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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kerker herabgestiegen war.
    Sogleich stand er lebhaft auf, nahm eine Decke, die am Fuße seines elenden Bettes lag, und wickelte sich darein, um in den Augen der Fremden in einem schicklicheren Zustande zu erscheinen.
    Was sind Ihre Wünsche? sagte der Inspektor, ich bin Vertreter der Regierung und habe den Auftrag, die Beschwerden und Bitten der Gefangenen entgegenzunehmen.
    Oh, dann hoffe ich, wir werden uns verständigen, rief der Abbé.
    Sehen Sie! sagte leise der Gouverneur. Fängt es nicht an, wie ich gesagt habe?
    Mein Herr, fuhr der Gefangene fort, ich bin der Abbé Faria, geboren zu Rom und war zwanzig Jahre Sekretär des Kardinals Rospigliosi; ich wurde, ohne zu wissen warum, Anfang 1811 verhaftet. Ich bin sehr glücklich, Sie zu sehen, obgleich Sie mich in einer sehr wichtigen Berechnung gestört haben, in einer Berechnung, die, wenn sie gelingt, vielleicht Newtons Lehre von der Schwerkraft über den Haufen wirft. Können Sie mir die Gunst einer geheimen Unterredung bewilligen?
    Das ist unmöglich.
    Wenn es sich jedoch darum handelte, versetzte der Abbé, der Regierung eine ungeheure Summe zuzuwenden, sagen wir fünf Millionen?
    Wahrhaftig, sagte der Inspektor zum Gouverneur, Sie haben alles, sogar bis auf die Summe, vorhergesagt.
    Mein Lieber, sagte der Gouverneur, leider wissen wir zum voraus und auswendig, was Sie uns sagen wollen; es handelt sich um Ihre Schätze, nicht wahr?
    Faria schaute den Spötter mit Augen an, in denen ein vorurteilsloser Beobachter den Blitz der Vernunft und der Wahrheit hätte leuchten sehen; dann sagte er: Allerdings, wovon soll ich sprechen, wenn nicht davon?
    Herr Inspektor, fuhr der Gouverneur fort, ich kann Ihnen diese Geschichte ebensogut erzählen, wie der Herr Abbé selbst; denn seit vier oder fünf Jahren muß ich immer und ewig dasselbe hören.
    Das beweist, sagte der Abbé, daß Sie wie die Menschensind, von denen die Schrift spricht, welche Augen haben und nicht sehen, welche Ohren haben und nicht hören.
    Mein Lieber, die Regierung ist reich und bedarf, Gott sei Dank, Ihres Schatzes nicht. Behalten Sie ihn also für den Tag, wo Sie dieses Gefängnis verlassen werden.
    Das Auge des Abbés erweiterte sich; er ergriff die Hand des Inspektors und sagte: Aber wenn ich das Gefängnis nicht verlasse, wenn ich gegen jede Gerechtigkeit in diesem Kerker zurückgehalten werde, wenn ich hier sterbe, ohne mein Geheimnis irgend jemand vermacht zu haben, so ist also der Schatz verloren? Ist es nicht besser, wenn die Regierung daraus Nutzen zieht und ich ebenfalls? Ich werde bis zu sechs Millionen gehen, mein Herr, ja, ich werde sechs Millionen abtreten und mich mit dem Reste begnügen, wenn man mir die Freiheit schenken will.
    Auf mein Wort, sagte der Inspektor halblaut, wüßte man nicht, daß dieser Mensch ein Narr ist, so müßte man glauben, er rede die Wahrheit, in so überzeugendem Tone spricht er.
    Ich bin kein Narr, Herr, und sage die Wahrheit, versetzte Faria, der mit der den Gefangenen eigenen Feinheit des Gehörs kein Wort von der Bemerkung des Inspektors verloren hatte. Der Schatz, von dem ich spreche, ist wirklich vorhanden, und ich erbiete mich, einen Vertrag mit Ihnen zu unterschreiben, kraft dessen Sie mich an den von mir angegebenen Ort führen. Man soll die Erde unter unsern Augen ausgraben, und wenn ich lüge, wenn man nichts findet, so bin ich ein Narr, wie Sie sagen, und Sie bringen mich in diesen Kerker zurück, wo ich ewig bleiben und sterben werde, ohne von irgend jemand mehr etwas zu verlangen.
    Der Gouverneur brach in ein Gelächter aus und sagte: Die Sache ist nicht übel ersonnen. Wenn alle Gefangenen sich den Spaß machen wollten, ihre Wärter hundert Meilen spazieren zu führen, so wäre das ein vortreffliches Mittelfür sie, bei Gelegenheit sich aus dem Staube zu machen, und an Gelegenheit würde es dabei nicht fehlen.
    Es ist ein bekanntes Mittel, sagte der Inspektor, und der Herr hat nicht einmal das Verdienst der Erfindung.
    Mein Herr, antwortete Faria, schwören Sie mir bei Christus, mir zur Freiheit zu verhelfen, wenn ich Ihnen die Wahrheit gesagt habe, und ich nenne Ihnen den Ort, wo mein Schatz vergraben liegt. Sie wagen dabei nichts, und Sie sehen, daß ich mir nicht dadurch eine Gelegenheit verschaffen will, mich zu flüchten, da ich im Gefängnis bleibe, während die Probe gemacht wird.
    Sie sind mit Ihrer Kost zufrieden? fragte der Inspektor, um zu Ende zu kommen.
    Fort mit Ihnen! rief der Abbé. Seien Sie verflucht wie die andern

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