Der große deutsche Märchenschatz
worin die Zauberin wohnte. Sie erzählte ihren Kummer und dass ein Traum ihr Rat und Hilfe von ihr versprochen habe. Die Zauberin gab ihr zum Bescheid, sie solle beim Vollmond an den Weiher gehen und dort mit einem goldnen Kamme ihre schwarzen Haare strählen und dann den Kamm ans Ufer legen. Die junge Jägersfrau beschenkte die Zauberin reichlich und begab sich auf den Heimweg.
Die Zeit bis zum Vollmonde verging ihr langsam; als es aber endlich Vollmond war, ging sie zum Weiher und strählte sich mit einem goldnen Kamme ihre schwarzen Haare, und als sie fertig war, legte sie den goldnen Kamm am Ufer nieder und sah dann ungeduldig in das Wasser. Da rauschte es und brauste es aus der Tiefe und eine Welle spülte den goldnen Kamm vom Ufer und es dauerte nicht lange, so erhob ihr Mann den Kopf aus dem Wasser und sah sie traurig an.
Aber bald kam wiederum eine Welle gerauscht und der Kopf versank, ohne ein Wort gesprochen zu haben. Der Weiher lag wieder ruhig wie zuvor und glänzte im Mondscheine, und die Jägersfrau war um nichts besser dran als vorher.
Trostlos durchwachte sie Tage und Nächte, bis sie wieder ermüdet in Schlaf sank und derselbe Traum, der sie an die Zauberin gewiesen hatte, wieder über sie kam. Abermals ging sie am Morgen nach der blühenden Flur und nach der Hütte und klagte der Zauberin ihren Kummer. Die Alte gab ihr zum Bescheid, sie solle beim Vollmond an den Weiher gehen, auf einer goldnen Flöte blasen und dann die Flöte an das Ufer legen.
Als es Vollmond geworden war, ging die Jägersfrau zum Weiher, blies auf einer goldnen Flöte und legte sie dann ans Ufer. Da rauschte es und brauste es aus der Tiefe und eine Welle spülte die Flöte vom Ufer und bald erhob der Jäger den Kopf über das Wasser und tauchte immer höher empor, bis über die Brust, und breitete seine Arme nach seiner Frau aus. Da kam wieder eine rauschende Welle und zog ihn in die Tiefe zurück. Die Jägersfrau hatte voller Freude und Hoffnung am Ufer gestanden und versank in tiefen Gram, als sie ihren Mann in dem Wasser verschwinden sah.
Aber zum Troste erschien ihr wiederum der Traum, der sie zu der blühenden Flur und zu der Hütte der Zauberin verwies. Die Alte gab diesmal den Bescheid, sie solle, sobald es Vollmond sein werde, an den Weiher gehen, dort auf einem goldnen Rädchen spinnen und dann das Rädchen ans Ufer stellen. Als der Vollmond kam, befolgte die Jägersfrau das GeheiÃ, ging an den Weiher, setzte sich nieder und spann auf einem goldenen Rädchen und stellte dann das Rädchen ans Ufer. Da rauschte es und brauste es aus der Tiefe und eine Welle spülte das goldne Rad vom Ufer, und bald erhob der Jäger den Kopf über das Wasser und tauchte immer höher empor, bis er endlich an das Ufer stieg und seiner Frau um den Hals fiel. Da fing das Wasser an zu rauschen und brausen und überschwemmte das Ufer weit und breit und riss beide, wie sie sich umfasst hielten, mit sich hinab. In ihrer Herzensangst rief die Jägerin den Beistand der Alten an, und auf einmal war die Jägerin in eine Kröte und der Jäger in einen Frosch verwandelt. Aber sie konnten nicht beisammenbleiben, das Wasser riss sie nach verschiedenen Seiten hin, und als die Ãberschwemmung vergangen war, da waren zwar beide wieder zu Menschen geworden, aber der Jäger und die Jägerin waren jedes in einer fremden Gegend und sie wussten nichts voneinander.
Der Jäger entschloss sich als Schäfer zu leben, und auch die Jägerin ward eine Schäferin. So hüteten sie lange Jahre ihre Herden, eines vom andern entfernt.
Einstmals aber trug es sich zu, dass der Schäfer dahin kam, wo die Schäferin lebte. Die Gegend gefiel ihm, und er sah, dass sie recht fruchtbar gelegen sei zur Weide seiner Herde. Er brachte also seine Schafe dorthin und hütete sie wie zuvor. Schäfer und Schäferin wurden gute Freunde, aber sie erkannten einander nicht.
An einem Abende aber saÃen sie im Vollmond beieinander, lieÃen ihre Herden grasen und der Schäfer blies auf seiner Flöte. Da gedachte die Schäferin jenes Abends, wo sie am Weiher bei Vollmond auf der goldenen Flöte geblasen; sie konnte sich nicht länger halten und brach in lautes Weinen aus. Der Schäfer fragte sie, was sie so weine und klage? â bis sie ihm erzählte, was ihr alles widerfahren sei. Da fiel es wie Schuppen von den Augen des Schäfers, er erkannte seine Jägerin
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