Der Gott des Todes (Reich der Götter #1) (German Edition)
gewonnenes Spiel.
„Selbst ein Gott kann nicht so viel Glück haben, dass er immer gewinnt“, meinte Azur.
„Wieso sollte er Glück brauchen? Er ist allmächtig!“
„Und wieso nennen wir ihn dann Gott des TODES? Wieso bleibt er stets in der Unterwelt?“
Azur hat recht, ging es Kerdis durch den Kopf. Wieso nennt man ihn nicht nur Gott? Gibt es jemanden, der noch mächtiger ist als er selbst? Kann es wahr sein, dass er nicht allmächtig ist? Eine interessante These, die nur ein Narr wie Azur überprüfen würde.
„Selbst, wenn er nicht allmächtig ist, ist er dennoch ein Gott“, stellte Kerdis fest.
„Das ist richtig. Aber um sich eines Sieges vollkommen sicher zu sein, müsste auch ein Gott betrügen!“
Kerdis war noch immer nicht überzeugt. „Selbst, wenn er betrügen würde, wer sollte ihn davon abhalten? Er ist schließlich der Gott des Todes! Der Herrscher der gesamten Unterwelt. Er ist verdammt noch mal ein Gott! Das mächtigste Wesen, das es jemals gegeben hat und je geben wird!“, schrie er hysterisch und sprang ein Stück nach hinten, wild mit seinen Armen wedelnd.
Azur zog ihn wieder zu sich heran, hielt ihm den Mund zu und stieß dabei ein lautes „Pssst“ hervor. Erst als Kerdis sich beruhigt hatte, ließ er dessen Mund wieder los. Ganz leise lauschte Kerdis seinen Worten.
„Er hat eine große Schwäche“, flüsterte Azur ihm ins Ohr.
„Du meinst also, dass ein Gott eine Schwäche hat? Das glaubst du tatsächlich?“
„Egal wie mächtig er auch sein mag, er ist ein Opfer seines Anspruchs also seiner eigenen Würde. Niemals würde er zugeben, jemals bei einem Spiel betrogen zu haben.“
„Stimmt. Und, was willst du dagegen unternehmen? Ihm sagen, dass er betrogen hat und darauf hoffen, dass er es zugibt und dich anschließend nicht nur verschont, sondern dir dein einstiges menschliches Leben zurückgibt? Du wirst seine Meinung nie ändern können. Nie, nie, nie.“
Azur antwortete nicht. Er ging zu einem vertrockneten Baum in der Nähe, griff nach einem der Zweige und brach ihn mit Leichtigkeit ab. Die Spitze des Astes drückte er in den sandigen Boden und zog eine lange Linie zwischen sich und Kerdis.
„Was machst du da?“, fragte Kerdis verwirrt.
Azur beantwortete weder seine Frage noch blieb er stehen. Stattdessen zog er die Linie weiter und Kerdis wurde mit jeder Sekunde neugieriger. Ohne ersichtlichen Grund blieb Azur plötzlich stehen.
„Glaubst du, dass diese Linie lang ist?“, fragte er.
„Natürlich ist die Linie lang, sie ist länger, als ich groß bin. Die viel wichtigere Frage ist jedoch: Warum machst du diesen Schwachsinn überhaupt?“
Trotz der offensichtlichen Beleidigung lächelte Azur. „Ich sage, dass ich sie kurz machen kann, ohne sie zu berühren.“
„Das ist unmöglich! Sie wird nur dann kurz, wenn du sie zerstörst, andernfalls wird sie immer lang bleiben. Und dazu musst du sie berühren“, trumpfte Kerdis auf.
Azur strich erneut mit dem Ast auf dem Boden entlang und zog eine zweite Linie daneben. Es dauerte eine Weile, bis er zufrieden war. Die zweite Linie war mindestens dreimal so lang. Kerdis verstand, dass Azur Recht hatte. Verglichen mit der neuen Linie war die erste nun kürzer, auch ohne durch eine Berührung verändert worden zu sein.
„Ich konnte deine Meinung ändern. Und dem Gott des Todes wird auch nichts anderes übrig bleiben, als seine zu ändern“, sagte Azur.
Kerdis besah sich die beiden Linien. „Und du glaubst tatsächlich, dass dein kleiner Trick beim ihm funktionieren wird?“
„Was du glaubst, ist mir egal.“ Selbstsicher stapfte Azur los.
Kerdis blieb für einen Moment verdutzt stehen. Es war töricht zu glauben, man könne gegen den Gott des Todes gewinnen. Früher oder später würde auch Azur zu dieser Erkenntnis kommen, doch dann würde es bereits zu spät sein. Letztendlich spielte es für Kerdis keine Rolle, ob Azur es tatsächlich schaffte oder nicht, denn in beiden Fällen würde es ihn prächtig unterhalten und das war das Einzige, was ihn interessierte. Er spreizte seine Flügel und flog Azur das kurze Stück nach, das er vorgelaufen war. Als Kerdis sich ihm näherte, bemerkte er zwei Dinge. Zum einen benutzte Azur statt der Flügel seine Beine, wie ein Sterblicher. Zunächst dachte Kerdis, Azur würde Schwung holen oder von einer Düne aus fliegen, doch er ging einfach weiter, als wäre es ganz normal. Zum anderen bewegte sich Azur in die falsche Richtung. Eine Weile beobachtete Kerdis ihn nur
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