Der Graf von Monte Christo 1
Verlobung … Teufel, Sie haben’s eilig, Herr Kapitän!«
»Danglars«, entgegnete Edmund lächelnd, »ich muß Ihnen dasselbe sagen, was Mercedes eben zu Caderousse sagte: Geben Sie mir nicht den Titel, der mir noch nicht zukommt; es würde mir Unglück bringen.«
»Verzeihung«, gab Danglars zurück; »ich sage also einfach, daß Sie’s sehr eilig haben. Teufel, wir haben Zeit! Der ›Pharao‹ wird vor einem Vierteljahr nicht wieder in See gehen.«
»Man hat es immer eilig mit dem Glück, Herr Danglars, denn wenn man lange gelitten hat, wird es einem schwer, ans Glück zu glauben. Aber es ist nicht bloß meinetwegen, daß ich Eile habe; ich muß nach Paris.«
»So, wirklich, nach Paris? Und ist’s das erstemal, daß Sie dorthin reisen?«
»Jawohl.«
»Sie haben dort Geschäfte?«
»Nicht für mich; ich muß einen letzten Auftrag unseres armen Kapitäns erfüllen. Sie wissen, Danglars, das ist etwas Heiliges. Übrigens seien Sie unbesorgt, ich werde nicht länger fortbleiben, als zur Hin- und Rückreise nötig ist.«
»Ja, ja, ich verstehe«, antwortete Danglars laut; ganz leise aber fügte er hinzu: »Nach Paris! Jedenfalls um den Brief, den ihm der Großmarschall gegeben hat, an seine Adresse zu besorgen! Ha! Dieser Brief bringt mich auf eine Idee, eine glänzende Idee! O Freund Dantès, noch stehst du im Register des ›Pharao‹ nicht unter Nummer eins.«
»Glückliche Reise!« rief er Edmund nach, der sich schon entfernte.
»Danke«, antwortete Edmund, sich umsehend, mit freundschaftlicher Handbewegung.
Dann setzten die beiden Liebenden ruhig und heiter ihren Weg fort.
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Danglars blickte Edmund und Mercedes nach, bis die beiden Liebenden an einer Ecke des Forts Saint-Nicolas verschwunden waren.
Als er sich dann umwandte, sah er, daß Ferdinand bleich und zitternd auf seinen Sitz zurückgesunken war, während Caderousse ein Trinklied lallte.
»Nun, mein lieber Herr«, sagte Danglars zu Ferdinand, »diese Heirat, scheint’s, ist nicht nach jedermanns Geschmack.«
»Sie bringt mich zur Verzweifl ung«, antwortete Ferdinand.
»Sie lieben also Mercedes?«
»Ich bete sie an!«
»Seit langem?«
»Seit wir uns kennen; ich habe sie immer geliebt.«
»Und da sitzen Sie hier und raufen sich die Haare, statt auf etwas zu sinnen, was Ihnen helfen könnte. Zum Teufel, ich glaubte, Leute Ihrer Nation handelten anders.«
»Was soll ich denn tun?« fragte Ferdinand.
»Weiß ich das? Ist es meine Sache? Ich bin doch nicht in Fräulein Mercedes verliebt, sondern Sie. Suchet, so werdet ihr fi nden, sagt das Evangelium.«
»Gefunden hatte ich schon was.«
»Was denn?«
»Ich wollte den Mann erdolchen, aber die Frau sagt, sie würde sich das Leben nehmen, wenn ihrem Bräutigam ein Unglück zustieße.«
»Pah! Das sagt man, tut’s aber nicht.«
»Sie kennen Mercedes nicht; sie würde ihre Drohung wahrma-chen.«
»Dummkopf!« murmelte Danglars. »Was schadet’s, ob sie sich das Leben nimmt oder nicht, wenn nur Dantès nicht Kapitän wird.«
»Und ehe Mercedes stirbt«, fuhr Ferdinand mit dem Ton unerschütterlicher Entschlossenheit fort, »würde ich selbst sterben.«
»Das ist die wahre Liebe!« lallte Caderousse mit weinseliger Stimme.
»Oder ich verstehe mich nicht mehr darauf!«
»Hören Sie«, begann Danglars wieder, »Sie scheinen mir ein netter Kerl zu sein, und ich möchte Sie aus der Verlegenheit ziehen, aber …«
»Ja«, warf Caderousse ein, »laß hören.«
»Lieber Freund«, entgegnete Danglars, »du bist zu dreiviertel betrunken; mach deine Flasche leer, dann bist du’s ganz. Trink und mische dich nicht in das, was wir tun; dazu muß man einen klaren Kopf haben.«
»Ich betrunken?« rief Caderousse. »Rede doch nicht; von deinen Pullen, die nicht größer sind als Parfümfl äschchen, könnte ich noch vier trinken! Vater Pamphile, Wein her!« Und um seinen Worten Nachdruck zu geben, schlug Caderousse mit seinem Glas auf den Tisch.
»Sie meinten also?« fragte Ferdinand, mit Spannung auf die Fortsetzung der unterbrochenen Rede wartend.
»Was meinte ich? Ich erinnere mich nicht mehr. Dieser Trunkenbold Caderousse hat mich ganz aus dem Text gebracht.«
»Trunkenbold, ganz wie du willst; das ist immer noch besser, als wenn man sich vor dem Wein fürchtet, weil man schlechte Gedanken hat, die einem entschlüpfen könnten.« Und Caderousse begann sein Trinklied weiterzusingen.
»Sie sagten«, fi ng Ferdinand wieder an, »Sie möchten mich
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