Der Goldschmied
So berichtet ein unbekannter Notarius vom Beginn des Osmanisch-Maurischen Reiches. Heinrich der Löwe, Herzog zu Bayern, war der erste Christenführer, der zu einem Kreuzzug gegen die heidnischen Kalifen aufrief.
»Gott will es!«
Sein Ruf, Jerusalem von den Heiden zu befreien, wurde in der Christenwelt gehört. Der Welfe begann, Streiter aus ganz Europa um sein Banner zu scharen: Ritter von Adel, Abenteurer, Männer, deren einziger Besitz ihr edler Name war. Mönche, Huf- und Waffenschmiede, Pfeilmacher, Wachs- und Seifensieder, Spießschleifer, Wagen- und Pferdeknechte, Bader, Schild- und Lanzenträger. Sie alle kamen und mit ihnen das gleichermaßen mächtige Heer der Fahrensleute und Taschenspieler, Geschichtenerzähler, Gaukler und Possenreißer.
»Gott will es!«
Dieses erste Heer vornehmlich englischer und normannischer Christen sammelte sich in Le Puy. Sie wollten die Spitze derer sein, welche als Freiwillige in das Heilige Land aufbrachen. In den ersten milden Frühlingstagen des Jahres 1096 begann der lange Marsch. Keiner wollte zaudern, als es hieß, den Schlag gegen die so mächtig gewordenen Türken zu führen: Weder der Fürst von Otranto und seine normannischen Kriegsknechte noch der Herzog von Niederlothringen, Gottfried von Boullion, in dessen Gefolge Deutsche, Franzosen und Flamen als Mönche, Priester und auch Bischöfe seinem Banner folgten, und Robert von Flandern, dessen Tross nicht von mehr Huren begleitet wurde als andere Heeresteile, dafür aber von den schönsten. Hierin waren sich viele Zeugen jener Tage einig.
Ademar von Monteil, Bischof von Le Puy, und Raimund von Toulouse galten beide als fanatische Streiter der heiligen Sache, fromm und gleichzeitig unerbittlich in ihrem Hass gegenüber den Heiden aus dem Morgenland. Die beiden Kirchenmänner befehligten ein besonders starkes Heer gascognischer Kriegsknechte.
Ein Teil der Streiter begann die Reise in Le Puy, jener fruchtbaren Gegend um Velay. Ein weiteres Heer aus Kämpfern unter dem Befehl des eitlen Hugo von Vermandois, einer der Brüder des französischen Königs, zog unweit von Rouen Richtung Süden. Dem eitlen Rohling gelang es, eine Reihe von Feudalherren aus der Île-de-France, der Normandie, der Champagne und aus der Gegend von Anjou um sein Banner zu scharen. Selbst aus England, Dänemark und Schweden waren Ritter gekommen. Weit hinter der Gegend von Orleans stieß noch eine große Gruppe von Normannen dazu. Sie unterstanden dem Befehl von Bohemund von Tarent. Im Spätsommer vereinigten sich die Truppen, deren Reiter und Fußvolk so viel Staub aufwirbelten, dass die Späher der jeweils anderen Streitmacht sie bereits einen halben Tag vorher beobachten konnten. Einem endlos langen Lindwurm gleich, marschierte die gewaltige Streitmacht als immer länger werdende Karawane durch die dichten Wälder Frankreichs weiter in das gebirgige Arelater Land. Es vergingen Monate, bis die Spitze endlich die fruchtbare Lombardei erreichte. Zwei weitere Monate sollte es noch dauern, bis sie Rom erreichten. Dieses Heer schiffte sich über Wochen hinweg in Ostia ein, soweit der verlandete antike Hafen dies noch zuließ. Immer der lateinischen Küste folgend, umschifften Dutzende von Schiffen die südlichste Spitze Kataniens und überquerten das Adriatische Meer Richtung dalmatinische Küste. Dort gingen die heiligen Krieger an Land. Von Läusen geplagt, seekrank, voller Ekzeme, an Ruhr und Fieber krankend und in ständigen Gedanken nach der Heimat und der heimlichen Angst vor dem, was noch an Abenteuern vor ihnen liegen sollte, trieb sie doch nur ein Gedanke: »Befreit die Heilige Stadt von den Heiden!«
Und da war keiner, der an der großen Sache aller Christen zweifelte. Die Heerführer warben weitere Kämpfer an, kaum dass sie einen Fuß an der Küste des Dalmatischen Königreiches gelandet waren.
Die endlose Reise hatte auf allen Schiffen Tribut gefordert, und das nicht zu knapp: Krankheiten, Seuchen, Unfälle, der ständige Hunger und nicht zuletzt Desertion lichteten die Reihen. Zusammengeschlossen in kleinen Gruppen, durchquerte das Christenheer Griechenland, das Iconische Reich, um der Küste bis Konstantinopel zu folgen. Dort huldigten die Kreuzritter nach dem Lehnsbrauch dem byzantinischen Kaiser. Damit versprachen sie, die eroberten Gebiete unter seine Hoheit zu stellen. Die Byzantiner stellten dafür Mannschaften für den Feldzug und Verpflegung. Aber sie taten es mit unverhohlenem Widerwillen. Sie verachteten die plumpen
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