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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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war keiner von Johns Männern bereit, ihn des Verrats zu bezichtigen.
    John runzelte unwillig die Stirn. Wut und Enttäuschung, aber auch Neid, weil man den Maréchal bewunderte, standen ihm ins Gesicht geschrieben. Wie schwach musste er sich in diesem Augenblick fühlen und wie sehr Guillaumes Stärke als Bedrohung empfinden!
    »Ich fordere Erlée, FitzRobert, Sauqueville, Samford und Porcel als Geiseln von Euch und dazu die Feste von Donmas – als Pfand für Eure Treue!«, trumpfte er in trotzigem Ton auf und funkelte Guillaume an.
    Ein ungläubiges Raunen ging durch die Menge der Umstehenden. Alle Männer, die er genannt hatte, waren ehrwürdige Lords und Ritter, von denen nicht einer es verdient hatte, in Haft genommen zu werden.
    Guillaume holte hörbar Luft. John wusste genau, wie er ihn treffen konnte, wie viel ihm Jean d’Erlée bedeutete und wie sehr er die Treue jener anderen Männer schätzte, die ihm gleichsam zutiefst ergeben waren. John bewies erneut, wie nachtragend er war, denn er strafte Guillaumes Getreue auf diese Weise ein zweites Mal dafür, dass sie ihm einst den Gehorsam verweigert und ihren Herrn nicht im Stich gelassen hatten. Vielleicht hoffte er gar, dass sich wenigstens einer von ihnen weigern und Guillaume dadurch verraten würde.
    »Ich werde gehen, Mylord, wenn Ihr es wünscht. Ein Wort von Euch genügt!«, sagte Jean d’Erlée an Guillaume gewandt. »Und ich versichere Euch, die anderen werden es mir gleichtun.« Er verneigte sich vor seinem Herrn.
    »Sire!«, rief nun Geoffrey FitzPeter, der noch immer Justiziar von England war und einer von Johns bevorzugten Männern. Er verneigte sich vor seinem König. »Ein solches Pfand zu fordern,wird nicht nötig sein, Mylord, ich bin, ohne zu zögern, bereit, für die Treue des Maréchal zu bürgen!«
    Jeder Hauch von Farbe wich aus Johns Gesicht ob so viel Freundschaft für Guillaume.
    »Mylord«, ergriff nun Guillaume das Wort, nickte FitzPeter dankbar zu und verneigte sich vor dem König. »Ihr habt zwei meiner Söhne und meine sämtlichen Burgen in England in Eurer Gewalt«, erinnerte er John. »Doch wenn es Euer Wunsch ist, übergebe ich Euch auch meine Güter in Irland und die Söhne meiner Vasallen obendrein, denn ich bin ohne schlechte Absicht und Euch bei meinem Leben nach wie vor treu ergeben.«
    John war noch immer kreidebleich. Er rang um Fassung, murmelte nur ein paar unverständliche Worte und warf FitzPeter einen finsteren Blick zu.
    »Nicht Ihr bestimmt, Maréchal, sondern ich! Ich fordere, und Ihr gehorcht!«, erklärte er. »Ihr habt gehört, wen ich will, etwas anderes fordere ich nicht. Bis zu dem Tag, an dem Ihr mir sämtliche Männer ausgeliefert habt, halte ich die Feste von Donmas.« Hochmut und Triumph standen in Johns kalten Augen.
    »Wie Ihr befehlt, Sire«, antwortete Guillaume scheinbar ruhig. Wann endlich würde John begreifen, dass er ihm unrecht tat mit seinem Misstrauen?
    »Gib auf dich acht, Jean«, sagte Guillaume schweren Herzens und umarmte seinen ergebenen Freund, bevor dieser sich noch am gleichen Tag in die Obhut des Königs begab und schon bald nach England verbracht wurde.

Windsor im Winter 1210/1211
    W illiam!«, gellte Matilda und schrak vom schrillen Klang ihrer Stimme auf. Sie hörte nur ihren eigenen, stoßweise gehenden Atem, sonst war es still. Ein furchtbarer Albtraum hatte sie aufschrecken lassen. Ihr Sohn war in ihren Armen gestorben!
    Matildas Herz hämmerte noch immer so heftig, dass ihr Brust und Hals davon schmerzten. Sie riss die Augen weit auf und versuchte, ihren Sohn zu erspähen, doch in der tiefen Dunkelheit, die sie umgab, konnte sie nicht einmal den Umriss seines Körpers ausmachen.
    »William?«, rief sie ängstlich in die Schwärze hinein.
    Auch in ihrem Traum hatte sie ihn angerufen, hatte gefleht und gebettelt, er möge wieder zu sich kommen. Sie hatte ihn geschüttelt und seine Wange geküsst, wieder und wieder. Sie hatte nicht von ihm ablassen können, hatte ihre Nase in der Falte seines Halses vergraben, hatte geweint und vor Verzweiflung geschluchzt. Er durfte sie nicht allein lassen! Nicht hier! Nicht jetzt! Ein Sohn hatte nicht vor der Mutter zum Herrn zu gehen. Nicht ihr Sohn!
    Matilda ließ sich erschöpft zurück auf das muffige Stroh fallen, das sie notdürftig zusammengescharrt hatte, bevor die Nacht hereingebrochen war. Ihr ganzer Leib schmerzte, jeder Knochen tat weh, ihre Eingeweide brannten vom Hunger, und ihre Haut war so dünn, dass sie an manchen Stellen

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