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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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der Motorhaube und sah Denton kompromißlos mit einem Fünfhundert-Pferdestärken-Blick an.
    „Gut.“ Denton hob die Schultern. „Alles, was du sagst. Ich kann jetzt sowieso nicht mehr zur Arbeit zurück.“ Er öffnete die Wagentür und stieg aus, sein Rücken entkrampfte sich schmerzhaft von der Einklammerung des Schalensitzes. Er sah durch die offene Tür. Armor blickte ihn immer noch an. „Ich werde hier warten“, sagte er mit einer gewissen Endgültigkeit.
     
    Das helle Licht schmerzte Dentons Augen, als er Harold, Bruder von Donald, in ein stallähnliches Aluminiumgebäude folgte, das mit S CHLACHTHAUS -G ENERATORANLAGE I beschriftet war.
    Im Inneren zerrissen die langen animalischen Seufzer der sterbenden Rinder das Zischen der Klimaanlage.
    Zwei lange Reihen von Boxen, in denen die kraftlos am Boden liegenden Stiere vollständig von der Blase des Generatorabschöpfers umschlossen wurden. Die Spitze jedes Abschöpfers fügte sich zu einem dicken, glasartigen Kabel, das sich mit denen der angrenzenden Boxen traf, ein Netzwerk aus silbernen Drähten formte einen hohen spinnwebenen Baldachin.
    „Diese Bullen hier, nun … äh, einige von ihnen sind alt gewordene Kühe … haben jeweils einen eig’nen Abschöpfer sowie ’nen Kompensator für je drei Tiere“, intonierte Harold stolz. „Und einige ha’m wir sechs bis acht Monate aufm richt’gen Niveau des Verfalls halten können, wissen Se. Das ist ganz schön schwierig. Viele sterben uns nämlich trotz allem schnell weg. Ein’ge gehen an Altersschwäche ein. Die meisten lassen wir zu Tode bluten.“
    „Sie lassen sie verbluten?“ Denton konnte sein Entsetzen nicht verbergen. Als er Dentons Reaktion sah, versteifte Harold sich abwehrend.
    „Verdammt richtig, das tun wir. Wie sonst soll’n wir se auf dem richt’gen Verfallsniveau halten und gleichzeitich dafür sorgen, daß se lange genug leben, um zu produzieren? Sicher, ich weiß was Se fragen werden. Jeder, der zum ersten Mal hierherkommt, tut das.
    Die Regierung hat die Tierschutzbestimmungen wegen der Energieknappheit außer Kraft gesetzt. Und selbstverständlich wird es ’n Teil Ihrer Arbeit sein, daß Se lernen müssen, wie Bluten und Fütterung einzustellen sind, damit Se mit’m richt’gen Tempo sterben. Ist etwas mehr Arbeit als im Krankenhaus wo se auf natürliche Weise sterben, aber es zahlt sich auch mehr aus. Alles was Se beachten müssen, is’ folgendes: Falls se Ihnen Ärger machen und zu gesund werden, müssen Se se entweder mehr zur Ader lassen oder weniger füttern. Manchmal vergiften wir se auch, wenn se hier ankommen, um se auf’n Weg zu bringen.“
    Denton stand an einer der Zellen und beobachtete einen voll ausgewachsenen Bullen mit fünfundzwanzig Zentimeter langen Hörnern, einem massiven, sich unregelmäßig hebenden und senkenden Brustkasten und Augen, die sich öffneten und schlossen, öffneten und schlossen.
    „Der da“, brummte Harold, „is noch keine Woche hier und noch nich’ dran gewöhnt. Die meisten von ihnen liegen nur so da und haben vergessen, daß sie überhaupt leben. Sehn Se, man kann noch die Spuren an der Box erkennen, wo er se getreten hat, und sein Huf blutet – das müssen wir in Ordnung bringen, denn wir wollen nich’, daß er sich infiziert. Stirbt dann zu früh. Wie Se sehen, macht er sich gut, sein Fell wird nämlich rauh, und zu Anfang …“
    Das gefangene Geschöpf sah Denton mit trüben Augen furchtlos an. Es lag auf der Seite, der Kopf hing aus der Öffnung der Box heraus. Drei dicke Kunststoffschläuche waren mit unbeweglichen Stahlbändern an seinem herunterhängenden Nacken befestigt. Der Stier schien an der Grenze zwischen instinktiver Rebellion und Kapitulation zu sein. In kurzen Abständen ging ein Zucken durch seinen Körper, und er hob den Kopf, als wollte er sich daran erinnern, wie es gewesen war zu stehen.
     
    Aus der New-York-Times- Besprechung von Ronald Dentons einzigem Theaterstück All Men Are Created Sequels :
    „… wie alles aus dem absurden Theater war Dentons Stück ein eher schlaffer Leichnam, wenngleich ein charmanter. Das endlose Abspulen unnachgiebiger Unkonventionalität und Ausgefallenheit war möglicherweise sogar beabsichtigt, und damit fing das Schauspiel an – wie alle Kadaver –, bereits vor dem zweiten Akt heftig zu verwesen.
    Was allerdings vielleicht auch geplant war. Am Ende des zweiten Akts war die Bühne ein bildnisreicher Herd fauligen Fleisches, in dem sich eklig-parasitäre Banalitäten

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