Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
dorthin zurück, wo sie vermeintlich wenigstens ihr Leben retten können. Und das ist in der Nähe des Gorillawaldes, der nun noch schneller zu Kohle wird, da er immer mehr Nachschub für Feuerstellen liefern muss. Die Flüchtlinge lagern in offiziellen und inoffiziellen Camps und werden nach Möglichkeit durch die UN und andere Hilfsorganisationen versorgt. Sie hausen unter Plastikplanen oder in eilig errichteten Strohhütten. Wer Glück hat, findet einen Blechverhau oder eine Lehmkate, in die er sich vor dem Regen flüchten kann. Gingen vor der Attacke der Rebellen täglich zehn bis 20 Köhler in den Wald, sind es jetzt 100, vielleicht noch mehr. Überall steigt der Qualm der Meiler in den Himmel. Es sieht so aus, als ob der Park endgültig verloren ist.
Robert blickt mit Sorge Richtung Mikenosektor. Er küm mert sich um die Ranger, die immer noch in ihrem Flüchtlings lager in Goma leben. Er organisiert Hilfe von Flüchtlingsor ganisationen, medizinische Unterstützung, Lebensmittel und Zelte. Dass Robert da ist, trotz der Bedrohung nicht flieht, gibt ihnen Mut. So wie ein Gorillajunges ohne Zuwendung stirbt, so kann niemand im Osten des Kongos überleben, wenn er nicht auch nur einen Funken Zuversicht verspürt. Angesichts der widrigen Umstände kann sich dieser schon an der kleinsten Unterstützungsgeste entzünden. Und dann bricht auch noch Cholera aus. Außerdem grassieren Masern und Keuchhusten. Für viele der geschwächten Menschen, die unter sehr schlechten Bedingungen leben, ein Todesurteil.
Robert hört Gerüchte, dass Nkundas Rebellen das Geschäft mit den Gorillas entdeckt haben. Sie führen Touristen aus Ruanda zu den an Menschen gewöhnten Gruppen und kassieren harte Dollars dafür. Das ist schlecht, weil die Gorillas damit dem Unterhalt der Rebellenarmee dienen. Je länger die Rebellen den Mikenosektor besetzt halten, desto länger bleibt auch die Zukunft der Affen ungewiss, da die Ranger sie nicht regelmäßig besuchen und Wildererschlingen aus den Büschen entfernen können. Außerdem halten nur die Ranger die Köhler davon ab, ihre Meiler zu errichten. Andererseits ist es auch gut, weil die Gorillas somit einen Wert für die Rebellen darstellen. Solange das so bleibt, werden sie sich schon darum kümmern, dass Kabirizi und seinen Artgenossen nichts geschieht.
Trotzdem sorgen sich Robert und die Ranger sehr. Niemand weiß, wie es den Gorillas geht. Dass keine Nachrichten gute Nachrichten bedeuten, beruhigt sie nur unwesentlich. Die bangste Frage, die sie sich stellen: Haben Kabirizi und seine Sippe die Kämpfe in ihren Wäldern unbeschadet überlebt? Schon häufiger sind die Affen zwischen die Fronten geraten, und mehr als einmal hat das einen Berggorilla das Leben gekostet. Granaten töten nicht zielgerichtet. Und wenn ein Trupp Soldaten auf eine Gruppe Gorillas stößt, deren Silberrücken seinen Pflichten nachkommt und seine Familie zornig verteidigt, dann drücken die meisten Bewaffneten schnell ab. Sie wissen nicht, dass der Gorilla in der Regel nicht wirklich angreift, nicht sofort zuschlägt oder beißt. Sie verstehen nicht, dass er ihnen nur zeigen will, wie stark er ist und dass sie ihn und seine Sippe in Ruhe lassen sollen. Sie haben nur Angst vor dem Ungetüm, das da aus den Büschen über sie hereinbricht, und ihre Furcht entlädt sich schnell in einer Gewehrsalve.
Wie und wo Kabirizi die Gefechte zwischen Rebellen und kongolesischer Armee übersteht, weiß niemand. Wahrscheinlich hat der erfahrene Silberrücken seine Sippe einfach erneut weiter die Hänge hinaufgeführt. Er kennt die donnern den Geräusche von Geschützen und weiß, dass es unruhig im Wald wird, wenn sie näher kommen. Dann explodieren Granaten zwischen den Stämmen und schlagen Splitter aus dem Holz. Dann huschen viele Menschen durchs Dick icht. Da ist es besser, sich zurückzuziehen. Höhe verleiht Sicherheit, denn da wo es steil wird, da kommen die Menschen nicht hin. Und, das weiß Kabirizi zwar nicht, wo keine Menschen sind, da explodieren auch keine Geschosse. Der Silberrücken weiß aber, dass es in der Höhe ruhiger ist. Deshalb wird er wohl dorthin gewandert sein. Solange die Gorillas dort genug zu fressen finden, halten sie es lange aus.
Emmanuel de Merode verhandelt mit Nkunda und erreicht ein kleines Wunder. Denn der Rebellengeneral erteilt schließlich die Erlaubnis, dass die Ranger gemeinsam mit UN-Truppen zu den Gorillas dürfen. Eine Zählung ergibt, dass die Berggorillas den Krieg bislang gut
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