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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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16. Februar
    Heute ist Sonntag, morgen President's Day, also Feiertag: Ein herrlich langes Wochenende voller Nichtstun liegt vor mir. Heute hat uns Pappi alle zum Brunch eingeladen; das war die Extrageburtstagsüberraschung, von der er geredet hat. Wir waren bei Rumpelmayer's. Dort ist innen alles pink, fast wie bei mir und Boob. Früher hat es mir dort besser gefallen; es ist einfach nicht mehr so gut dort. Boob steht total drauf, aber die ist ja noch ein Kind. Wir kriegten Eisbecher, Boob natürlich mit ihrer Schokosoße extra. Pappi wollte mir anschließend ein Kuscheltier kaufen, aber dafür bin ich jetzt einfach zu alt, wenn du mich fragst. Schließlich bin ich jetzt zwölf. Mama sagte: »Schnuckel, das ist überhaupt nicht alt«, aber das ist es wohl! Außerdem habe ich bereits mehr Kuscheltiere, als überhaupt auf meinem Bett Platz haben. Dann fing Boob zu plärren an, weil sie ein Kuscheltier wollte, aber Pappi sagte nein, schließlich sei nicht ihr Geburtstag, warum also sollte ausgerechnet sie eins kriegen? Dann hat er ihr doch eins gekauft, einen kleinen, braunen Hasen. Mama hat Pappi dann einen Trottel genannt.
    Boob ist neun Jahre alt und ein verdorbenes Stück, aber ich mag sie trotzdem. »Gib dem Häschen einen Kuß, Booz«, forderte sie, und als ich dann nicht wollte, hielt sie den Hasen die ganze Zeit über auf ihrem Schoß fest. Jetzt hat er ganz verknuffte Ohren. Außerdem wollte sie ihr ›Foeti‹-Spielset umschnallen, als wir zum Brunch gingen, aber Mama hat es nicht erlaubt. Tante Chrissie aus Kalifornien hat es ihr zu Hanukah geschickt. ›Foeti‹ ist ein Puppenbaby, das in einen Ranzen gehört, den sich Boob um den Bauch schnallen kann. Wenn sie dann auf einen Knopf drückt, strampelt das Baby und versetzt ihr kleine Tritte, so als wäre es echt. Mama und Pappi mögen das Ding nicht, aber Boob liebt es heiß und innig. Wenn es erlaubt wäre, dann würde sie das Ding mit in die Schule nehmen. Ist es aber nicht.
    Ich hasse Babies. Es sind schmutzige, übelriechende, wuselige Dinger. Ich möchte nie und nimmer welche. Je länger ich schreibe, desto mehr muß ich darüber nachdenken, was ich eigentlich schreiben möchte. Aber jetzt bin ich erst einmal müde. Morgen habe ich ja auch noch viel Zeit und werde bestimmt mehr schreiben können.
     

19. Februar
    Am Montag habe ich es einfach nicht geschafft, dir zu schreiben, weil ich zuviel Zeit damit vergeudet habe, darüber nachzudenken, was ich eigentlich schreiben soll. Ich stelle mir vor, ein Tagebuch mag in ein paar Jahren ganz interessant zu lesen sein, wenn man darin wiederfindet, was man früher so tat, woran man sich aber nicht mehr erinnern kann. Ein Tagebuch, das ich geschrieben hätte mit fünf oder sechs, das wäre jetzt ganz spannend zu lesen. Wahrscheinlich wäre mir alles furchtbar peinlich, aber lesen würde ich es trotzdem. Ich habe Mama gefragt, ob sie je Tagebuch geführt habe. Sie antwortete: »Ja, mein Schatz, hab ich, und leider habe ich damit wieder aufgehört.«
    »Warum hast du aufgehört?«
    »Ich war ein närrisches Mädchen damals.«
    »Wer hat das behauptet?«
    »Meine Mutter, Liebling, meine Mutter hat mich immer ein närrisches Mädchen genannt. Alle Mütter nennen ihre Töchter so.«
    »Mich hast du noch nie ›närrisch‹ genannt.«
    »Weil du auch kein närrisches Mädel bist, meine Süße.«
    »Jawohl. Und wenn ich niemals mit meinem Tagebuch aufhöre, so weiß ich immer, was passiert ist.«
    »Ja, Liebes, genau deswegen haben dir ich und dein Vater das Tagebuch auch gegeben: damit du dich an die schönen Seiten des Lebens erinnern kannst, wenn es gerade mal so aussieht, als gäbe es sie nicht.«
    Gerne hätte ich länger mit ihr geplaudert, aber sie saß wieder an ihren Verlagsgutachten und mußte arbeiten. Also habe ich sie in Ruhe gelassen. Pappi traf sich gerade downtown mit einem Filmregisseur. Mir war langweilig, also ging ich zu Boob ins Bad, die gerade in der Wanne lag. Eigentlich saß sie ja und versuchte, Wasser aus ihrem Baby herauszuquetschen.
    »Du ertränkst es«, sagte ich.
    »Nein, das tue ich nicht«, erwiderte sie und spritzte mich mit Wasser voll. »Werd bloß nicht naß, Booz«, hänselte sie mich. Ich putzte mir die Zähne. Boob begann, sich die Haare zu waschen, streckte dabei ihren Po aus dem Wasser, damit die Haare schön naß wurden, und ich bohrte ihr meinen Finger zwischen die Backen. Sie schoß aus dem Wasser, schlug sich den Kopf am Wannenrand an und heulte sofort los.
    »Sei doch

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