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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Walde verborgen halten, bis die Glocke vier geschlagen habe. Alsdann solle er in das Schloss gehen und mit der Frau des Popanzes sprechen. Dies alles versprach er getreulich zu erfüllen oder zu sterben.
    Als nun Mitternacht kam und er vor dem Tore die drei Wörter ausgesprochen hatte, befand er sich auf einmal in dem Walde nahe bei dem Schloss des Popanzes. Er verbarg sich, so gut er konnte, in dem Dickicht, und es währte nicht lange, so sah er den Popanz ausgehen, welcher fürchterlich umherschnupperte, als rieche er Menschenfleisch. Als er ihm aus den Augen war, ging er in das Schloss zu der Frau und bat sie um ein Nachtlager. Sie war sehr verwundert, als sie ein menschliches Wesen zu ihr hereintreten sah: »Mein Gott«, rief sie aus, »wie kommst du in diese Gegend? Es ist dein Glück, dass du nicht früher gekommen bist und meinen Mann getroffen hast, er hätte dich gewiss gefressen. Er ist aber auf die Jagd gegangen, nach seiner Gewohnheit. Ich will dir zwar etwas zu essen geben; aber mache, dass du wieder fortkommst, sonst frisst dich mein Mann, wenn er zurückkehrt und dich hier trifft: denn er spürt sogleich, wenn ein Mensch im Hause ist.«
    Der Pastetenbäcker fing aber an, die Frau sehr zu bitten und ihr die ganze Sache vorzutragen: Er wollte weder essen noch trinken und bat sie nur inständig um die sieben Federn und um die sieben Fragen. Die Frau war sehr verwundert darüber und antwortete, solches wäre unmöglich; ihr Mann würde sich weder die Federn ausziehen lassen noch die sieben Fragen beantworten, und wenn er im Hause bliebe, so wäre sein Tod gewiss; er möchte sich verstecken, wo er wollte, ihr Mann fände ihn doch. Er bat aber so dringend und verhieß ihr, alles für sie zu tun, was sie nur verlangte, wenn sie ihn dagegen zu den sieben Sachen verhelfe. Endlich sagte sie es ihm zu, mit dem Beding aber, dass er sie mit sich hinwegführe. Darauf überlegten sie miteinander, wie es anzustellen wäre. Indessen sie noch darüber redeten, hörten sie den Popanz kommen. Die Frau wusste in der Geschwindigkeit keinen andern Rat, als ihren Freund unter das Bett zu verstecken, und dass er da bliebe, bis am folgenden Tage der Popanz wieder auf die Jagd ginge.
    Kaum war der Freund versteckt, so trat der Popanz schon in die Stube herein, und das erste, was er aussprach, war: »Frau, ich rieche Menschenfleisch.« Und sogleich fing er an zu suchen, dass der armen Frau ganz angst und bange ward. Er befahl ihr, ihm zu sagen, wo der Mensch wäre, damit er ihn sogleich fressen könnte; denn er wäre noch sehr hungrig und müde von der Jagd, da er nicht viel gefunden. Die Frau versicherte, es wäre niemand da; einer wäre zwar da gewesen, aber sogleich wieder davongelaufen, als er gemerkt habe, wo er hingekommen; dieser würde wahrscheinlich noch im Walde versteckt sein, wo er ihn morgen noch aufspüren könne. Darauf beruhigte sich der Popanz und legte sich mit seiner Frau zu Bett. Als sie nun merkte, dass er eingeschlafen war, da er laut schnarchte, so fasste sie eine Feder in seinem Schwanz und riss sie mit aller Gewalt heraus. Sogleich wachte der Popanz auf und schrie vor Schmerz: »Weib, bist du toll? Was ist das, dass du mich so am Schwanze rupfst?« – »Ach, lieber Mann«, antwortete die Frau, »verzeihe mir. Ich träumte eben einen fürchterlichen Traum, wie in einem fernen Lande ein Schloss mit allen seinen Bewohnern erstarrt und versteinert worden durch die Macht eines bösen Zauberers, und mir war, als wenn ich auch darin war und mit versteinert wurde. Daher packte ich dich so fest. Könnte so etwas wohl wirklich geschehen?« – »Allerdings«, antwortete er; »neulich hat sich eben dieser Fall ereignet in einem fernen Königreiche.« – »Mein Gott«, sagte die Frau, »ist denn der Zauber nicht wieder aufzulösen?« – »O ja«, erwiderte er, »aber das Mittel dazu ist keinem Menschen bekannt.« – »Nun was ist es dann für eins, lieber Mann?« – »Derjenige, der die Prinzessin liebt und durch den das Unglück geschehen ist, müsste hier in unsern Wald kommen und zu dem Wasserfall gehen, der darinnen ist, und warten, bis ein ganz kleiner unansehnlicher Zwerg erscheint, der ein Felsenstück auf den Schultern trägt und in das Wasser schmeißt. Doch, Weib, lass mich schlafen; was nützt dir diese Erzählung? Ich bin müde.«

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