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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Leben wiedergeben, aber es kostet uns unsere beiden Söhnlein, die müssen wir opfern.« Die Königin ward bleich und erschrak im Herzen, doch sprach sie: »Wir sind’s ihm schuldig wegen seiner großen Treue.« Da freute er sich, dass sie dachte, wie er gedacht hatte, ging hin und schloss den Schrank auf, holte die Kinder und den treuen Johannes heraus und sprach: »Gott sei gelobt, er ist erlöst, und unsere Söhnlein haben wir auch wieder«, und erzählte ihr, wie sich alles zugetragen hatte. Da lebten sie zusammen in Glückseligkeit bis an ihr Ende.

König Drosselbart
    Ein König hatte eine Tochter, die war über alle Maßen schön, aber dabei so stolz und übermütig, dass ihr kein Freier gut genug war. Sie wies einen nach dem andern ab und trieb noch dazu Spott mit ihnen. Einmal ließ der König ein großes Fest anstellen und lud dazu aus der Nähe und Ferne die heiratslustigen Männer ein. Sie wurden alle in eine Reihe nach Rang und Stand geordnet; erst kamen die Könige, dann die Herzöge, die Fürsten, Grafen und Freiherrn, zuletzt die Edelleute. Nun ward die Königstochter durch die Reihen geführt, aber an jedem hatte sie etwas auszusetzen. Der eine war ihr zu dick, »Das Weinfass!« sprach sie. Der andere zu lang, »Lang und schwank hat keinen Gang.« Der Dritte zu kurz, »Kurz und dick hat kein Geschick.« Der Vierte zu blass, »Der bleiche Tod!« Der Fünfte zu rot, »Der Zinshahn!« Der Sechste war nicht gerad genug, »Grünes Holz, hinterm Ofen getrocknet!« Und so hatte sie an einem jeden etwas auszusetzen, besonders aber machte sie sich über einen guten König lustig, der ganz oben stand und dem das Kinn ein wenig krumm gewachsen war. »Ei«, rief sie und lachte, »der hat ein Kinn wie die Drossel einen Schnabel«, und seit der Zeit bekam er den Namen Drosselbart. Der alte König aber, als er sah, dass seine Tochter nichts tat als über die Leute spotten und alle Freier, die da versammelt waren, verschmähte, ward er zornig und schwur, sie sollte den ersten besten Bettler zum Manne nehmen, der vor seine Türe käme.
    Ein paar Tage darauf hub ein Spielmann an unter dem Fenster zu singen, um damit ein geringes Almosen zu verdienen. Als es der König hörte, sprach er: »Lasst ihn heraufkommen.« Da trat der Spielmann in seinen schmutzigen, verlumpten Kleidern herein, sang vor dem König und seiner Tochter und bat, als er fertig war, um eine milde Gabe. Der König sprach: »Dein Gesang hat mir so wohl gefallen, dass ich dir meine Tochter da zur Frau geben will.« Die Königstochter erschrak, aber der König sagte: »Ich habe den Eid getan, dich dem ersten besten Bettelmann zu geben, den will ich auch halten.« Es half keine Einrede, der Pfarrer ward geholt, und sie musste sich gleich mit dem Spielmann trauen lassen. Als das geschehen war, sprach der König: »Nun schickt sich’s nicht, dass du als ein Bettelweib noch länger in meinem Schloss bleibst, du kannst nur mit deinem Manne fortziehen.«
    Der Bettelmann führte sie an der Hand hinaus, und sie musste mit ihm zu Fuß fortgehen. Als sie in einen großen Wald kamen, da fragte sie:
    Â»Ach, wem gehört der schöne Wald?«
    Â»Der gehört dem König Drosselbart;
    hättst du’n genommen, so wär er dein.«
    Â»Ich arme Jungfer zart,
    ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!«
    Darauf kamen sie über eine Wiese; da fragte sie wieder:
    Â»Wem gehört die schöne grüne Wiese?«
    Â»Sie gehört dem König Drosselbart;
    hättst du’n genommen, so wär sie dein.«
    Â»Ich arme Jungfer zart,
    ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!«
    Dann kamen sie durch eine große Stadt; da fragte sie wieder:
    Â»Wem gehört diese schöne große Stadt?«
    Â»Sie gehört dem König Drosselbart;
    hättst du’n genommen, so wär sie dein.«
    Â»Ich arme Jungfer zart,
    ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!«
    Â»Es gefällt mir gar nicht«, sprach der Spielmann, »dass du dir immer einen andern zum Mann wünschest: Bin ich dir nicht gut genug?« Endlich kamen sie an ein ganz kleines Häuschen, da sprach sie:
    Â»Ach, Gott, was ist das Haus so klein!
    Wem mag das elende winzige Häuschen sein?«
    Der Spielmann antwortete: »Das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.« Sie

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