Der Grabritter (German Edition)
ihnen kein Fehler mehr unterlaufen.
Kurz vor Mittag kam Kerner in Bonn an. Er stieg in ein Taxi und fuhr auf direktem Weg zum BKA nach Meckenheim. Christa saß hinter ihrem Schreibtisch und sah auf als Kerner hereinkam. Über die Geschehnisse in Offenburg hatte Herzog sie bereits informiert. Ohne ein Wort stand sie auf und umarmte Kerner. Auch Kerner schwieg. Es war auch nicht nötig etwas zu sagen, aber Christas Umarmung tat gut. »Ist Herzog in seinem Büro?«, fragte Kerner schließlich. »Gehen Sie ruhig hinein«, antwortete Christa. »Ich bringe Ihnen einen Kaffee.«
Herzog telefonierte gerade und zeigte , als Kerner hereinkam, nur auf die kleine Sitzgruppe in der Ecke des Büros. Er sprach gerade mit dem Dienststellenleiter der Kripo in Offenburg, der offenbar noch keine brauchbaren Ergebnisse in dem Fall hatte. Nachdem das Gespräch beendet war, wandte sich Herzog Kerner zu und sah ihn an. »Sie sehen furchtbar aus.« Kerner rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Ja, ich weiß, Herr Kriminalrat. Ich bin seit achtundvierzig Stunden auf den Beinen. Christa bringt mir gleich einen Kaffee. Ich wollte unbedingt mit den Unterlagen der Gerichtsmedizin sofort zu Ihnen kommen, damit wir schon mal einige Dinge in die Wege leiten können. Ich kann diese ganze Schweinerei noch immer nicht glauben . Es muss einen Maulwurf geben. « Herzog wusste, dass es im Moment wenig Sinn machte, Kerner zuerst einmal eine Mütze Schlaf zu verordnen. Er würde jetzt ohnehin nicht darauf hören. Der Kriminalrat zuckte mit den Schultern und ging zu Kerner an den Tisch. »Also gut, machen wir uns an die Arbeit.« Kerner breitete die Unterlagen auf dem Tisch aus und holte den Stahlsplitter, den ihm der Professor mitgegeben hatte, aus dem Plastikbeutel . »Professor Reich war sich einigermaßen sicher, dass dieser Splitter von der Waffe stammt, mit der dem Mann im Sarg der Kopf abgetrennt wurde. Außerdem meinte er, dass es sich um eine sehr große Waffe handeln müsse. Es waren keinerlei Schnittspuren am Gewebe vorhanden. Der Kopf und auch die Hand sind mit einem einzigen Hieb abgeschlagen worden. Es dürfte sich demnach um einen Säbel oder ein Schwert oder dergleichen handeln. Der Professor hat uns die Adresse eines Waffenkundlers mitgegeben, der seiner Aussage nach führend auf diesem Gebiet ist und der den Splitter für uns untersuchen könnte. Vielleicht lässt sich die Waffe ja noch näher bestimmen.«
Herzog nickte. »Ja, das könnte uns vielleicht weiterhelfen. Geben Sie Christa die Sachen, damit Sie einen Kurier nach Wien schickt. Ich möchte auf keinen Fall riskieren, dass wir noch eines unserer wenigen Beweismittel verlieren.« Kerner sah den Kriminalrat an und suchte nach einem Vorwurf in seinem Gesicht. Herzog bemerkte es und erriet sofort die Gedanken seines Hauptkommissars. »Nein, Kerner, es gibt keinen Vorwurf gegen Sie. Nicht was die beiden Morde betrifft und auch nicht wegen den gestohlenen Beweismitteln. Es war im Vorfeld für keinen von uns ersichtlich, dass dieser Fall Sicherheitsmaßnahmen in großem Umfang erfordert.« Er nahm seine Brille ab und sah Kerner eindringlich an. »Aber man hat es uns auf grauenvolle Weise klargemacht. Die Leute, mit denen wir es hier zu tun haben, kennen keine Skrupel. Und wie es aussieht haben sie einen Informanten. Also gilt ab sofort für alles, was mit der Sache zu tun hat, höchste Sicherheitsstufe. Auch für den Fall, dass ich mich wiederhole, Sie sind in keiner Weise verantwortlich für den Tod Ihres Kollegen oder des Professors. Aber diejenigen, die das getan haben, … die will ich. Verdammt noch mal, die will ich!« Herzogs Worte klangen eisig und energisch. So hatte Kerner den Kriminalrat schon bei seiner Einstellung kennengelernt. Er gehörte nicht zu den Paragraphenreitern, die versuchten, auf möglichst geschmeidige Art ihrer eigenen Karriere zu dienen. Oft war er großzügig in kleinen Dingen, und fünf konnte für ihn durchaus einmal eine gerade Zahl sein. Wenn es aber um mehr ging, um schwere Delikte, um Mord, dann war dieser Mann gnadenlos. Ein Pardon gewährte er nicht.
Kerner nickte langsam. »Dann denken wir exakt das Gleiche, Herr Kriminalrat, und wir werden sie kriegen.« Er holte das Foto mit dem Brandzeichen auf der Brust des Toten aus der Akte und zeigte es Herzog. »Sehen Sie sich das an. Es ist fast das gleiche Zeichen wie auch auf dem SS-Ring. Nur sind die Knochen bei diesem Brandzeichen etwas unterhalb des Totenschädels angeordnet. Außerdem
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