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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Kindes Grabesruhe und Himmelsfrieden nicht zu stören.

Die drei Hunde
    Ein Schäfer hinterließ seinen beiden Kindern, einem Sohn und einer Tochter, nichts als drei Schafe und ein Häuschen und sprach auf seinem Totenbette: »Teilt euch geschwisterlich darein, dass nicht Hader und Zank zwischen euch entstehe.« Als der Schäfer nun gestorben war, fragte der Bruder die Schwester, welches sie lieber wolle, die Schafe oder das Häuschen? Und als sie das Häuschen wählte, sagte er: »So nehm ich die Schafe und gehe in die weite Welt; es hat schon mancher sein Glück gefunden, und ich bin ein Sonntagskind.«
    Er ging darauf mit seinem Erbteil fort; das Glück wollte ihm jedoch lange nicht begegnen. Einst saß er recht verdrießlich an einem Kreuzweg, ungewiss, wohin er sich wenden wollte; auf einmal sah er einen Mann neben sich, der hatte drei schwarze Hunde, von denen der eine immer größer als der andre war. »Ei, junger Gesell«, sagte der Mann, »Ihr habt da drei schöne Schafe. Wisst Ihr was, gebt mir die Schafe, ich will Euch meine Hunde dafür geben.« Trotz seiner Traurigkeit musste jener lachen. »Was soll ich mit Euren Hunden tun?«, fragte er, »meine Schafe ernähren sich selbst, die Hunde aber wollen gefüttert sein.« – »Meine Hunde sind von absonderlicher Art«, antwortete der Fremde; »sie ernähren Euch statt Ihr sie und werden Euer Glück machen. Der Kleinere da heißt:
bring Speisen
, der zweite
zerreiß’n
, und der große Starke
brich Stahl und Eisen
. Der Schäfer ließ sich endlich beschwatzen und gab seine Schafe hin. Um die Eigenschaft seiner Hunde zu prüfen, sprach er: »Bring Speisen!«, und alsbald lief der eine Hund fort und kam zurück mit einem großen Korb voll der herrlichsten Speisen. Den Schäfer gereute nun der Tausch nicht; er ließ sich’s wohl sein und zog lange im Lande umher.
    Einst begegnete ihm ein Wagen mit zwei Pferden bespannt und ganz mit schwarzen Decken bekleidet und auch der Kutscher war schwarz angetan. In dem Wagen saß ein wunderschönes Mädchen in einem schwarzen Gewande, das weinte bitterlich. Die Pferde trabten traurig und langsam und hingen die Köpfe. »Kutscher, was bedeutet das?«, fragte der Schäfer. Der Kutscher antwortete unwirsch, jener aber ließ nicht nach zu fragen, bis der Kutscher erzählte, es hause ein großer Drache in der Gegend, dem habe man, um sich vor seinen Verwüstungen zu sichern, eine Jungfrau als jährlichen Tribut versprechen müssen, die er mit Haut und Haar verschlinge. Das Los entscheide allemal unter den vierzehnjährigen Jungfrauen, und diesmal habe es die Königstochter betroffen. Darüber sei der König und das ganze Land in tiefster Betrübnis, und doch müsse der Drache sein Opfer erhalten. Der Schäfer fühlte Mitleid mit dem schönen jungen Mädchen und folgte dem Wagen. Dieser hielt endlich an einem hohen Berge. Die Jungfrau stieg aus und schritt langsam ihrem schrecklichen Schicksal entgegen. Der Kutscher sah nun, dass der fremde Mann ihr folgen wollte, und warnte ihn, der Schäfer ließ sich jedoch nicht abwendig machen. Als sie die Hälfte des Berges erstiegen hatten, kam vom Gipfel herab ein schreckliches Untier mit einem Schuppenleib, Flügeln und ungeheuren Krallen an den Füßen; aus seinem Rachen loderte ein glühender Schwefelstrom, und schon wollte es sich auf seine Beute stürzen, da rief der Schäfer: »Zerreiß’n!«, und der zweite seiner Hunde stürzte sich auf den Drachen, biss sich in der Weiche desselben fest und setzte ihm so zu, dass das Ungeheuer endlich niedersank und sein giftiges Leben aushauchte. Der Hund aber fraß ihn völlig auf, dass nichts übrig blieb als ein paar Zähne, die steckte der Schäfer zu sich. Die Königstochter war ganz ohnmächtig vor Schreck und vor Freude, der Schäfer erweckte sie wieder zum Leben, und nun sank sie ihrem Retter zu Füßen und bat ihn flehentlich, mit zu ihrem Vater zu kommen, der ihn reich belohnen werde. Der Jüngling antwortete, er wolle sich erst in der Welt umsehen, nach drei Jahren aber wiederkommen. Und bei diesem Entschluss blieb er. Die Jungfrau setzte sich wieder in den Wagen und der Schäfer ging eines andern Weges fort.
    Der Kutscher aber war auf böse Gedanken gekommen. Als sie über eine Brücke fuhren, unter der ein großer Strom

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