Der große deutsche Märchenschatz
anfangen, wie sie wollte, der Bart war nicht herauszubringen. Da erbot sich SchneeweiÃchen, schnell nach Hause zu laufen und ihren Vater zu rufen; das verbot ihr aber der Zwerg und befahl ihr, eine Schere zu holen, um den Bart abzuschneiden; sie gehorchte und lief fort.
Bald kam sie wieder und befreite ihn durch das Abschneiden des eingeklemmten Stückes vom Bart. Hierauf zog der Zwerg einen groÃen Sack mit Geld unter dem Baume hervor, und obwohl es schicklich gewesen wäre, dass er seiner Befreierin höflich gedankt und ihr von seinem vielen Gelde auch reichlich ausgeteilt hätte, so tat er doch weder das eine noch das andere, sondern schlich, murrend über seinen Unfall, ohne Gruà noch Dank davon. SchneeweiÃchen sah ihm nach, dann hüpfte sie wieder fort.
Nicht lange nachher ging SchneeweiÃchen mit ihrer Schwester Rosenrot an den Fluss, um zu angeln und zu krebsen. Siehe, da war der Zwerg wieder, und dieses Mal hatte sich der Faden der Angelrute in seinem Bart ganz verwickelt. Ein Fisch hatte unten angebissen und zog so mit der Angel das quäkende Zwerglein in das Wasser hinein. Die Mädchen ergriffen das Männchen, um es festzuhalten, aber es war unmöglich, Schnur und Bart voneinander zu entwirren, und der groÃe Fisch, der viel gröÃer als der Angler war, zog immerfort. Da sprach SchneeweiÃchen zu ihrer Schwester, sie solle stehen bleiben und den Zwerg festhalten, indessen wolle sie nach Hause laufen und eine Schere holen. Wie der Blitz lief sie hin und her und zerschnitt die Angelrute, wobei aber auch ein Teil des Bartes verloren ging. Darüber murrte das Zwerglein sehr, ergriff einen Sack mit den schönsten Perlen und machte sich, wie das erste Mal, undankbar und unhöflich davon. Die Kinder aber angelten und krebsten und dachten nicht mehr an das grobe Männlein.
Da geschah es abermals, dass die Kinder weggeschickt wurden, um etwas aus der Stadt zu holen. Als die Mädchen über das Feld gingen, erblickten sie einen Adler, welcher das bekannte Zwerglein anpackte und mit sich fortnehmen wollte. Die beiden, Rosenrot und SchneeweiÃchen, warfen den Vogel mit Steinen, da das nichts half, fassten sie das Männchen an und zerrten sich mit dem Adler herum, und keins wollte die Beute lassen. Da schrie der böse Zwerg so jämmerlich, dass der Adler erschrak und von ihm ablieÃ. Dieses Mal hatte er einen Sack mit Edelsteinen bei sich, und er ging wie das erste Mal davon, sang- und klanglos davon.
Wiederum nach einiger Zeit fanden die beiden Kinder den Zwerg unter den Tatzen eines Bären, der im Begriff stand, ihn zu kämmen. Sie schrien laut auf vor Schrecken, und der Bär stutzte und sah nach ihnen hin. Da bat das Zwerglein: »Ach lieber, gnädiger Herr Bär, friss mich nicht! Ich will dir auch meine Säcke mit Gold, Perlen und Edelsteinen geben. Sieh, die beiden Kinder da, die sind jung und fett und zart, an ihnen wirst du einen bessern Bissen finden als an mir; nimm und friss sie.«
Die Mädchen waren starr vor Schrecken über den undankbaren Bösewicht, der Bär aber kehrte sich um sein Gerede nicht, sondern fraà ihn brummend mit Haut und Haar und ging dann seiner Wege. Die Mädchen fanden nun die Säcke mit Perlen, Gold und Edelsteinen, welche sie mühsam genug â denn sie waren sehr schwer â zu den Eltern nach Hause schleppten. Da waren sie nun mit einem Mal so reich wie die reichsten Fürsten und kauften sich schöne Schlösser und Landgüter, und SchneeweiÃchen und Rosenrot sowie ihre Geschwister konnten nun recht viel lernen und bekamen schöne Kleider und Sachen. Das garstige Zwerglein aber bedauerte niemand, denn es hatte sein Schicksal gar zu wohl verdient.
Das Märchen von der Padde
Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne. Es lebte aber auch damals eine alte Frau, die hatte nur ein Töchterlein, welches Petersilie hieÃ.
Der König schickte seine Söhne aus, um sich in der Welt umzusehen, seine und fremde Lande kennenzulernen, um so weise genug zu werden, dereinst ihr Erbteil beherrschen zu können.
Die alte Frau aber lebte stille und eingezogen mit ihrem Töchterlein, das den Namen davon hatte, dass es Petersilie lieber als alle andere Speise aÃ, ja einen rechten HeiÃhunger darnach hatte. Die arme Mutter hatte nicht Geld genug, immer und immerfort Petersilie für die Tochter zu kaufen, und es blieb ihr daher nichts übrig, da das
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