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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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Eile ermüdet, begebe ich mich gegen Abend ins Bad: Siehe! da werde ich unterwegs meines alten Kameraden Sokrates ansichtig. Er saß auf der Erde, mit einem groben, lumpigen Mantel halb behangen, sich selbst fast nicht mehr ähnlich, totenblaß und ganz entstellt vor Magerkeit: kurz, vollkommen so wie die Stiefkinder des Glücks an den Ecken um Almosen zu bitten pflegen. In diesem erbärmlichen Zustande schämte ich mich meines Freundes und hätte fast getan, als kennte ich ihn nicht; doch ging ich endlich zu ihm hin: ›Um's Himmels willen, lieber Sokrates, was ist das?‹ rief ich, ›wie siehst Du aus? Sag mir, was hast Du angefangen? Du bist zu Hause als tot ausgeschrien, beweint; die Gerichte haben Deinen Kindern Vormünder bestellt, Deine Frau hat die Trauer um Dich schon wieder abgelegt und um Deinetwillen sich so abgehärmt und abgeweint, daß sie beinahe unkennbar und blind geworden ist; eben dringen alle Verwandten in sie, ihren betrübten Witwenstand lieber gegen die Freuden einer zweiten Ehe zu vertauschen – und mittlerweile seh ich Dich hier, zu unser aller größter Schande, wie ein leibhaftes Gespenst einherziehen?‹ – ›Ach, Aristomenes,‹ seufzte er, ›wie wenig mußt Du noch des Glückes Launen, Unbestand und Wechsel kennen!‹ – Und mit den Worten verbarg er sein Gesicht, das blutrot vor Scham geworden war, dergestalt in seine Lumpen, daß kaum noch seine Blöße bedeckt war. Ich konnte den jämmerlichen Anblick nicht ertragen. Ich packe ihn an und will ihn aufrichten; aber mit verhülltem Kopfe, wie er war, rief er: ›O laß mich; laß das Glück noch länger des Siegeszeichens genießen, das es sich selber aufgestellt hat!‹ – Ich bringe ihn demungeachtet noch dahin, daß er mir nachgibt, ziehe auch meinen Oberrock ab und bekleide – oder, um recht zu sprechen, bedecke – ihn geschwind damit und eile mit ihm ins Bad. Da stecke ich ihn in die Wanne und wässere ihn erst, schaffe indes Salbe und Reibtücher herbei und scheure ihm dann den alten Schmutz tapfer ab, und nachdem ich seiner also auf das Beste gepflegt, leite ich ihn, da er ganz entkräftet, so müde ich auch selbst war und so sauer mir's auch ward, nach einer Herberge, lege ihn zu Bett und gebe ihm zu essen und zu trinken und suche ihn durch allerhand Gespräche aufzumuntern. Schon waren wir auch wirklich guter Dinge, lachten, scherzten, stachen einander an, waren laut, als auf einmal mein Gast schmerzlich aus innigster Brust heraufseufzt, sich mit geballter Faust vor die Stirn schlägt und also anhebt:
    ›Ich Unglücklicher bin bloß durch die vermaledeite Lust, ein Fechterspiel zu sehen, wovon sehr viel Geredens gemacht wurde, in dies schmähliche Elend geraten! Denn, wie Du weißt, reist' ich, um mir ein bißchen Geld zu machen, nach Mazedonien, Kaum habe ich allda zehn Monate mein Wesen getrieben, so ist mein Beutel auch schon so wohl gespickt, daß ich mich wieder auf den Heimweg begebe. Allein wie ich dicht vor Larissa komme, wo ich durchwollte, um dort eben die verwünschten Fechterkämpfe mit anzusehen, fällt mich eine Straßenräuberbande in einem abgelegenen, winkligen Tale an, und ich muß alles, bis aufs Leben, im Stiche lassen. In dieser Not gelange ich zu einer alten braven Gastwirtin mit Namen Meroe. Ich erzähle ihr die Ursache meiner Wanderschaft, und wie ich nun beim Nachhausegehen alles meines sauer erworbenen Gutes beraubt worden. Sie hört meine ganze Geschichte voller Mitleiden an und nimmt mich höchst liebreich bei sich auf, setzt mir auch, und zwar unentgeltlich, eine wohlzugerichtete Mahlzeit vor; am Ende aber, von Brunst hingerissen, nimmt sie mich mit sich zu Bette, und damit war mein Unglück fertig! Denn in der
einen
Nacht hat mir's das Weib so angetan, daß ich ihr Saft und Kraft verschwendete, ihr auch selbst die Kleider, die mir die Räuber aus Erbarmen noch gelassen hatten, nebst allem dem hingab, was ich, da ich noch fortkonnte, durch Trödeln gewann; bis ich mich zuletzt, – Dank sei meinem bösen Geschick und diesem gutherzigen Weibe! – in dem Zustande befand, worin Du mich jetzt antriffst.‹ –
    ›Beim Pollux!‹ sprach ich, ›Du verdientest, daß es Dir noch schlimmer erginge, womöglich, als es bereits Dir geht, da Du so um schnöde Lust und um einer verhurten Vettel willen Weib und Kind vergessen hast!‹ – Ganz verdutzt fuhr er darüber voll Schreckens mit dem Zeigefinger sich hastig auf den Mund. ›St! st!‹ rief er mir zu, sah sich höchst schüchtern überall um

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