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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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er nur erst aus diesem Fegefeuer des Meisters Habersaat entronnen, noch ein großer Künstler zu werden. In dieser Cruppe erbte sich durch alle Generationen, welche schon im Dienste des Meisters durch das Refektorium geschwunden, die große Künstlertradition von Samtrock und Barett fort; aber nur selten erreichte einer dies Ziel, indem immer der Flug vorher ermüdete und die Mehrzahl der Getäuschten nach ihrem Austritte noch ein gutes Handwerk erlernte. Es waren immer Söhne blutarmer Leute, welche, in der Wahl eines Unterkommens verlegen, von dem rührigen Manne in sein Refektorium gelockt wurden unter der Aussicht, eine Art Maler und Herren zu werden, die ihr Auskommen finden und immer noch etwas über dem Schneider und Schuster stehen würden. Da sie gewöhnlich keine Gelder beibringen konnten, so mußten sie sich verbindlich machen, den Unterricht in der »Malerkunst« abzuverdienen und vier Jahre für den Meister zu arbeiten. Er richtete sie dann vom ersten Tage an zum Färben seiner Landschaften ab und brachte sie, ungeachtet ihrer gänzlichen Unberufenheit, durch Strenge so weit, daß sie ihre Arbeit bald reinlich und klar und nach den überlieferten Gebräuchen verrichteten.
    Nebenbei durften sie, wenn sie wollten, an Feiertagen ein verkommenes oder zweckloses Blatt nachzeichnen zur weiteren Ausbildung, und sie wählten meistens solche Gegenstände, welche nichts zu lernen darboten, aber für den Augenblick am meisten Effekt machten und die ihnen der Meister korrigierte, wenn er nicht allzu beschäftigt war. Er sah es aber nicht einmal gern, wenn sie diesen Privatfleiß zu weit trieben; denn er hatte schon einigemal erfahren, daß solche, welche Geschmack daran fanden und eine künstlerische Ader in sich entdeckten, beim Kolorieren seiner Prospekte unreinlich und verwirrt geworden. Sie mußten streng und anhaltend arbeiten und steckten um so mehr voll Possen und Schwänke, die sich in jedem freien Augenblicke Luft machten, und erst gegen das vierte Jahr hin, wenn die schönste Zeit zur Erlernung von etwas Besserm verflossen war, wurden sie gebeugt und gedrückt, von den Eltern mit Vorwürfen geplagt, daß sie immer noch von ihrem Brote äßen, und dachten ernstlich darauf, während sie noch pinselten, bei guter Zeit noch etwas Einträglicheres zu ergreifen, und auch solche, die wirklich aus einem innern Antriebe gekommen waren und außergewöhnliches Geschick bezeigten, fielen ohne weiteres ab, da sie in ihrer ganzen Erfahrung zufällig nie gehört, daß man nur durch Entbehren, Dulden und Ausharren ans Ziel gelange, und dagegen einzig wußten, daß man so bald als möglich Geld verdienen müsse. Die Jugendjahre von wohl dreißigen solcher Knaben und Jünglinge hatte Habersaat schon in blauen Sonntagshimmeln und grasgrünen Bäumen auf sein Papier gehaucht, und der hüstelnde Kupferstecher war sein infernalischer Helfershelfer, indem er mit seinem Scheidewasser die schwarze Unterlage dazu ätzte, wobei die melancholischen Drucker, an das knarrende Rad gefesselt, füglich eine Art gedrückter Unterteufel vorstellten, nimmermüde Dämonen, die unter der Walze ihrer Pressen die zu bemalenden Blätter unerschöpflich, endlos hervorzogen. So begriff er vollständig das Wesen heutiger Industrie, deren Erzeugnisse um so wertvoller und begehrenswerter zu sein scheinen für die Käufer, je mehr schlau entwendetes Kinderleben darin aufgegangen ist. Es saßen im Refektorium zehnjährige Äffchen in Höschen und Jäckchen, die ihnen zu kurz waren, und ließen ihre Finger ruhlos tanzen, in strengster Reinlichkeit die leichteren Anlagen bereitend; die Unglücklichen waren in dies Paradies geraten, weil sie zu Hause allzu emsig die Titelblätter und Vignetten ihrer Testamente illuminiert und so ihre Eltern irre und die Aufmerksamkeit des Herrn Habersaat auf sich geleitet hatten. Er machte auch ganz ordentliche Geschäfte und galt daher für einen Mann, bei dem sich was lernen ließe, wenn man nur wolle.
    Von irgendeiner Seite her war meiner Mutter angeraten worden, sich mit ihm zu besprechen und sein Geschäft einmal anzusehen, da es wenigstens für den Anfang eine Zuflucht zu weiterm Vorschreiten böte, zumal wenn man mit ihm übereinkäme, daß er mich nicht zu seinem Nutzen verwende, sondern gegen genügende Entschädigung nach seinem besten Wissen unterrichte. Er zeigte sich gern bereit und erfreut, einen jungen Menschen einmal als eigentlichen Künstler heranzubilden, und belobte meine Mutter höchlich für ihren

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