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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Chinook reden hörten. – Und dann brach ich los. Ich erzählte ihnen alles, was ich von ihnen und ihren Vorfahren wußte; von ihren Vätern und Müttern, ihren Schwestern und Brüdern, von all und jedem!
    Jeden Streich, den sie begangen, jede Klemme, in die sie geraten, jede Schande, die sie betroffen. Und ich drosch auf sie los, ohne Furcht und Barmherzigkeit. Alle scharten sich um uns. Noch nie hatten sie einen weißen Mann in ihrem Kauderwelsch schwatzen hören, wie ich es tat. Alle grinsten außer den beiden Mädels von der Mission. Selbst Häuptling George vergaß seine Paddel, oder ich imponierte ihm zu sehr, als daß er sie gebraucht hätte.
    Die Mädels aber riefen: ›Ach, nein, Tommy‹, und die Tränen liefen ihnen über die Backen. ›Ach, hör jetzt auf. Wir wollen auch brav sein – bestimmt, Tommy, bestimmt!‹ Aber ich kannte sie, wie gesagt, gut, und ich traf all ihre Schwächen. Ja, und ich hörte nicht auf, ehe sie auf den Knien vor mir lagen und mich baten und bettelten, daß ich schweigen möchte. Da sah ich zu Häuptling George hinüber, aber er wußte nicht, ob er mich verprügeln sollte oder nicht, und so ging er denn mit einem hohlen Lachen darüber hinweg.
    So war die Geschichte. Als ich mich abends von Tilly trennte, sagte ich ihr, in ein oder zwei Wochen würde ich kommen und mich freuen, wenn ich sie wiedersehen könnte. Diese Art ist nicht dickfellig, wenn es gilt, Sympathie und Antipathie zu zeigen, und als die ehrliche Haut, die sie war, fürchtete sie sich nicht, ihre Freude sehen zu lassen. Und ich wunderte mich nicht, daß Häuptling George ganz wild nach ihr war.
    Für mich eine Kleinigkeit. Vom ersten Augenblick an nahm ich ihm den Wind aus den Segeln. Ich hätte sie am liebsten gleich in mein Boot und mit nach Wrangel genommen, bis alles vorüber gewesen – dann hätte er sich die Finger wischen können. Aber so leicht sollte ich sie doch nicht bekommen. Sie wohnte bei einem Onkel oder so was – Vormund muß man ihn wohl nennen – , und er war offenbar dabei, an galoppierender Schwindsucht oder einer andern Lungensache zu krepieren. Es ging ihm bald besser und bald schlechter, und sie wollte ihn nicht verlassen, ehe es vorbei war. Bevor ich weg mußte, ging ich in sein Zelt, um mir ein Urteil zu bilden, wie lange es noch dauern würde, aber der alte Schuft hatte sie Häuptling George versprochen, und sobald er mich erblickte, kriegte er vor Wut einen Blutsturz.
    ›Komm und hol mich, Tommy‹, sagte sie, als wir uns am Ufer Lebewohl sagten. ›Ja‹, antwortete ich, ›sobald du mir Bescheid schickst.‹ Und ich küßte sie wie ein Mann und Verliebter, und sie zitterte wie Espenlaub, ja, und ich war so außer mir, daß ich dem Onkel am liebsten hinübergeholfen hätte. Und so reiste ich denn nach Wrangel, bei St. Mary vorbei, ganz bis nach Queen Charlotte, handelte mit Whisky und benutzte das Schiff zu allen möglichen Dingen. Der Winter war gekommen, klar und kalt, und als die Botschaft eintraf, war ich wieder in Juneau. ›Komm!‹ sagt der Kerl, der sie mir bringt. Killisnoo sagt: ›Komm sofort!‹ – ›Was ist passiert?‹ frage ich. ›Häuptling George‹, sagt er. ›Potlach. Killisnoo wird Klooch.‹
    Ja, es war schneidend kalt. Ein Nordsturm heulte; das Salzwasser gefror, sobald es auf Deck tropfte, während der alte Kahn und ich uns die hundert Meilen bis Dyea gegen den Sturm anarbeiteten. Bei der Abfahrt hatte ich einen Mann von der Douglas-Insel als Besatzung. Auf halbem Wege aber wurde er vom Bug des Bootes über Bord gespült. Ich ging über Stag und kreuzte den Kurs zurück, konnte aber keine Spur mehr von ihm entdecken.«
    »Er hatte wahrscheinlich vor Kälte Krämpfe gekriegt«, unterbrach Dick die Erzählung, während er einen von Mollys Röcken zum Trocknen aufhing, »und da ging er wie Blei unter.«
    »Das dachte ich mir auch. So mußte ich denn die Reise allein machen, und ich war halb tot, als ich im Dunkel der Nacht Dyea erreichte. Mit Hilfe der Strömung setzte ich das Boot in Lee des Flusses aufs Trockene. Ich konnte nicht einen Zoll breit weiterkommen, denn das Süßwasser war bis auf den Grund gefroren. Falle und Taljen waren in Eis eingekapselt, so daß ich weder Großsegel noch Klüver zu bergen wagte. Zu allererst zog ich mir eine Whiskyflasche von der Ladung zu Gemüte – und dann stürzte ich, alles klar zur Abfahrt stehen- und liegenlassend, in eine Decke gewickelt nach dem Lager. Dort war ein mächtiges Fest im Gange – das war nicht zu

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