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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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kleine Sammlung großer Kupferstiche mit meinem Tuschpinsel vornehmen zu wollen. Er besaß in derselben etwa sechs schöne Blätter nach Claude Lorrain, von Haldenwang und anderen gestochen, zwei große Felsenlandschaften mit Banditen nach Salvator Rosa und einige hübsche Stiche nach Ruisdael und Waterloo. Diese Sachen kopierte ich der Reihe nach in meiner geläufigen frechen Manier. Die Claudes und Rosas gerieten nicht so übel, da sie, abgesehen davon, daß sie selbst etwas konventionell gestochen waren, auch sonst mehr in symbolischen und breiten Formen sich darstellten; die feinen und natürlichen Niederländer hingegen zerarbeitete ich auf eine greuliche Weise, und niemand sah diese Lasterhaftigkeit ein.
    Doch legte sich durch diese Arbeit in mir ein Grund edlerer Anschauung, und die schönen und durchdachten Formen, die ich vor mir hatte, hielten dem übrigen Treiben ein wohltätiges Gegengewicht und ließen die Ahnung des Bessern nie ganz in mir verlöschen. Auf der anderen Seite aber heftete sich an diese gute Seite sogleich wieder ein Nachteil, indem sich die alte voreilige Erfindungslust regte und ich, durch die einfache Größe der klassischen Gegenstände verführt, zu Hause anfing, selber dergleichen heroische Landschaftsbilder zu entwerfen, und diese Tätigkeit bald in der eigentlichen Arbeitszeit bei dem Meister fortsetzte, meine Entwürfe in anspruchsvollem Format mit der eingelernten Pinselvirtuosität ausführend. Herr Habersaat hinderte mich in diesem Tun nicht, sondern sah es vielmehr gern, da es ihn der weiteren Sorge um zweckdienliche Vorbilder enthob; er begleitete die ungeheuerlichen und unreifen Gedanken, welche ich zutage brachte, mit ansehnlichen Redensarten von Komposition, historischer Landschaft und dergleichen, und das alles brachte ein gelehrtes Element in seine Werkstatt, daß ich bald für einen Teufelsburschen galt und auch die lustigen Aussichten der Zukunft, Reise nach Italien, Rom, große Ölbilder und Kartons, was man mir alles vormalte, geschmeichelt hinnahm. Doch überhob ich mich nicht in diesen Dingen, sondern lebte in Eintracht und Schelmerei mit meinen jungen Genossen und war oft froh, das ewige Sitzen unterbrechen zu können, indem ich ihnen, die zugleich der Hausfrau untertänig waren, einen Haufen Brennholz unter Dach bringen oder ihre sämtlichen Betten auf dasselbe breiten und ausklopfen half. Überhaupt drängte sich die Frau, eine zungenfertige und streitbare Dame, mit Hauswesen und Familiengeschichten, Kind und Magd, häufig in das Refektorium und machte es zum Schauplatze heißentbrannter Kämpfe, in welche nicht selten die ganze Mannschaft verwickelt wurde. Dann stand der Mann an der Spitze einer ihm ergebenen Gruppe der Frau gegenüber, welche mit mächtigem Geräusche vor ihrem Anhange sich aufstellte und nicht eher abzog, als bis sie alles niedergesprochen hatte, was sich ihr entgegensetzte; manchmal befand sich auch das Ehepaar zusammen gegen das ganze übrige Haus im Streite, oft auch, begann der Kupferstecher oder der Lithograph eine drohende Bewegung als Vasall, indessen die gemeinen Sklavenempörungen der Koloristen mit Macht niedergeschlagen wurden. Ich selbst kam mehr als einmal in gefährliche Lage, indem mich die heftigen Szenen belustigten und ich dies zu unvorsichtig kundgab und zum Beispiel einst eine solche theatralisch nachbildete und in dem halbverfallenen Kreuzgange des Hauses mit den jungen Malern zur Aufführung brachte. Denn obgleich ich um diese Zeit empfänglich und geneigt gewesen wäre, ein feines und reinstrebendes Leben zu führen, da während der schönen Tage auf dem Lande ein starkes Ahnen in mir erwacht war, so sah ich mich doch, von aller männlichen Stutze und Leitung entblößt, an das derbe Treiben des Refektoriums gewiesen und machte allen Unfug getreulich und lebhaft mit, weil ich des Umganges und der Mitteilung bedurfte und am wenigsten mich auf weise Zurückhaltung und halbe Teilnahme verstand. Und es war wohl auch am besten so; indessen der innere edlere Teil des Menschen unentwickelt blieb, übte sich wenigstens der äußere tüchtig in der Reibung mit anderen, in Verteidigung und Angriff, und streifte viel Unbebolfenbeit und weichliches Wesen ab; zugleich lernte ich meine Nebenmenschen und dadurch mich selbst besser kennen und bereicherte meine Erfahrung sowie meine Einbildungskraft.
    Nur das gänzliche Stillestehen und die absolute Bewegungslosigkeit sind das eigentliche Schlimme und gleichen dem Tode.
    Daß aber das

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