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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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sandte ihnen einen Nährvater, das war ein alter weiser Meister, der in dem Walde wohnte, Weisheit zu pflegen, der nahm die Kindlein in seine Klause und nährte sie mit der Milch der Hirschkühe, die zu ihm zu kommen gewohnt waren, sieben Jahre lang.
    Als jenes böse Weib die Kinder weggebracht hatte von der Mutter, führte sie ihren Sohn zu der jungen Frau, zeigte ihm die Hündlein und sprach: »Siehe Sohn, die Kinder, die deine Frau dir geboren, es sind junge Hunde.« Das tat sie ihrem Sohn aus Rache an, weil er die junge Frau so liebhatte. Als er das sah, glaubte er seiner Mutter und warf einen Hass auf die junge Frau, die er vorher so liebgehabt, wollte auch kein Wort einer Entschuldigung hören, sondern er ließ sie auf dem Hofe vor dem Palas seiner Burg in die Erde eingraben bis an die Brust, und über ihr Haupt ließ er ein Waschbecken mit Wasser setzen und gebot allem seinen Gesinde, sich über ihrem Haupt zu waschen und ihre Hände an ihrem schönen Haar zu trocknen. Auch sollte sie keine andere Nahrung bekommen wie die Hunde.
    Und so musste das arme Weib stehen bleiben in der Grube in Nöten und Ängsten sieben ganze Jahre und durfte sich ihrer keine Seele erbarmen. Darüber verzehrte sich ihr schöner Leib, ihre Kleider vermoderten und es blieb nur die Haut über ihren Gebeinen.
    Indessen lernten die jungen Kinder im Walde Wild und Vögel schießen und sich von deren Fleisch nähren, und da geschah es, dass der Ritter, ihr Vater, wieder einmal jagen ging in dem Walde. Da ward er der Kinder gewahr, die in dem Holze spielend hin und her liefen, und hatten alle güldne Kettlein am Halse. Und sein Herz ward von Neigung zu den Kindern bewegt; hätte gern eins oder das andere ergriffen, aber sie ließen sich nicht fangen, sondern verschwanden im Walde. Daheim erzählte er seiner Mutter und anderen Herren und Freunden, dass er im Walde kleine Kinder gesehen mit Goldkettchen an den Hälsen. Darüber erschrak seine Mutter innerlich, nahm den Knecht vor und fragte ihn: »Hast du damals die Kinder getötet oder hast du sie leben lassen?« Da bekannte der Knecht, dass er sie nicht mit eigner Hand zu töten vermocht habe, doch habe er sie unter einen Baum gelegt, und da wären sie gewiss bald gestorben. Hierauf gebot sie dem Knecht, schleunigst in den Wald zu reiten, die Kinder zu suchen, die mitnichten gestorben seien, und ihnen die goldnen Ketten zu nehmen, sonst würden sie beide zuschanden werden. Der Knecht gehorchte voll Angst, suchte drei Tage die Kinder im Walde und fand sie nicht; erst am vierten Tage fand er sie, sie hatten die Kettchen abgelegt und waren nun in Schwäne verwandelt und spielten auf dem Wasser. Aber das Mädchen hatte noch seine menschliche Gestalt und sah den Schwänen zu, wie sie auf dem Wasser spielten. Da ging der Knecht heimlich hinzu und nahm die sechs goldnen Kettchen weg; aber das Mädchen entlief ihm, dass er es nicht erreichen konnte.
    Wie der Knecht der Alten die Ketten brachte, sandte sie zu einem Goldschmied und hieß ihn von denselben einen Becher machen. Als der Goldschmied nun von den Ketten einen Becher gießen wollte, befand er, dass das Gold also edel und rein war, dass es weder mit dem Hammer verarbeitet noch im Feuer fließend gemacht werden konnte, bis auf ein Kettchen, das zerschlug er und machte einen Ring davon; die andern wog er auf seiner Waage, legte sie beiseite und gab dafür an Gewicht so viel anderes Gold und machte einen Becher davon, den gab er der Frau und auch den Ring, die schloss beides fest in ihren Kasten.
    Jene Schwäne aber, die nun ihre menschliche Gestalt nicht wiedererlangen konnten, wurden betrübt und sangen mit süßer kläglicher Stimme wehmutvollen Gesang, der klang wie Weinen kleiner Kinder. Zuletzt erhoben sie sich auf ihrem Gefieder hoch empor, zu sehen, wo sie sich hinwenden möchten? Da gewahrten sie einen großen spiegelklaren See, auf dem ließen sie sich nieder. Der See aber umschloss einen hohen Berg, an dem hing ein großer Felsen und auf diesem lag eine schöne Burg. Der Felsen war also steil und das Wasser stand so dicht am Berge, dass außer einem ganz schmalen Steig keinerlei Zugang zur Burg war. Und das war gerade die Burg des jungen Ritters, welcher der Vater jener Kinder war, und die Fenster des Speisesaales der Burg standen nach dem Wasser gekehrt, sodass der Herr bald der Schwanen gewahr ward, und wunderte sich, denn er

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