ihre Sachen in ihr neues Zimmer gebracht, das genauso aussieht wie ihr altes, nur kleiner, weil es keine Küche mehr gibt. Die Bewohner können nicht mehr mit dem Herd umgehen. Aus diesem Grund mussten wir ein paar Küchenutensilien und auch sonst noch einiges zurücklassen, und anfangs hat sie sich gesträubt. Es war schwer für sie. Sie ist jemand, der an allem festhält. Ich sagte zu ihr: ›Lassen Sie doch diesen Kochtopf. Lassen Sie nicht zu, dass er die Kontrolle über Ihr Leben gewinnt. Sie brauchen sich um diesen Kochtopf nicht zu kümmern. Er wird sich um sich selber kümmern.‹ Doch sie wollte nicht nachgeben. Schließlich sagte ich, wir würden alles einer Wohltätigkeitsorganisation geben, die sie unterstützt, der Stiftung zum Schutz Afrikanischer Elefanten. Erst dann hat sie nachgegeben. Nach dem Ausflug kam ihre Tochter noch einmal und bat uns, das Gewürzregal in das neue Zimmer mitzunehmen und auch noch ein paar Messbecher und so weiter. Obwohl es dort keinen Herd mehr gibt. Sie meinte, es werde vielleicht helfen, den Schock ein wenig zu mildern. Ihrer Mutter helfen, sich heimisch zu fühlen. Und so packten wir alles ein, einschließlich der Gewürze, und gingen in den Tunnel hinunter. Es war seltsam, als würden wir sie austricksen oder so. «
    Ich nickte. Ich sah Alex an. Ihre Augen leuchteten; an ihrer Schläfe zeichnete sich ein zartes Äderchen ab.
    Seit Sams Auszug hatte ich im Umgang zwischen Alex und mir eine gewisse Veränderung festgestellt. Ich freute mich, nach Hause zu kommen, und sie verließ das Haus – von dringenden Geschäften mit dem alten Dr. McCormick in Anspruch genommen. Inzwischen war sie oft zu beschäftigt, um zu Mittag zu essen. Auch abends blieb sie immer öfter länger im Büro, um irgendwelche alten Papiere durchzuarbeiten, die sie in Dr. McCormicks Ablage gefunden und durchzusehen versprochen hatte.
    Wie sich herausstellte, so erzählte mir Alex eines Abends, hatte er an der Ostküste einen Sohn, einen Piloten. Vor langer Zeit war es zu einem Streit gekommen, an dessen Einzelheiten sich Dr. McCormick jedoch nicht mehr recht erinnern konnte. Aus diesem Grund hatte er seinen Sohn seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Alex fand, dass sie sich dafür einsetzen sollte, die beiden wieder miteinander in Kontakt zu bringen, den Sohn in den Umzug einzubeziehen, da niemand wusste, wie viel Zeit seinem

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