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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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vorbei. Der Proviant ging zu Ende, und wir aßen die Hunde. Die Hunde gingen zu Ende, und wir aßen das Geschirr, die Mokassins und die Pelze. Nie eine Klage – nie ein ›Heb-mich-auf-und-trag-mich‹. Ehe wir loszogen, hatte sie gesagt: ›Achte auf den Proviant!‹ Als es aber zu spät war, bekam ich nie ein ›Ich sagte ja‹ zu hören. ›Mach dir nichts draus, Tommy‹, sagte sie Tag für Tag, und dabei war sie so schwach, daß sie kaum einen Schneeschuh heben konnte, und ihre Füße waren das reine blutige Fleisch. ›Mach dir nichts draus. Ich will lieber Hunger leiden und deine Frau sein, als täglich einen Potlach halten und Häuptling Georges Klooch sein.‹ George war Häuptling der Chilcoots, und er war ganz wild nach ihr.
    Es war eine herrliche Zeit. Ich war selber ein tüchtiger Kerl, als ich ins Land kam. War von einem Walfänger, dem ›Polarstern‹, in Unalaska durchgebrannt und arbeitete mich auf einem Otternjäger nach Sitka hinunter. Und da traf ich Jack, den Glücklichen – kennst du ihn?«
    »Er bewahrte meine Habseligkeiten am Columbia für mich auf«, antwortete Dick. »Ein bißchen wild war er wohl, aber er hatte irgendwo in seinem Herzen eine Schwäche für Whisky und Weiber.«
    »Sehr richtig. Ich reiste mit ihm einige Jahre als Händler – in Decken und ähnlichem Zeugs. Dann kriegte ich selbst ein Boot, und um ihm keine Konkurrenz zu machen, ging ich nach Juneau. Dort traf ich Killisnoo – der Einfachheit halber nannte ich sie Tilly. Ich lernte sie auf einem Ball am Strande kennen. Häuptling George hatte gerade seine Geschäfte mit den Sticks jenseits der Pässe abgeschlossen und kam mit der Hälfte des Stammes von Dyea herunter. Es waren eine Menge Siwashs auf dem Ball, und ich war der einzige Weiße. Keiner kannte mich, außer ein paar jungen Leuten, die ich bei Sitka getroffen hatte, aber Jack erzählte mir von den meisten von ihnen.
    Sie sprachen alle Chinook, und keiner von ihnen ahnte, daß ich das besser radebrechen konnte als die meisten. Vor allem waren da zwei Mädels, die aus Haines Mission am Lynn-Kanal weggelaufen waren. Ein paar recht hübsche Dinger, und ich dachte erst daran, mit ihnen anzubändeln; aber sie waren frisch wie eben gefangene Dorsche. Sie hatten zuviel Kanten, weißt du. Da ich fremd war, machten sie sich über mich lustig, denn sie wußten ja nicht, daß ich jedes Wort, das sie sagten, verstand.
    Ich ließ mir nichts anmerken, sondern tanzte mit Tilly, und je mehr wir tanzten, desto besser gefielen wir einander. ›Ist nach einer Frau aus‹, sagt eines von den jungen Mädchen, und das andere rümpft die Nase und antwortet: ›Da hat er nicht viel Aussichten; Mädchen wollen ausgewachsene Männer haben.‹ Und die Indianermänner und -weiber, die umherstanden, grinsten und kicherten und ließen die Worte weitergehen. ›Ein recht netter Junge‹, sagt die erste. Ich leugne nicht, daß mein Gesicht noch ziemlich glatt und jung war, aber ich hatte schon lange auf gleichem Fuße mit andern Männern verkehrt, und ich ärgerte mich. ›Er tanzt mit Häuptling Georges Mädel‹, zwitschert die andere. ›Gleich wird George ihm eines mit seiner Paddel versetzen und ihn nach Hause schicken.‹ Bis jetzt hatte Häuptling George ziemlich finster dreingeschaut, jetzt aber lachte er und schlug sich auf die Knie. Er war ein großer, kräftiger Bursche und hätte sich nicht gescheut, die Paddel zu gebrauchen.
    ›Wer sind die beiden Mädels?‹ fragte ich Tilly, während wir in einem schnellen Reel mitten über den Tanzplatz wirbelten. Und sobald sie mir ihre Namen genannt hatte, erinnerte ich mich alles dessen, was ich von Jack, dem Glücklichen, über sie gehört hatte. Ich kannte ihren ganzen Stammbaum – ja, und noch einiges, was er mir erzählt hatte, und was nicht einmal ihr eigener Stamm wußte. Aber ich hielt den Mund und machte Tilly den Hof, während sie alle zusammen ungehörige Bemerkungen machten und johlten. ›Wart nur, Tommy‹, sagte ich bei mir. ›Wart nur!‹
    Und so wartete ich denn, bis der Ball beinahe zu Ende war. Als wir aufhörten, dachten alle, daß es jetzt Spektakel gäbe, aber ich marschierte so ungeniert wie nur was mitten durch sie hindurch. Die jungen Mädchen von der Mission hatten ein mächtig loses Mundwerk, und obwohl ich wütend war, mußte ich doch die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu grinsen. Dann wandte ich mich plötzlich zu ihnen.
    ›Seid ihr nun fertig?‹ fragte ich.
    Du hättest sie sehen sollen, als sie mich

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