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Der groesste Teil der Welt

Der groesste Teil der Welt

Titel: Der groesste Teil der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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hereingekommen.
    »Da«, sagt er und meint neben dem Pool, wie immer.
    Es gibt noch immer ein Telefon, ein schwarzes schnurloses auf einem kleinen Glastisch, neben einem Smoothie. Der Privatpfleger oder ein anderer Angestellter, der sich auf dem verlassenen Grundstück ausbreitet?
    Oder Rolph? Könnte Rolph noch hier sein und sich um seinen Dad kümmern? Rolph im Haus? Und ich spüre ihn, genau wie früher, wenn ich wusste, dass er ein Zimmer betreten hatte, ohne dass ich hinschauen musste. Lediglich durch die Art, wie die Luft sich bewegte. Einmal haben wir uns nach einem Konzert hinter dem Poolhaus versteckt, und Lou schrie nach mir: »Jo-ce-lyn! Jo-ce-lyn!« Rolph und ich kicherten, während es in unserer Brust dröhnte. Später dachte ich: Mein erster Kuss. Was verrückt war. Alles, was ich jemals tun würde, hatte ich damals bereits getan.
    Im Spiegel war Rolphs Brust glatt und makellos. Das Zeichen war überall. Das Zeichen der Jugend.
    Und als es passiert ist, in Rolphs winzigem Schlafzimmer, während die Sonne sich in Streifen durch die Jalousie stahl, habe ich so getan, als sei es neu. Er schaute mir in die Augen, und ich merkte, wie normal ich noch immer sein konnte. Wir waren glatt, alle beide.
    »Wo ist das. Dings«, fragt Lou und meint die Knopfleiste, mit der man das Bett verstellt. Er möchte sich aufsetzen und hinausschauen wie früher, in seiner roten Badehose, mit gebräunten Beinen, die nach Chlor rochen. Das Telefon in der einen Hand und ich zwischen seinen Beinen, seine andere Hand auf meinen Kopf. Auch damals müssen die Vögel gezwitschert haben, aber sie wurden von der Musik übertönt. Oder gibt es inzwischen mehr Vögel?
    Das Bett quietscht, als es ihn hochhievt. Er schaut sich um, seine Augen scheinen etwas zu suchen. »Ich bin alt geworden«, sagte er. Der Hund bellt wieder. Das Wasser schwappt im Becken hin und her, als ob jemand gerade hineingestiegen oder herausgekommen wäre.
    »Was ist mit Rolph?«, frage ich, meine ersten Worte seit »hallo«.
    »Rolph«, sagt Lou und blinzelt. »Dein Sohn? Rolph?«
    Rhea schüttelt den Kopf - meine Stimme ist zu laut. Ich verspüre Wut, wie sie manchmal meinen Kopf füllt und meine Gedanken wegwischt, als seien sie aus Kreide. Wer ist dieser alte Mann, der da vor meinen Augen stirbt? Ich will den anderen wiederhaben, den selbstsüchtigen, gefräßigen Mann, der mich zwischen seinen Beinen herumdrehte, hier in aller Öffentlichkeit, und meinen Hinterkopf mit seiner freien Hand nach unten drückte, während er ins Telefon lachte. Ihm war es egal, dass jedes Zimmer des Hauses auf den Pool blickte - zum Beispiel das seines Sohnes. Davon kann ich ein Lied singen.
    Lou versucht zu sprechen. Wir beugen uns vor, hören zu. Wahrscheinlich aus alter Gewohnheit.
    »Rolph hat es nicht geschafft«, sagt er.
    »Was redest du da?«, frage ich.
    Jetzt weint der alte Mann. Tränen laufen ihm übers Gesicht.
    »Was soll das, Jocelyn?«, fragt mich Rhea, und in diesem Moment greifen unterschiedliche Teile meines Gehirns ineinander, und mir fällt ein, dass ich schon über Rolph Bescheid wusste. Auch Rhea wusste es - alle wussten es. Eine alte Tragödie.
    »Er war. Achtundzwanzig«, sagt Lou.
    Ich schließe die Augen.
    »Vor langer Zeit«, sagt er, und die Wörter klingen durch sein Keuchen abgehackt. »Aber.«
    Ja, allerdings. Achtundzwanzig ist lange her. Die Sonne sticht in meinen Augen, deshalb lasse ich sie geschlossen.
    »Ein Kind zu verlieren«, murmelt Rhea. »Ich kann mir das nicht vorstellen.«
    Zorn packt mich, breitet sich in mir aus. Meine Arme tun weh. Ich greife unter Lous Krankenhausbett, hebe es hoch und kippe es zur Seite, so dass er in den türkisfarbenen Pool rutscht und die Infusion aus seinem Arm gerissen wird, Blut wirbelt hinterher, verteilt sich im Wasser und wird zu einer Art Gelb. Ich bin stark genug dazu, sogar nach allem, was passiert ist. Ich springe hinter ihm her, Rhea kreischt jetzt, ich springe ins Wasser und drücke ihn nach unten, drücke seinen Kopf zwischen meine Knie und halte ihn fest, bis er aufgibt und sich nicht mehr bewegt und wir nur noch warten, Lou und ich, wir warten, und dann zittert er, strampelt zwischen meinen Beinen, zuckt, während das Leben ihn verlässt. Als er ganz still geworden ist, lasse ich ihn an die Oberfläche treiben.
    Ich öffne die Augen. Niemand hat sich bewegt. Lou weint noch immer und sucht den Pool mit seinen leeren Augen ab. Durch das Laken berührt Rhea seine Brust.
    Es ist ein schlechter Tag. Die

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