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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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junge Feldherr zog aus und dem Feind entgegen.
    Da gab es eine große, blutige Schlacht; aus dem Hut des Feldherrn donnerten unaufhörlich tödliche Schüsse, und das Schwert desselben rief ein Regiment nach dem andern aus der Erde hervor, sodass in wenigen Stunden der Feind geschlagen und zerstreut war und die Siegesfahnen wehten. Der Sieger aber folgte nach und nahm dem Feinde auch noch den besten Teil seines Landes hinweg. Siegreich und glorreich kehrte er dann zurück nach Spanien, wo ihn das holdeste Glück noch erwartete. Die schöne Königstochter war nicht minder entzückt von dem schmucken Jüngling gewesen, wie sie ihm im Saale begegnet war, als er von ihr; und der gnädigste König wusste die sehr großen Verdienste des tapfern Jünglings auch gebührend zu schätzen, hielt sein Wort, gab ihm seine Tochter zur Gemahlin und machte ihn zu seinem Nachfolger und Thronerben.
    Die Hochzeit wurde prunkvoll und glänzend vollzogen, und der ehemalige Hirte saß ganz im Glück. Bald nach der Hochzeit legte der alte König Krone und Szepter in die Hände seines Schwiegersohns, der saß stolz auf dem Thron und neben ihm seine holde Gemahlin, und es wurde ihm, als dem neuen König, von seinem Volke Huldigung gebracht. Da gedachte er seines so schön erfüllten Traumes und gedachte seiner armen Eltern und sprach, als er wieder allein bei seiner Gemahlin war: »Meine Liebe, sieh, ich habe noch Eltern, aber sie sind sehr arm, mein Vater ist Dorfhirte, weit von hier, und ich selbst habe als Knabe das Vieh gehütet, bis mir durch einen wunderbaren Traum offenbart wurde, dass ich noch König von Spanien werde. Und das Glück war mir hold, sieh, ich bin nun König, aber meine Eltern möcht ich auch gern noch glücklich sehen, daher ich mit deiner gütigen Zustimmung nach Hause reisen und die Eltern holen will.« Die Königin war’s gerne zufrieden und ließ ihren Gemahl ziehen, der sehr schnell zog, weil er die Siebenmeilenstiefel anhatte. Unterwegs stellte der junge König die Wunderdinge, die er den Räubern abgenommen, ihren rechtmäßigen Eigentümern wieder zu, bis auf die Stiefel, holte seine armen Eltern, die vor Freude ganz außer sich waren, und dem Eigentümer der Stiefel gab er für dieselben ein Herzogtum. Dann lebte er glücklich und in Würden als König von Spanien bis an sein Ende.

Gott Überall
    Es waren ein Paar Geschwister, hießen Görgel und Lieschen, seelengute Kinder, die blieben einmal ganz allein zu Hause; ihre Eltern waren über Feld gegangen und trugen Körbe, die sie von Weiden geflochten hatten, zum Verkauf in die Stadt. Zwar hatten die guten Eltern ihren Kindern, Görgel und Lieschen, jedem ein ziemliches Stück Brot gegeben, davon sie sich diesen Tag über nähren sollten, allein bald hatte Görgel seines aufgezehrt und verspürte noch Esslust, hatte aber nichts mehr zu brocken und nichts mehr zu beißen. Lieschen gab ihm noch ein wenig von ihrem Brot, doch auch dieses sättigte den Jungen nicht ganz, und er fing an, mit schelmischen Schmeichelworten zu seinem jüngern Schwesterchen zu reden: »Komm, lieb Lieschen, wir wollen ein wenig von dem süßen Rübensaft naschen, den die Mutter draußen im Schrank aufbewahrt, es ist ein großer Topf voll, sie merkt es gewiss nicht daran, und es sieht’s ja auch gar niemand.«
    Aber Lieschen sprach: »Ei, du bist sehr böse, Görgel, wenn du das tust; siehst du nicht die Sonnenstrahlen dort am Schrank? Die lässt der liebe Gott hinanscheinen, und der sieht’s auch, wenn wir naschen.«
    Da sprach Görgel: »So wollen wir auf den Dachboden gehen, wo die Mutter schöne Birnen liegen hat, davon wollen wir essen, dort ist kein Fenster, kann die Sonne nicht hineinscheinen, und dort sieht uns also der liebe Gott auch nicht.«
    Lieschen weigerte sich anfangs, endlich gingen die Kinder doch nach dem Dachboden; aber hier fielen die gebrochenen Sonnenstrahlen reichlich durch die Lücken der Dachziegel und flimmerten ganz eigentümlich über den Birnen, als wenn sie darauf tanzten, und Lieschen sprach wieder: »O Görgel, auch hier sieht uns der liebe Gott, hier dürfen wir nicht naschen.« Sie gingen wieder herunter, und auf der Treppe fiel dem Görgel etwas bei, was er gleich aussprach: »Ei, im Keller hat die Mutter ein Töpfchen voll Rahm stehen, und drunten ist’s ganz

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