Der goldene Thron
hatte, dass Guillaume nicht daran dachte, zu fehlen?
Der Bote schien die geistige Abwesenheit seines Gastgebers bemerkt zu haben und fuhr erst fort, als Guillaume ihn mit einem Nicken dazu aufforderte.
»Auch für Eure Bereitschaft, zu mir nach England zu kommen, bin ich Euch dankbar, selbst wenn ich Euch die Genehmigung dafür zurzeit nicht erteilen kann. Der Justiziar, der Eure wertvolle Hilfe mehr als einmal lobte, kann Euren Rat nicht entbehren. Ich bitte Euch darum, zu bleiben und dem Bischof in meinem Interesse zu helfen. Meine ewige Dankbarkeit hierfür werde ich Euch zu einem späteren Zeitpunkt erweisen.
Ich füge die Abschrift eines Briefes bei, der von meinen englischen Lords angefertigt wurde, und bitte Euch, einen ebensolchen zu siegeln und die anderen Barone in Irland dazu zu bewegen, mir gleichfalls solche Versicherungen zuzusenden …«
Der Bote wies auf ein Dokument hin, das bereits auf dem Tisch von Guillaumes Schreiber lag, nickte dem Sekretär freundlich zu und nahm rasch noch einen Schluck Wasser, bevor er weiterlas:
»Ihr solltet besser für Euren Ältesten sorgen, der sich bei mir aufhält und dem es an Pferden, Ausrüstung und Kleidern mangelt. Ich werde auf eigene Kosten dafür Sorge tragen, dass er bekommt, was er benötigt, so Ihr damit einverstanden seid, und ihn schon bald einem Eurer Ritter aushändigen. Jean d’Erlée vielleicht oder einem seiner Männer. Solltet Ihr es anders wünschen, so lasst es mich schriftlich wissen, wenn Ihr wollt, dass er am Hof verbleibt und Ihr für seine Ausgaben aufkommen werdet. Ich werde ihn auf jeden Fall mit dem Nötigsten ausrüsten und das Geld dafür bei Gelegenheit von Euch zurückfordern.
Auch bitte ich Euch, nicht zu glauben, was Euch durch böse Zungen zugetragen wurde. Ich hatte niemals vor, den Jungen nach Poitou zu schicken, und war entsetzt, als mir der Justiziar von solchen Gerüchten berichtete …«
Isabelle wirkte ein wenig entspannter, als sie hörte, dass ihr Ältester bald freigelassen werden sollte. Nach der Rückkehr Jean d’Erlées und seinem Bericht über die Haft hatte sie sich vor Sorge beinahe die Augen um ihre Söhne ausgeweint. Auch Guillaume hatte um sie gebangt. Stiller und unbemerkt, doch nicht weniger ängstlich. Vor Kurzem schließlich hatte sein Nacken wieder gekribbelt. Ganz plötzlich und nicht sehr lange, dafür jedoch besonders heftig. Was, wenn John seinen Ältesten nur freiließ, weil seinem jüngeren Sohn etwas zugestoßen war?
»Und Richard?«, fragte er deshalb besorgt. »Was ist mit Richard?«
»Ich meine, gehört zu haben, dass der König ihn ebenfalls einem Eurer Ritter übergeben will«, antwortete der Bote freundlich und lächelte.
»Gut!« Guillaume atmete auf. »Sehr gut. Ich werde so rasch wie möglich dafür sorgen, dass die geforderten Briefe ausgefertigt werden.«
Statt sich unter die anderen Ritter in Guillaumes Halle zu begeben, nachdem er seinen Auftrag erfüllt hatte, stand der Bote noch immer wie angewurzelt vor ihm. Er hatte den Blick gesenkt und sah auf seine Füße, bewegte die Zehen und schien gebannt zu beobachten, wie sich das Leder seiner Schuhe dabei in Falten legte.
»Gibt es noch etwas?«, fragte Guillaume irritiert.
Der junge Ritter nickte, kratzte sich heftig hinter dem Ohr, als plagten ihn Läuse oder als ränge er mit sich, wie er beginnen sollte.
»Sprecht nur freiheraus!«, forderte Guillaume ihn auf.
»Ich habe noch eine schlechte Nachricht zu überbringen, Mylord.«
Guillaume fühlte, wie sein Herz plötzlich zu rasen begann.Das Kribbeln! Ob es doch nicht bedeutungslos gewesen war? Er bemühte sich um Fassung und räusperte sich. Seine Kehle brannte mit einem Mal wie Feuer. »Lasst mich nicht länger warten!«, drängte er.
Tiefes und ehrlich empfundenes Bedauern stand im Blick des Boten. »Sir Baudouin de Béthune, Mylord, er ist tot.«
»Wann?«, presste Guillaume hervor. Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren, er rang nach Atem und fuhr sich mit der Hand über den Nacken. Was hatte er wohl getan, während sein bester Freund seine Seele dem Herrn empfohlen hatte?
»Am Dreizehnten dieses Monats in Burstwick, Mylord, Genaueres weiß ich nicht, nur dass man ihn nach Meaux hat bringen lassen, um ihn dort zu beerdigen. Der König ist untröstlich. Ein schrecklicher Verlust, Mylord, für uns alle!«, fügte er leise hinzu. Sein Blick wanderte erneut auf seine Füße.
Guillaume wandte sich ab. Gewiss hatte man Baudouin nach Meaux verbracht, um
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