Der Graf von Castelfino
einer Stunde hier eingetroffen.“ Zerstreut schaute er zu dem Taxi hinüber und zückte sein Portemonnaie. „Ich fürchte, Ihre Reise war umsonst. Kehren Sie dorthin zurück, wo Sie hergekommen sind. Wie haben Sie überhaupt meine Sicherheitsleute am Tor überlistet?“
„Sie wussten, dass ich komme, mein Name steht auf der Besucherliste. Deshalb haben sie mein Taxi durchgewunken.“ Niedergeschlagen fügte sie hinzu: „Und ich kann nicht einfach wieder abreisen … diese wertvollen Pflanzen müssen versorgt werden. Der Wunsch des Conte – des alten Conte – war, dass sie sorgsam gepflegt und behütet werden.“
Wieder schüttelte Gianni den Kopf. „ Ich bin jetzt der Conte di Castelfino, und ich habe meine eigenen Vorstellungen. Ab jetzt wird hier alles anders. Es gibt keinen Platz mehr für Dinge, die sich nicht in irgendeiner Form auszahlen. Was immer mein Vater im Sinn hatte, wird nicht weitergeführt. Ich trage nun die Verantwortung, und meine Interessen sind rein praktischer Natur.“
Er sah, wie Tränen in ihre Augen traten. Sie schrumpfte förmlich in sich zusammen, und ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch. „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Signore?“
„Ich fürchte doch. Das Weingut Castelfino steht im Zentrum meines Interesses. Ich werde mich ausschließlich mit diesem einen lohnenden Projekt beschäftigen, nicht mit Hobbys.“
Energischen Schritts ging er auf das Taxi zu. Er legte einen Arm um ihre Schultern und schob sie in dieselbe Richtung. „Keine Angst, Signorina . Ich übernehme die Taxirechnung zurück zum Flughafen. Bis Sie dort eintreffen, wird mein Personal auch das Rückflugticket für Sie gebucht haben. Von welchem Airport sind Sie denn gestartet?“
„Heathrow, aber …“
Sie standen jetzt neben der geöffneten Taxitür. Gianni nahm den Arm von Megs Schultern. Nachdem er dem Fahrer viel zu viel Trinkgeld in die Hand gedrückt hatte, machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte davon, während er ihr noch ein paar belanglose Worte über die Schulter zuwarf. „Ich bedaure, dass Ihre Reise umsonst war, Signorina . Leben Sie wohl.“
Gianni zwang sich, nicht an ihre einladend vollen Lippen und ihre großen blauen Augen zu denken. Er musste sich auf seine Pläne für das Weingut konzentrieren, auf nichts anderes.
Eine energische Stimme unterbrach seine Überlegungen.
„Nein, Signore Bellini.“
Er blieb stehen und krauste die Stirn. Unglaublich! Wenn dieses Mädchen sich überhaupt äußern sollte, dann nur mit einem schüchternen Ja. So funktionierten die Dinge in Giannis Universum. Man hatte seinen Anordnungen Folge zu leisten.
Da hörte er das gedämpfte Zuschlagen einer Autotür. Der Klang leiser Schritte drang zu ihm herüber. Erstaunt wandte er sich um. Was er sah, verwirrte ihn noch mehr. Die junge Frau hatte ihr Gepäck stehen lassen und kam auf ihn zugelaufen.
Gianni Bellini, Conte di Castelfino, stellte sich vor, wie das gesamte Personal diese Szene hinter den Jalousien des Herrenhauses mitverfolgte. Bereits jetzt nagten alle möglichen Gerüchte an seiner Reputation. Playboy oder nicht, hier war er Gutsherr. Es war die Gelegenheit, seine angeschlagene Autorität wiederherzustellen. Falls diese Frau im Begriff war, eine laute, hysterische Szene zu machen, würde er sie barsch zum Schweigen bringen.
Er holte tief Luft, doch weiter kam er nicht.
„Bei allem Respekt, Signore , ich denke, ich sollte bleiben.“ Abrupt blieb sie direkt vor ihm stehen. Ihre Stimme klang jetzt leise. „Wenigstens für eine kleine Weile. Bitte.“
Damit hatte sie Gianni entwaffnet. Er verfiel in Schweigen. Nicht weil das, was sie sagte, ihn berührte, sondern wie sie es sagte. Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Man könnte fast meinen, sie nimmt ebenso auf die Augen und Ohren hinter den Fenstern Rücksicht wie ich … aber nein, das kann nicht sein.
„Sie haben tatsächlich die Stirn, von Respekt zu sprechen?“, zischte er kalt. „Eine Frau, die mit einem Lachen in dieses Trauerhaus hereinplatzt?“
Meg stand so dicht neben ihm, dass sie hören konnte, wie er schwer ein- und ausatmete. Sie war wie gelähmt, doch ihre Verzweiflung half ihr, standhaft zu bleiben. Noch gab sie die Hoffnung nicht auf, dass der neue Graf Vernunft annehmen würde und sie weiterbeschäftigte.
„Ich habe es nicht böse gemeint, Signore . Hätte ich von den Umständen gewusst, hätte ich doch nicht so eine Aufregung verursacht. Können wir nicht einen Schlussstrich unter das Ganze
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