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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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es nur aus Lebensüberdruß und um sich zum Tode verurteilen zu lassen, Taten der Verzweiflung, und Sie könnten das Opfer einer solchen Handlung werden.
    Man holte wirklich zwei Soldaten und stieg eine feuchte, übelriechende, schimmelige Treppe hinab.
    Oho! rief der Inspektor, auf der Hälfte der Treppe stehen bleibend, wer zum Teufel kann hier wohnen?
    Einer der gefährlichsten Meuterer, ein Mensch, der uns als zu allem fähig zu besonderer Wachsamkeit empfohlen ist.
    Wie lange ist er hier?
    Seit ungefähr einem Jahre, nachdem er den Schließer hatte töten wollen, hat man ihn in diesen Kerker gesetzt.
    Er ist also toll?
    Er ist noch viel schlimmer, sagte der Schließer, er ist ein Teufel.
    Wollen Sie, daß ich Klage über ihn führe? fragte der Inspektor den Gouverneur.
    Es bedarf dessen nicht, mein Herr, er ist so hinreichend bestraft. Überdies grenzt sein Zustand gegenwärtig an Narrheit, und nach der Erfahrung, die wir gemacht haben, wird er, ehe ein weiteres Jahr vergeht, verrückt sein.
    Desto besser für ihn, sagte der Inspektor. Ist er einmal ein völliger Narr, so wird er weniger leiden.
    Sie haben recht, sagte der Gouverneur, so haben wir in einem Kerker, der von diesem nur durch etwa zwanzig Fuß Mauerwerk getrennt ist, einen alten Abbé, einen ehemaligen italienischen Parteiführer. Er ist seit 1811 hier, wurde gegen das Ende des Jahres 1813 verrückt, und seit dieser Zeit ister körperlich nicht mehr zu erkennen; früher weinte er, jetzt lacht er; früher magerte er ab, jetzt wird er fett.
     

     
    Bei dem Klirren der schweren Schlösser, bei dem Ächzen der verrosteten Angeln, die sich auf ihren Zapfen drehten, erhob Dantes sein Haupt. Beim Anblick eines unbekannten Mannes, der von zwei fackeltragenden Schließern und zwei Soldaten begleitet war, und mit dem der Gouverneur sprach, erriet er, worum es sich handelte, und sprang, da er sah, daß sich ihm endlich eine Gelegenheit bot, einen höherenBeamten anzuflehen, mit gefalteten Händen vorwärts. Die Soldaten kreuzten sogleich das Bajonett, denn sie glaubten, der Gefangene stürze in böser Absicht auf den Inspektor los; auch dieser selbst machte einen Schritt rückwärts.
    Als Dantes sah, daß man ihn als einen gefährlichen Menschen hingestellt halte, sammelte er in seinem Blicke alles, was das Herz des Menschen an Sanftheit und Demut zu enthalten vermag, und suchte mit ergreifenden, Gott als Zeugen seiner Unschuld und seines Elends anrufenden Worten, welche die Anwesenden in Erstaunen setzten, die Seele des hohen Besuchers zu rühren.
    Der Inspektor hörte Dantes' Rede bis zum Ende an.
    Er fängt an, fromm zu werden, sagte er hierauf zum Gouverneur mit halber Stimme; schon gibt er sanfteren Gefühlen Raum. Sehen Sie, die Furcht bringt ihre Wirkung auf ihn hervor. Er ist vor den Bajonetten zurückgewichen, ein Narr aber weicht vor nichts zurück; ich habe hierüber in der Irrenanstalt in Charenton seltsame Beobachtungen gemacht. Dann sich an den Gefangenen wendend, fragte er: Was verlangen Sie also?
    Ich verlange zu wissen, welches Verbrechen ich begangen habe; ich verlange, daß man mir Richter gibt; ich verlange, daß mein Prozeß eingeleitet wird; ich verlange, daß man mich erschießt, wenn ich schuldig bin, aber auch, daß man mich in Freiheit setzt, wenn ich unschuldig bin.
    Bekommen Sie gute Speise? fragte der Inspektor.
    Ja, ich glaube; ich weiß es nicht. Doch daran ist wenig gelegen. Aber was nicht allein mich, den armen Gefangenen, sondern auch alle Justizbeamten und sogar den König angeht, das ist, daß ein Unschuldiger nicht das Opfer einer schändlichen Denunziation sein und nicht seine Henker verfluchend eingekerkert bleiben soll.
    Sie find heute sehr demütig, sagte der Gouverneur, Sie waren nicht immer so. Sie sprachen ganz anders, mein lieber Freund, an dem Tage, wo Sie Ihren Wärter ermorden wollten.
    Das ist wahr, antwortete Dantes, und ich bitte diesen Mann um Verzeihung, denn er ist stets gut gegen mich gewesen; aber was wollen Sie? Ich war verrückt, ich war wütend.
    Und Sie sind es nicht mehr?
    Nein, Herr; denn die Gefangenschaft hat mich gebeugt, gebrochen, vernichtet ... Es ist schon so lange, daß ich hier bin!
    So lange ... wann sind Sie denn verhaftet worden?
    Am 28. Februar 1815 um zwei Uhr nachmittags.
    Der Inspektor rechnete: Wir haben den 30. Juli 1816; was wollen Sie? Sie sind erst seit siebzehn Monaten gefangen.
    Siebzehn Monate! Oh! Herr, Sie wissen nicht, was siebzehn Monate Gefängnis sind; siebzehn Jahre,

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