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Der größere Teil der Welt - Roman

Der größere Teil der Welt - Roman

Titel: Der größere Teil der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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während einer Wohltätigkeitsgala für Herzkrankheiten vor die Public Library an der Ecke Fifth Avenue und Zweiundvierzigste Straße stellte. Ich hatte diese Veranstaltung rein willkürlich gewählt: Zum Ende der Öffnungszeit verließ ich den Zeitschriftenraum und sah, wie elegant gekleidete Personen weiße Decken über Tische breiteten und große Orchideensträuße in die Eingangshalle der Bibliothek trugen, und als ich ein blondes Mädchen mit Klemmblock fragte, was hier los sei, erzählte es mir von der Gala für Herzkrankheiten. Ich ging nach Hause und aß meine Bohnen, aber statt wie üblich den Fernseher einzuschalten, fuhr ich mit der U-Bahn zurück zur Public Library, wo die Herzkrankheitengala bereits in vollem Gange war. Drinnen wurde »Satin Doll« gespielt, ich hörte Kichern, Rufe und lautes Lachen, ich sah an die hundert lange und ein paar kürzere schwarze Limousinen am Bordstein aufgereiht, und ich dachte darüber nach, dass lediglich eine bestimmte Folge von Atomen und Molekülen die Zusammensetzung dieser »Wand« bildete, dem Einzigen, was mich von den Menschen trennte, die in der Bibliothek zu im Tenorsaxofonbereich ziemlich schwach besetzten Bläserbeats tanzten. Aber etwas Merkwürdiges passierte, während ich zuhörte: Es tat weh. Nicht in meinem Kopf, nicht in meinem Arm, nicht in meinem Bein; überall zugleich. Ich sagte mir, es bestehe kein Unterschied dazwischen, »drinnen« oder »draußen« zu sein, es gehe nur um verschiedene Anordnungen aus Nullen und Einsen, die auf unterschiedliche Weisen zustande kommen konnten, aber die Schmerzen wurden so stark, dass ich kurz davor war, zusammenzubrechen, und ich humpelte davon.
    Wie bei allen gescheiterten Experimenten hatte ich etwas gelernt, das ich nicht erwartet hatte: Ein Grundbestandteil der so genannten Erfahrung ist die falsche Annahme, sie sei einzigartig und etwas Besonderes, die, die Zugang zu ihr haben, seien privilegiert, und die anderen würden alles verpassen. Und wie ein Wissenschaftler, der unabsichtlich giftige Dämpfe eines Stoffs einatmet, den er in seinem Labor zum Sieden bringt, war ich allein aufgrund der puren physischen Nähe derselben Täuschung zum Opfer gefallen und hatte mir in meinem betäubten Zustand eingeredet, ich sei ausgeschlossen: verdammt dazu, für immer frierend vor der Bibliothek an der Ecke Fifth Avenue und Zweiundvierzigste Straße zu stehen und mir die unerreichbaren Herrlichkeiten darin auszumalen.
    Ich trug meinen Fisch auf beiden Händen zum Rezeptionstisch der Rothaarigen. Das Papier war an einigen Stellen bereits durchgeweicht, Flüssigkeit begann hindurchzutropfen. »Das hier ist ein Fisch«, sagte ich ihr.
    Sie legte den Kopf schrägt, mit einem Gesicht, als habe sie mich plötzlich erkannt. »Aha«, sagte sie.
    »Sagen Sie Bennie, dass er bald stinken wird.«
    Ich setzte mich wieder. Meine »Nachbarn« im Wartezimmer, ein Mann und eine Frau, waren beide Bürotypen. Ich spürte, wie sie von mir wegrutschten. »Ich bin Musiker«, sagte ich, um ein Gespräch zu beginnen. »Slide-Gitarre.«
    Sie gaben keine Antwort.
    Am Ende kam Bennie heraus. Er sah gepflegt aus. Er sah fit aus. Er trug eine schwarze Hose und ein weißes zugeknöpftes Hemd, aber keine Krawatte. Als ich dieses Hemd ansah, ging mir ein Licht auf: Ich erkannte, dass teure Hemden besser aussehen als billige. Der Stoff glänzte nicht, nein – das hätte billig ausgesehen. Er leuchtete vielmehr, als ströme Licht aus seinem Inneren. Ich will damit sagen, es war ein verdammt schönes Hemd.
    »Scotty, Mann, wie geht’s?«, fragte Bennie und klopfte mir herzlich auf den Rücken, als wir uns die Hand reichten. »Tut mir leid, dass du warten musstest. Hoffentlich hat Sasha sich gut um dich gekümmert.« Er nickte zu dem Mädchen, mit dem ich zu tun gehabt hatte und dessen sorgloses Lächeln grob übersetzt besagte: Er ist jetzt nicht mehr mein Problem. Mein Zwinkern besagte deutlich: Sei dir da mal nicht zu sicher, Schätzchen.
    »Na, dann komm mal mit in mein Büro«, sagte Bennie. Er hatte mir den Arm um die Schultern gelegt und steuerte mich auf einen Flur zu.
    »Hey, warte – ich hab was vergessen!«, rief ich und rannte zurück, um den Fisch zu holen. Als ich das Päckchen vom Kaffeetisch riss, tropfte aus einer Ecke ein wenig Fischflüssigkeit, und die beiden in ihren feinen Klamotten sprangen auf, als handele es sich um Atommüll. Ich schaute zu »Sasha« hinüber und rechnete damit, dass sie sich ducken würde, aber sie

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