Sieben Erzaehlungen
DAS PROBLEM DES PARKENS
Ein Auto besitzen ist schön bequem, gewiß, doch es macht das Leben nicht leichter.
In der Stadt, in der ich wohne, erzählt man sich, daß ein Auto zu lenken einstmals eine einfache Sache gewesen sei. Die Passanten traten beiseite, die Fahrräder fuhren an den Seiten, die Straßen waren fast leer, nur hier und da ein Häufchen Roßäpfel, und man konnte halten, wo man nur wollte, sogar mitten auf Plätzen, und man hatte nur die Verlegenheit der Wahl. So sagen die Alten, mit einem melancholischen Lächeln, beladen mit Erinnerungen. Sollte es wahr sein? oder ist es nur eine legende, nur ein phantastisches Märchen, das der Mensch erfindet, wenn sich auf sein haus die Traurigkeit senkt und es schön ist, sich vorzustellen, daß nicht immer das Leben so dornenvoll wie heute war, daß es Stille gab und klare Abende? (Die arme auf die Fensterbank gestützt, ruhig die Seele, versunken in der Betrachtung der Welt dort unten, die nach einem tag der arbeit einschläft, nicht wahr?, und der anmutige Kopf von ihr, süß von den Schultern getragen, halbgeöffnet die lippen in der Verzückung des abends, und die Sterne über uns, die Sterne!) Dies, damit zu hoffen möglich sei, daß etwas aus fernen zeiten zurückkehre und daß dann der Strahl der Morgensonne, auf den rand des Kopfkissen fallend, uns wieder erwecke? heute hingegen, o Freunde, ist es eine Schlacht. Die Stadt ist aus zement und Eisen gemacht, ganz aus harten Kanten, die sich senkrecht erheben und ausrufen: nicht hier, nicht hier. aus Eisen müssen auch wir sein, um hier leben zu können, und im Innern des Körpers dürfen wir nicht zarte und warme Eingeweide haben, sondern Blöcke aus Beton, einen rauhen Stein im Gewicht von einem Kilogramm Komma zwei an der Stelle des sogenannten herzens, dieses lächerlichen aus der Mode gekommenen Instrumentes.
als ich zu Fuß zum Büro ging oder mit der Straßenbahn fuhr, konnte ich es mir bequem machen, verhältnismäßig, heute, das auto benutzend, nicht mehr. Denn man muß das Auto an irgendeinem Ort abstellen; und um 8 Uhr morgens eine freie Stelle längs der Bürgersteige zu finden, ist fast eine Utopie.
Daher stehe ich um x h 7, spätestens um 7 Uhr auf: Zähneputzen, Rasieren, Duschen, eine Tasse Tee, eiligst getrunken, dann schnell auf den Weg, Gott bittend, daß alle Verkehrsampeln grün seien.
Da sind wir nun. In erbärmlicher Sklavenangst mein Nächster, Männer und Frauen, ein Ameisengewimmel, sich abkeuchend, so schnell wie möglich das tägliche Gefängnis zu erreichen. (An Tischen und Schreibmaschinentischchen, ein wenig vorgebeugt, o weh, bald könnt ihr sie so sehen, in bestürzender Einförmigkeit des Lebens, das doch Romanze, Wagnis, Abenteuer, Traum hätte sein sollen, erinnert ihr euch an die Knabengespräche an der Brustwehr der Flüsse, die da unten hinab zum Ozean flossen?) Und die langen geraden Straßen haben schon auf beiden Seiten, so weit das Auge reicht, eine ununterbrochene Reihe leerer parkender Wagen. Wo werde ich einen Platz finden, um meinen abzustellen? Das Auto, ein Gelegenheitskauf, besitze ich seit einigen Monaten, ich bin noch wenig erfahren, und Parkplätze gibt es wenigstens sechshundertvierunddreißig verschiedener Kategorien, ein Labyrinth, in dem auch ein alter Fuchs des Steuers sich verirrt. Jede Mauer hat ihre Schilder, das ist wahr, aber man hat sie in kleiner Große gehalten, um nicht die Monumentalität, wie man sagt, der alten Straßen zu stören. Wer kann da die winzigen Unterschiede in Farbe und zeichnung entziffern?
Ich fahre suchend durch enge Seitenstraßen, mit meinem kleinen Wagen, der von hinten durch einen Katarakt von
Lastautos und Möbelwagen bedrängt wird, die mit fürchterlichem hupen verlangen, daß er ihnen Platz mache. Wo finde ich eine Stelle? Da unten, so wie eine Fata Morgana dem Beduinen der Wüste Seen und Springbrunnen vorspiegelt, öffnet sich die langhingezogene Flanke einer majestätischen Allee, völlig frei. Eine Täuschung. Gerade die großen leeren Räume, die unser Gemüt erfreuen sollten, sind die treulosesten. zu viel der Gnade. Man kann schwören, daß dahinter sich eine Falle verbirgt. Und tatsächlich ist dieser Raum tabu, weil sich hier der babylonische Palast des Finanzministeriums erhebt. hier den eigenen Wagen zu lassen, hätte Anzeigen, Beschlagnahmen, kostspielige und komplizierte Prozesse zur Folge, in manchen Fallen sogar Verurteilungen zu Gefängnisstrafen. Doch sieht man zuweilen dort unbewacht
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