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Shannara IV

Titel: Shannara IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Kapitel 1
    Der alte Mann saß allein im Schatten der Drachenzähne und beobachtete, wie im Westen das Licht des Tages der hereinbrechenden Dunkelheit wich. Es war ein kühler Tag gewesen, ungewöhnlich kühl für einen Sommertag, und die Nacht versprach kalt zu werden. Vereinzelte Wolken verdeckten den Himmel und warfen ihre Schatten auf die Erde. Eine Stille füllte die Leere, die durch das dahinschwindende Licht entstand, gleich einer Stimme, die darauf wartet zu sprechen.
    Es war eine Stille, die von Zauberei flüsterte, dachte der alte Mann.
    Ein Feuer brannte vor ihm, noch klein, gerade ausreichend für seine Zwecke. Schließlich würde er mehrere Stunden abwesend sein. Er starrte in das Feuer mit einer Mischung aus Erwartung und Unbehagen, bevor er sich bückte und die größeren Holzscheite hineinwarf, die die Flammen schon bald auflodern ließen. Er schürte es mit einem Stock, um dann, als die Hitze ihm entgegenschlug, zurückzutreten. Er stand am Rande des Lichtscheins, gefangen zwischen dem Feuer und der wachsenden Dunkelheit, ein Wesen, das sowohl zu beidem als auch zu keinem hätte gehören können. Seine Augen funkelten, als er in die Ferne blickte. Die Gipfel der Drachenzähne ragten in den Himmel und erinnerten an Knochen, die die Erde nicht zu umschließen vermochte. Es lag eine Stille über den Bergen, eine Verschwiegenheit, die ihnen anhaftete wie Reif einem frostigen Morgen und die Träume aller Zeiten verbarg.
    Funken stoben aus dem Feuer, und der alte Mann schlug nach einer umherschwirrenden Flocke glühender Asche, die sich auf ihm niederzulassen drohte. Er glich einem Bündel locker zusammengebundener Stäbe, das beim kleinsten Windhauch zu einem Häufchen Staub zusammenzufallen drohte. Sein graues Gewand und eine Decke hingen an ihm wie an einer Vogelscheuche. Seine lederne und braune Haut überzog tief zerfurcht und faltig seine Knochen. Das dünne, fedrige weiße Haar und der Bart umkränzten seinen Kopf und hoben sich gegen den Feuerschein wie Wattebäusche ab. Er war so runzlig und gebeugt, daß er aussah, als wäre er hundert Jahre alt.
    In Wirklichkeit war er fast tausend Jahre alt.
    Merkwürdig, dachte er plötzlich, als ihm all die Jahre in den Sinn kamen. Paranor, der Rat der Rassen, sogar die Druiden - alles Vergangenheit. Merkwürdig, daß ausgerechnet er alle überdauert haben sollte.
    Er schüttelte den Kopf. All das hatte sich vor so langer Zeit ereignet, lag so weit zurück, daß es ein Teil seines Lebens war, den er kaum noch wiedererkannte. Er hatte geglaubt, dieser Teil sei abgeschlossen, für immer vorbei. Er hatte geglaubt, frei zu sein. Jetzt wurde ihm klar, daß er das nie gewesen war. Es war nicht möglich, frei zu sein von etwas, das schließlich die Verantwortung dafür trug, daß er noch am Leben war.
    Wie hätte er sonst, trotz allem, abgesehen vom Schlaf der Druiden, immer noch hier stehen können?
    Ein Schauer durchlief ihn im schwächer werdenden Licht, die Dunkelheit umhüllte ihn jetzt ganz, da die Sonne am unteren Rand des Horizonts verschwand. Es war Zeit. Seine Träume hatten ihn wissen lassen, daß es jetzt sein mußte, und er glaubte seinen Träumen, weil er sie verstand. Auch das war ein Teil seines alten Lebens, der ihn nicht loslassen würde - seine Träume, Visionen von jenseitigen Welten, von Warnungen und Wahrheiten, von Dingen, die sein konnten und manchmal sein mußten.
    Er trat vom Feuer zurück und betrat den schmalen Weg, der zu den Felsen hinaufführte. Schatten umfingen ihn, deren Berührung ihn schaudern ließ. Lange Zeit ging er so, durch schmale Schluchten, um riesige Felsblöcke, entlang felsigen Abhängen und schroffen Spalten. Als er wieder ans Licht trat, stand er am Rande eines flachen, steinigen Tales, in dessen Mitte sich ein See befand, dessen glatte Oberfläche wie ein greller grüner Spiegel wirkte.
    Der See war der Ort, an dem die Schatten der Druiden zwischen Kommen und Gehen verweilten. Hierher, zum Hadeshorn, war er gerufen worden.
    »So soll es denn sein«, sagte er leise.
    Langsam und vorsichtig bewegte er sich hinunter zum Tal, sein Herz schlug bis zum Hals. Er war lange fort gewesen. Das Wasser vor ihm bewegte sich nicht; die Schatten schliefen. So war es am besten, dachte er. Es war am besten, sie nicht zu stören.
    Er erreichte das Ufer des Sees und hielt inne. Alles war ruhig. Er atmete tief ein, und die ausströmende Luft verursachte ein Geräusch wie raschelndes Laub. Er tastete nach seinem Beutel, den er um den Bauch

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